Urinwände und Stinkezimmer: Amberger Rathaustoilette ein Sanierungsfall

Amberg
17.09.2023 - 13:38 Uhr
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An sich ging es am Mittwoch im Bauausschuss um die laufende Brandschutzsanierung des Amberger Rathauses. Aber was hat das mit dem Stinkekeller, mit müffelnden Akten und mit Urin vollgesogenen Wänden im Rathausklo zu tun?

Auf den ersten Blick macht die Amberger Rathaustoilette einen ganz ordentlichen Eindruck. Aber man riecht es: Hier stimmt etwas nicht.

"Ich mache so etwas schon lange. Aber das habe ich noch nicht gesehen", sagt Georg Zunner. Seines Zeichens Architekt und derzeit unter anderem damit beauftragt, die Brandschutzsanierung des Amberger Rathauses zu organisieren. Was Zunner am Mittwoch im Bauausschuss meinte, hatte allerdings mit dieser Aufgabe ursprünglich eher am Rande zu tun. Aber im Zuge der brandschutztechnischen Ertüchtigung des historischen Gebäudes wird nämlich unter anderem auch die öffentliche Toilette im Rathaus (Eingang Herrnstraße) gemacht. Und hier herrschen anscheinend schlimme Zustände wie Zunner und Andreas Bögerl vom städtischen Hochbauamt in buntesten Farben schilderten.

Offensichtlich und -riechbar ist irgendwas undicht dort. Die Wände haben sich mit Urin vollgesogen, von dort tropft es in den Lüftungskeller darunter. "Stinkekeller" nennen die Beschäftigten im Rathaus diesen und gehen nur dort hinunter, wenn es unbedingt notwendig ist. Aber weil dort auch Akten lagern, muss das ab und zu sein, wie Bögerl sagte. "Die Ordner und Unterlagen, welche im Keller des Rathauses eingelagert wurden, haben bereits den intensiv riechenden Uringeruch angenommen", heißt es dazu wörtlich in den Ausschussunterlagen. "Die werden dann erst einmal ein paar Stunden irgendwo ausgelüftet, bevor sie aufgemacht werden", so Bögerl. Unhaltbare Zustände also, die im Zuge der laufenden Sanierung beseitigt werden sollen und müssen. Georg Zunner legte dem Bauausschuss am Mittwoch einen Plan vor, wie das vonstatten gehen soll und wie es einmal aussehen wird. Wobei betont wurde, dass die dortigen Leitungen im Zuge der Brandschutzsanierung ohnehin angepackt werden müssen.

Arbeiten laufen seit zwei Jahren

Denn eigentlich geht es um den Brandschutz für das Rathaus. "Seit zwei Jahren arbeiten wir da schon", schilderte Hubert Meier, der Leiter des städtischen Hochbauamts, den aktuellen Stand. Auslöser und Ursache für diese Maßnahme, die allein dafür mehr als vier Millionen Euro verschlingen wird, war der verheerende Brand des historischen Rathauses von Straubing, der das Gebäude fast vollständig vernichtet hat. Das soll mit dem zum Teil aus dem 14. Jahrhundert stammenden Amberger Rathaus nicht passieren. Daher wurde ein völlig neues Brandschutzkonzept erstellt, das den verschachtelten Gebäudekomplex in einzelne Brandschutzabschnitte einteilt. Das soll das schnelle Übergreifen des Feuers auf das gesamte Rathaus verhindern, wenn denn mal der Ernstfall eintreffen sollte.

