Amberg
02.11.2023 - 16:47 Uhr

Violinistin Mirijam Contzen zu Gast in Amberg

Offenheit und der Mut, Neues auszuprobieren, zeichnen die international gefragte Violinistin Mirijam Contzen aus. Vor ihrem Gastspiel in Amberg erzählt sie mehr zu Béla Bartóks spannendem Werk und ihrem Engagement für Unbekanntes.

Violinistin Mirijam Contzen Bild: Josep Molina/exb
Violinistin Mirijam Contzen

Den meisten Geigerinnen und Geigern begegnet das Zweite Violinkonzert des Ungarn Béla Bartók wohl eher später in der Ausbildung. Nicht so bei Mirijam Contzen: Als Meisterschülerin des großen ungarischen Interpreten Tibor Varga, der den Komponisten aus der Zeit an der Franz-Liszt-Akademie Budapest persönlich kannte, sei sie gewissermaßen groß geworden mit dem Werk, erzählt die Violinistin im Telefoninterview mit Oberpfalz-Medien.

Und obwohl der Erfahrungsschatz des Lehrers, der das Konzert auch selbst in einer „wunderbaren Aufnahme“ eingespielt habe, überaus wertvoll war für die gemeinsame Arbeit am Stück, habe sie zu diesem frühen Zeitpunkt der Karriere das Gefühl für den Bruch im Werk nicht wahrgenommen. Das ist heute selbstredend anders: „Es gibt starke Kontraste zwischen den Themen, Ruppiges wechselt sich ab mit feinen Kantilenen. Das ist reizvoll, auch weil es eine andere Art zu spielen ist“, so die Musikerin.

Sich auf die herausfordernderen Klänge einzulassen, lohnt sich aber auch für das Publikum, weiß die Solistin: „Bei Bartók kann man sich immer darauf verlassen, dass Versöhnliches kommt“. Darüber hinaus ergebe sich im Gesamteindruck eine tolle Ausgewogenheit: „Das wird einen sehr packen“, verspricht sie.

Mirijam Contzen weiß um die Effekte, wenn man sich davon löst, nur Wohlklänge als schön zu empfinden. Konzertgängerinnen und -gänger konfrontiert sie gerne mit bis dato völlig unbekanntem Repertoire: „Es gibt so unendlich viel, was wir nicht kennen und was im Musikleben nicht stattfindet. Man muss mutig sein und zusammen mit dem Publikum ausprobieren." Sie vergleicht die Musikgeschichte mit einem großen Bild, das immer nur an einigen Stellen von einem Spot beleuchtet wird - obwohl es doch viel schöner wäre, mehr zu entdecken.

Werke aus dem Schatten ins Licht der Programme zu stellen, sieht Mirijam Contzen vorrangig als Aufgabe der Interpreten, idealerweise gepaart mit entsprechender Kommunikation. Bei den eigenen Wagnissen sind der Violinistin vor allem die Konzerte in Erinnerung, bei denen sie vorab selber Bedenken hegte, die für alle Beteiligten eine Herausforderung waren – und am Ende begeisterte Resonanz fanden: „Das Publikum spricht dann ganz offen darüber und das schätze ich sehr."

Ihr umfassendes Interesse für neue Musik und wenig gespieltes Repertoire, das sie selbst von ihrem in dieser Richtung stark engagierten Lehrer übernommen hat, gibt Mirjiam Contzen mittlerweile selbst an Studentinnen und Studenten weiter. Ein breites Spektrum zu vermitteln, ist ihr ein Anliegen, die Unterstützung des Nachwuchses auf der Suche nach dem eigenen, gerne auch anderen Weg ein anderes: „Sie sollen sich ein eigenes Profil schaffen."

Dass sich die Zeiten sehr verändert haben in den letzten Jahren, ist der Violinistin bewusst. Heute sei sehr früh alles sehr professionell, die Medienaufmerksamkeit führe dazu, dass alles aufgenommen werde und jederzeit abrufbar sei. Aber auch wenn die jungen Musikerinnen und Musiker mit dieser Situation aufwachsen, ist es Mirijam Contzen doch wichtig, Ruhe zu vermitteln: „Sich lieber mehr Zeit nehmen, eine gute technische Basis schaffen, sich nicht mit Repertoire überfordern und weniger auf die Außenwirkung achten, sondern Grundlagen legen." Die Arbeit der musikpädagogischen Kolleginnen und Kollegen betrachtet sie im Übrigen als „unendlich kostbaren Schatz, weil sie in die Breitenbildung gehen“.

Die Umwälzungen in Folge der Pandemie sieht die Künstlerin keineswegs durch die Pessimisten-Brille: „Es sind so viele Menschen mit Enthusiasmus unterwegs“. Man solle die nächste Generation machen lassen und neue Formate mit großer Offenheit akzeptieren. Im Stadttheater steht nun aber erst einmal ein Konzert in bewährter Manier an. Für Mirijam Contzen eine weitere, neue Erfahrung. Sie hat zwar eine Zeit lang in Bamberg gelebt, ist also insoweit mit dem Süden der Republik vertraut, kann sich aber an keinen Auftritt in Amberg erinnern. Die sie begleitende Württembergische Philharmonie Reutlingen dagegen hat zum Stichwort „einen wunderbaren Abend mit einem tollen Publikum in einem sehr schönen Saal“ im Kopf. Damals gaben die Bläser des Ensembles zusammen mit Cellistin Raphaela Gromes das umjubelte Cellokonzert von Friedrich Gulda.

HINTERGRUND:

Zu Person und Konzert

  • Mirijam Contzen, Violinistin, geboren 1976, studierte an der Musikhochschule Detmold bei Tibor Varga, vielfach ausgezeichnet u.a. mit OPUS-Klassik 2020, 2016 als Professorin für Violine an die Universität der Künste Berlin berufen, gerne gesehene Solistin bei international führenden Orchestern, Kammermusikpartnerin renommierter Kollegen wie Joshua Bell, Herbert Schuch, Mischa Maisky und Festivalleiterin.
  • Orchesterkonzert mit Mirijam Contzen und der Württembergischen Philharmonie Reutlingen am Sonntag, 12. November, um 19.30 Uhr im Stadttheater Amberg, Werke von Béla Bartók und Johannes Brahms, Tickets bei der Tourist-Information Amberg unter Tel. 09621/101233
 
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