Amberg
27.09.2024 - 15:15 Uhr

"Was wäre die Welt ohne die Keule?" : Tina Teubner, Stephan Picard und Ben Süverkrüp gehen der Frage im Stadttheater Amberg nach

Gewalttätiger Muskelprotz trifft auf konservativen Geschichtsprofessor: Das Musikgedankentheater „Herkules“ spinnt die Geschichte weiter und ummantelt sie mit dem Schönsten der klassischen Musik. Zu erleben im Stadttheater Amberg.

Kabarettistin Tina Teubner Macht wieder Station in Amberg, diesmal mit dem Musikgedankentheater "Herkules". Bild: Lars Laion/exb
Kabarettistin Tina Teubner Macht wieder Station in Amberg, diesmal mit dem Musikgedankentheater "Herkules".

Herkules, Superheld der Antike, von Brutalität und Sehnsucht gleichermaßen getrieben, wünscht sich vor allem eines: dazu zu gehören, erläutert Kabarettistin und Musikerin Tina Teubner den Ansatz des Musikgedankentheaters, das sie zusammen mit Stephan Picard und Ben Süverkrüp am Mittwoch, 2. Oktober, im Stadttheater Amberg präsentiert.

Weil Göttersohn Herkules seine Anliegen ausschließlich mit brachialer Gewalt regelt, lädt er unfassbare Schuld auf sich, wird zum Amokläufer, versucht, seine Schuld zu tilgen, scheitert immer wieder, beginnt von vorne, scheitert erneut – und kommt gerade darin den Menschen nahe, schreibt Teubner weiter: „Mir fallen nicht viele Geschichten ein, die den Zustand und die Ambivalenz unserer Welt so in sich vereinen.“

Von der Kraft des Humors und der Wirkung von Brüchen

Als vordergründigen Gegenpart stellt Autor und "Musikgedankentheater"-Schöpfer Ben Süverkrüp der Figur der Antike den Geschichtsprofessor Martin Richter gegenüber, den introvertierten, intellektuellen, erfolgreichen Sohn eines sadistischen Altphilologen. Im Laufe des Abends nähern sich beide an und entdecken Verbindendes: „Beide entsprechen den Erwartungen der anderen, lösen ihre Probleme über Erfolg und habe doch die Sehnsucht, Mensch zu sein und als solcher wahrgenommen zu werden – jenseits der Leistungen, die sie erbringen“, fasst Teubner zusammen.

Das Wissen um die Wirkung innovativer Konzepte, die Kraft des Humors, die Wirkung von Brüchen, Unerwartetem und um den „wundervollen, sehr engen Kontakt zum Publikum“ ließ den Wunsch entstehen, ein solch neues Kunstformat zu entwickeln: eine Geschichte, eng verwoben mit allerschönster Musik und Hörspielelementen“, beantwortet die fernsehbekannte Kabarettistin Frage nach der Inspiration zum Musikgedankentheater.

Purcell, Bach, Schubert und Brahms

Mit Ben Süverkrüp teilt sie im Übrigen schon seit über 20 Jahren alle Kabarettbühnen des deutschen Sprachraums. Bei Stephan Picard, Professor an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" in Berlin, studierte sie Geige. Von Süverkrüps einzigartigem Projekt war dieser auf Anhieb angetan: „Inzwischen arbeiten wir seit fast zwei Jahrzehnten zusammen. Und wir sind natürlich überglücklich, einen so renommierten Geiger gewonnen zu haben“, so Teubner.

Seine Virtuosität wird er in „Herkules“ mit der großen Violinsonate von César Franck, dem Hauptwerk des Stückes, unter Beweis stellen. Der musikalische Bogen reicht darüber hinaus von Purcell und Bach über Schubert, Brahms und Sarasate bis zu Anton Webern. Eben alles, was die nicht gelebte Sehnsucht der Protagonisten transportiert: „Wir haben uns zusammengesetzt und uns überlegt, welche Musik uns wirklich ins Herz trifft, welcher Musik wir uns nicht entziehen können, weil sie so überirdisch schön ist“, erzählt Teubner.