Um das zu erreichen müssen unter anderem Brandschutztüren ertüchtigt oder neu eingebaut werden. Es müssen Durchbrüche verschlossen werden, die ein Übergreifen des Feuers von einem Raum zum nächsten ermöglichen können. Dazu gehören die zahlreichen Kabelschächte, die bei der Generalsanierung vor 40 Jahren nach den damaligen Standards verlegt worden sind – die aber heutigen Ansprüchen bei weitem nicht mehr genügen. Fluchtwege wurden und werden neu angelegt, mit dem Ziel, selbst bei einem Brand des zentralen Treppenhauses dieses umgehen zu können. 30 Minuten mindestens müssen die Wände und Türen den Flammen standhalten können. Ein höherer Standard ist bei dem alten Gemäuer, an dem vieles aus Holz ist, ohnehin nicht machbar. Bis dahin muss die Feuerwehr da sein und die Brandbekämpfung professionell übernehmen.

Mülltonnen unter Holzdecke

Manchmal sind es auch ganz einfache Dinge, die den Sanierern die Haare zu Berge stehen lassen. So sind im historischen Renaissance-Innenhof des Rathauses seit Jahr und Tag die großen Mülltonnen untergebracht, in die Abfall und Wertstoffe entsorgt werden. Zum Teil stehen diese Tonnen aber nur drei Meter unter einer alten Holzdecke. "Brennt die Tonne, brennt es drei Meter darüber auch", schilderte das Andreas Bögerl ganz nüchtern. Dieses Problem kann relativ einfach beseitigt werden, indem ein ohnehin nicht genutzter Abstellraum zum Müllraum umgebaut wird. Andere Dinge erfordern einen größeren und intensiveren Einsatz technischer und finanzieller Mittel, wie Bögerl und Zunner deutlich machten. So weist zum Beispiel die aktuelle Blitzschutzanlage zum Teil erhebliche Mängel auf. Sie muss erneuert und von Blitzschutzklasse 4 auf 3 verbessert werden.

Nicht vor Berührung geschützte Verkabelungen in Verteilerkästen – in den 1980er durchaus normal, veraltete Elektroinstallationen und freilich auch der jahrzehntelange Alltag haben zum Teil einschneidende Maßnahmen notwendig gemacht, die jeder hautnah erleben kann, der das Amberger Rathaus betritt. Offene Deckenverkleidungen, gesperrte Gänge, lautes Hämmern und Bohren zeugen davon, dass den Problemen engagiert zu Leibe gerückt wird. Und weil man schon dabei ist, nutzt man die Bauarbeiten, um zu erneuern. Beispielsweise die Datenleitungen und -anschlüsse, für die es keine Ersatzteile mehr gibt. Die Säle und Büros werden umgerüstet auf LED-Beleuchtung, die Steuerung der Heizung modernisiert und die unpraktische Rollstuhlrampe am Zugang zum kleinen Rathaussaal, dem Heiratssaal der Stadt Amberg, verbessert.

Rund 6,5 Millionen Euro

Für die ein oder andere Maßnahme wird es Fördergelder geben, andere wird die Stadt alleine finanziell stemmen müssen. Immerhin stehen am Ende rund 6,58 Millionen auf dem Kostenplan. Wobei die Umsetzung des Brandschutzkonzepts allein mit 4,3 Millionen Euro den größten Posten ausmacht. Rund 800.000 Euro wird es kosten, die internen WC-Anlagen auf Vordermann zu bringen, für "öffentliche WCs" sind 735.000 Euro veranschlagt. Der Bauausschuss hatte am Ende des umfassenden Vortrags am Mittwoch keine Fragen mehr, die noch offen waren. Einstimmig votierte er dafür, über die bereits genehmigten Arbeiten hinaus die notwendigen Maßnahmen anzupacken. Das letzte Wort hat aber wie fast immer der Stadtrat am 25. September.

Hintergrund:

Das wird im Amberger Rathaus gebaut

  • Umsetzung Brandschutzkonzept (4,3 Millionen Euro)
  • WC-Anlagen intern (800.000 Euro)
  • Öffentliche WC (735.000 Euro)
  • Umrüstung auf LED (190.000 Euro)
  • Heizungssteuerung (190.000 Euro)
  • EDV-Netzwerkinstallation (315.000 Euro)
  • Flankierende Kleinmaßnahmen (aktuell ca. 55.000 Euro)
 
 

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