Tabuthema unerfüllter Kinderwunsch bringt Leidensdruck – auch für Männer

Amberg
16.03.2023 - 10:55 Uhr
OnetzPlus

Wenn sich Frauen ein Baby wünschen und über lange Zeit nicht schwanger werden, sorgt das für Leidensdruck. Auch für Männer kann das eine psychische Ausnahmesituation sein. In Amberg bietet Donum Vitae seit 2021 eine Gruppe für Männer an.

Von einem unerfüllten Kinderwunsch ist in Deutschland statistisch jedes sechste Paar betroffen – und es ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen. Das Thema bringt für Frauen wie für Männer starken Leidensdruck mit sich sowie große psychische Belastung. Die Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen von Donum Vitae in Amberg bietet deshalb seit 13 Jahren für Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch eine anonyme, professionelle Beratung an.

Im Herbst 2021 schuf Donum Vitae unter der Leitung von German Grützner auch eine Gruppe für Männer. „Ein Angebot, das bestens angenommen wird“, sagt der Sozialpädagoge. Patrick Kestler, Tobias Luber und Daniel Gerber sind drei Teilnehmer, die in der Gruppe für Männergruppe große Unterstützung erfahren. Ganz bewusst wollen sie nun das Tabuthema in die Öffentlichkeit bringen. Die drei Männer sprechen offen über ihren unerfüllten Kinderwunsch und über die Hilfe, die sie erfahren. „Die Hemmschwelle für Männer, sich mit ihrer ungewollten Kinderlosigkeit fremden Menschen und vor allem fremden Frauen zu öffnen, ist enorm“, sagen sie.

Austausch in der Gruppe

In der Männergruppe treffen sie auf Gleichgesinnte, mit denen sie sich außerhalb der eigenen Partnerschaft oder Ehe und dem engen sozialen Umfeld über die ungewollte Kinderlosigkeit austauschen können. Sie finden dabei Trost, Verständnis für die eigene Situation, Einfühlungsvermögen bei den Gesprächsrunden und Offenheit unter den Teilnehmern in einem vertrauensvollen Umfeld. Sie können ungehemmt über ihre Gefühle in der Männerrunde reden, „was erst einmal erleichtere“, sagen sie. Beruhigend sei für sie auch das Bewusstsein, mit ihrem Schicksal nicht alleine zu sein.

„In der Männergruppe kann man seine Gefühle und Erlebnisse im Hinblick auf den unerfüllten Kinderwunsch aufarbeiten. Hier lerne ich auch Dankbarkeit für meine Situation aus der Erkenntnis heraus, dass es schlimmer sein kann“, sagt Daniel Gerber im Gespräch mit der OWZ. In Bezug auf die Beziehung würden die Treffen der Männergruppe einen Freiraum gewähren. „Die Treffen in der Männergruppe sind ein guter Ausgleich zwischen dem normalen Familienalltag“, sagt er. „Gespräche zu Hause sind nicht mehr eingleisig, weil man jetzt auch andere Vergleichsgeschichten kennt, es brennt nicht mehr so viel auf der Seele.“

Gruppe ein hilfreicher Rahmen

Er machte die Erfahrung, dass die Gruppe einen hilfreichen Rahmen biete, die schwierige und belastende Situation als Mann zu verarbeiten, wenn man die eigene Offenheit zulasse. Niemand werde aber in der Gruppe „gezwungen“, etwas zu sagen. Jeder könne selbst entscheiden, wie viel er von seiner persönlichen Situation erzählen wolle.

Auch Tobias Luber, bei dem es inzwischen mit dem Kinderwunsch geklappt hat, berichtet, dass seine Erwartungen an die Gruppe bestens erfüllt worden seien. Er habe hier Verständnis und Offenheit, Trost und Sicherheit gefunden. „Man kann einfach bei den Treffen sein Herz ausschütten. Dies wirkt sich auch auf die Partnerschaft seht positiv aus“, sagt Luber.

Mut machen

Auch Patrick Kestler will mit dem Gang an die Öffentlichkeit anderen betroffenen Männern Mut machen: „Ich würde mich sehr freuen, wenn mein offenes, mutiges Bekenntnis anderen Männern hilft, über dieses Thema zu sprechen.“ Falls die Not für die betroffenen Männer zur großen Belastung werde, solle man nicht davor zurückzuschrecken, sich professionelle Hilfe und Unterstützung zu holen. „Ein offener Umgang in der Gesellschaft mit diesem für viele Paare relevanten Thema ist enorm wichtig“, da sind sich alle drei Männer einig.

Die Hemmschwelle und die Unsicherheiten für eine Teilnahme seien in der Regel hoch, sagt Gruppenleiter German Grützner. Er bietet inzwischen aufgrund seiner bisherigen Erfahrung vorab auch einen unverbindlichen telefonischen oder persönlichen Informationsaustausch an. Danach könnten sich die Betroffenen entscheiden, ob sie zur Gruppe kommen wollten. Eine „Schnupperstunde“ erleichtere zusätzlich Interessenten die Entscheidung, ob die Gruppe für sie das richtige Angebot sei. Auf diesem Weg hätten auch Daniel Gerber, Tobias Luber und Patrick Kestler einen Weg in die Männergruppe gefunden.

Hintergrund:

Die Männergruppe bei Donum Vitae Amberg

  • Das Gruppenangebot ist kostenlos und vertraulich. Es besteht Schweigepflicht.
  • Die abendlichen Treffen finden in den Räumen von Donum Vitae in der Schweigerstraße 4 in Amberg statt.
  • Es gibt feste Termine im Abstand von vier bis sechs Wochen. Die Treffen dauern rund zweieinhalb Stunden.
  • Anmeldung und weitere Informationen bei Donum Vitae (E-Mail s.bogner[at]donum-vitae-bayern[dot]de, Telefon 09621/973966).
 
 

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