Dass sie selbst lieber beim Wort als bei der Geige bleibt, erklärt Tina Teubner so: „Ich habe mir die Finger wund geübt, aber das führt nicht zwangsläufig dazu, dass man mit dem internationalen Niveau mithalten kann. Da hat Stephan Picard als Gewinner zahlreicher Wettbewerbe mehr Glück gehabt. Ich gönne es ihm von Herzen.“

Die Frage nach der Ursache von Gewalt

Mit ihrem Stück wollen die drei Künstler nicht nur unterhalten, sondern auch hoch aktuelle Fragen beleuchten, wie etwa diejenige nach den Ursachen von Gewalt. Und obwohl Anhänger plumper Kraftmeierei wohl eher weniger den Weg ins Theater finden werden, glaubt Tina Teubner daran, mit „Herkules“ die Lautstärke und Aggression in der Gesellschaft wieder ein wenig herunter drehen zu können: „Unbedingt! Genau wie das falsche Selbstbewusstsein. Die Prahlerei, mit der viele behaupten, sie stünden immer auf der moralisch richtigen Seite. Ich wünsche mir manchmal, dass Leute öfter zugeben, dass sie nicht mehr wissen, was richtig, was falsch ist. Dass die Welt ihre Bedienungsanleitung verlegt hat. Dass es manchmal unmöglich ist, die 'Guten' und die 'Bösen' auseinanderzuhalten. Und dass Härte und Stärke nur wenig miteinander zu tun haben.“

Auf Amberg freut sich die Kabarettistin nicht zuletzt deshalb, weil ihr das Publikum vom letzten Gastspiel mit „Wenn du mich verlässt komm ich mit“ beim Sommerfestival als „aufmerksam, humorvoll, warmherzig und lebendig“ in Erinnerung geblieben ist. Darüber hinaus sei das Stadttheater eines der schönsten Häuser im deutschen Sprachraum. Und „Herkules“ nicht mehr und nicht weniger als „der anrührendste, größte Abend, bei dem ich in den letzten 30 Jahren mitwirken durfte.“

HINTERGRUND:

Zu Personen und Veranstaltung

  • Tina Teubner, Kabarettistin, Musikerin und Autorin, 58, geboren in Witzenhausen, studierte Musiktherapie in Wien sowie Geige in Düsseldorf und Münster, regelmäßiger Gast in Fernsehsendungen wie Ladies Night, Mitternachtsspitzen, Alfons, Schlachthof, ausgezeichnet u.a. mit dem Deutschen Kleinkunstpreis 1999 und 2010, dem Deutschen Kabarettpreis 2001 - und dem 1.Preis beim Bundeswettbewerb Gesang 1993.
  • Ben Süverkrüp, Musiker und Kabarettist, studierte Klavier, Komposition und Musiktheorie an der Folkwang Universität der Künste Essen, wo er mittlerweile als Dozent für Klavier tätig ist, arbeitet auch als Autor bei mehreren Radiosendungen, Schöpfer der Konzertform "Musikgedankentheater".
  • Stephan Picard, Violinist, geboren 1960 in Barcelona/Spanien, ab 1974 Jungstudent an der Folkwang Universität der Künste Essen, Preisträger zahlreicher Wettbewerbe, seit 1995 Professor an der Hochschule für Musik "Hanns Eisler" Berlin
  • Herkules, Musikgedankentheater mit Tina Teubner, Stephan Picard und Ben Süverkrüp am Mittwoch, 2. Oktober um 20 Uhr im neuen Format "Studio Theater" im Bühnenraum des Stadttheaters Amberg, Tickets bei der Tourist-Information Amberg unter Tel. 09621/101233 oder online unter webshop.amberg.de.
 
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