Anfang Dezember hatte sich der Stadtrat schon grundsätzlich für die Ansiedlung der Ziegler-Group entschieden. Auf 12 Hektar Fläche soll im Gebiet "Am langen Rain" dafür Ackerboden zum Industriegebiet werden. Das Unternehmen will dort einmal Holzfaser-Dämmplatten herstellen und auch bis zu 80 Arbeitsplätze schaffen. Notwendig ist ein Bebauungsplan. Der Entwurf hat bereits eine frühzeitige Auslegung absolviert. Über die Stellungnahmen informierten die Planer in der Stadtratssitzung am vergangenen Donnerstag. Am Ende billigte eine Mehrheit die Fortführung des Verfahrens.
Bereits eine Woche nach dem Grundsatzbeschluss konnte Bürgermeister Alfred Stier im Dezember noch den ersten Entwurf für das Industriegebiet vorlegen und in die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden schicken. Neben dem Bebauungsplan ist auch eine Änderung des Flächennutzungsplans notwendig. Die Vertreter des Planungsbüros erläuterten am Donnerstag nicht nur die eingegangenen Stellungnahmen, sondern zeigten auch bis ins letzte Detail die verschiedenen Verfahrensschritte auf.
Meinungsabstimmungen
Die Vorgehensweise führte dann zu regen und langen Diskussionen im Stadtrat. Was Alfred Stier durchaus begrüßte: "Ich möchte das demokratisch entwickeln!" Zu den Abschnitten durften die Stadträte jeweils Meinungsabstimmungen vornehmen. Geschlossenheit war dabei die Ausnahme. Bei der nächsten Etappe für die Realisierung des Ziegler-Werks wollte Bürgermeister Alfred Stier ein weiteres Mal seine Einschätzung voranschicken. "Es ist eine große Chance für eine kleine Kommune", betonte Stier und sah in der Fläche "Am langen Rain" auch einen idealen Standort. Dabei wollte er die Wirkung des Industriebauwerks nicht schönreden. Doch sei allen von Anfang an klar gewesen, was entstehen soll.
Als Vertreter des Büros TM Markert waren Adrian Merdes und Rainer Brahm zur Sitzung gekommen. Der Planer lobte zunächst die gute Zusammenarbeit mit den Fachbehörden und deren schnellen Rückmeldungen. In Folge seien auch verschiedene Änderungen vorgenommen worden. So soll das Gelände künftig als "Sondergebiet mit der spezifischen Zweckbestimmung Holzverarbeitende Betriebe" dargestellt werden. Hierdurch gebe es einen größeren Spielraum.
Bei den Bauhöhen wusste der Planer von neuen Obergrenzen von 30 Metern und Gebäudelängen von bis zu 250 Metern. Die Hallen würden bei 16 Meter, ein Hochregallager bei 30 Meter Höhe begrenzt. Auf den Technikbereichen (bis 30 Meter) könnten die Schornsteine allerdings bis 50 Meter in die Höhe ragen. Auf der Gesamtfläche würden zur Umgehung hin die Hallen angeordnet, dahinter die Technik-Gebäude. Markant ist die Lage eines Hochregallagers an der nordöstlichen Ecke.
Nur eine Höhe im Sondergebiet
Bei den Stellungnahmen verwies Merdes auch auf die Bedenken beim Landschaftsbild. Hier wurden die Bauhöhen, die Eingriffe in die Geländetopografie und die fehlende Prüfung der Standortalternativen angesprochen. Die Höhen seien mit den oben genannten Maßen dargestellt, so Merdes. Beim Gelände würde eine einheitliche Höhenlage angestrebt. Damit verbunden seien zur Umgehung und nach hinten hin Böschungen von bis zu acht Metern. Das Material würde durch die Maßnahmen im Gelände gewonnen. Und beim Standort ließen die großflächigen Schutzgebiete um Bärnau kaum andere Orte zu.
Bei den Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf hob Merdes die umlaufende Begrünung hervor. Sie sei von früher fünf Meter Tiefe auf bis zu 20 Meter erweitert worden.
Die weitere Etappe auf dem Weg zum Bebauungsplan nahmen die Stadträte wieder zum Anlass, zum Teil grundsätzliche Anmerkungen vorzubringen. Anna Schwamberger (Grüne) betrachtete das Vorhaben der Ziegler-Group als massiven Eingriff ins Landschaftsbild. Bei der Freiflächenphotovoltaik seien diese als nicht zumutbar betrachtet worden. Schwamberger regte an, für einen Standort sich interkommunal umzuschauen. Zudem hatte sie Bedenken beim Verkehrsaufkommen, das gerade für Heimhof eine hohe Belastung darstellen würde. Dabei habe Bärnau mit der Entwicklung des sanften Tourismus’ eigentlich die richtige Richtung eingeschlagen.
Für Bärnau "existenziell"
Nicht einfach machen wollte es sich auch Hubert Häring (Christliche Freie Wählergemeinschaft), zumal schon die Umgehung ein starker Eingriff in die Natur sei. Eine Ausführung müsste deshalb mit der maximalen Rücksichtnahme erfolgen. Bei der Abwägung der Vor- und Nachteile war für Alfred Stier das Ergebnis klar: Die Investition sei für die zukünftige Entwicklung Bärnaus "existenziell". Dabei sei auch das geplante Siedlungsvorhaben ein Signal für die jungen Leute.
Gottfried Beer (SPD) wollte nicht verkennen, dass die Investition ein "Meilenstein" für die Stadt sei, allerdings war er von den Dimensionen überrascht. "Das Hochregal ist ein Klotz in der Landschaft", erkannte Beer in den Plänen. Auf dem weiteren Weg müssten deshalb auch die Bürger mit ins Boot geholt werden. Seiner Anregung zu PV-Anlagen auf den Dachflächen zeigte sich Andreas Sander als Vertreter der Ziegler-Group durchaus aufgeschlossen.
Kurt Fischer (Bürgerliche Wählergemeinschaft) erinnerte, dass Bärnau schon früher Industriestandort war. Das Vorhaben konnte er mit viel "Augenzudrücken" mit begleiten. Das endete aber bei der Auswahl der Ausgleichsflächen. Für Natur- und Artenschutz (etwa die Feldlerche) braucht es rund sieben Hektar. Durch die breitere Eingrünung können schon im Sondergebiet Bereiche dargestellt werden. Verbleiben 5,8 Hektar, die Bärnau aus eigenen Flächen stellen kann. Dabei könnte auf einer Fläche an der Grenze auch eine neue Heimat für die Feldlerche geschaffen werden. „Das ist eigentlich ein Idealfall“, so Stier. Kurt Fischer und auch Hubert Häring kritisierten scharf, dass dadurch für den Pächter kaum mehr eine Nutzung möglich sei. Sie forderten andere Flächen, etwa den vorhandenen Wald. Der könne aber, so die Planer, nicht 1:1 genutzt werden. Völlig unglaubwürdig werde die Stadt, so Stier, wenn sie auf einer Seite Grundstücksbesitzer bitte, Flächen für das Sondergebiet zu verkaufen, selbst aber keinen eigenen Grund als Ausgleichsflächen bereitstellen woll. Beim Punkt Wasser stellte Sandner heraus, dass die benötigte Menge, etwa durch die Regenwassernutzung, gering gehalten werde. Prozesswasser würde kaum abfließen. Was Rudolf Schmid (CFWG) nicht beruhigen konnte. Er fürchtete eine Mehrbelastung der Kläranlagen die wohl erweitert werden müsste. Und das würde alle Bürger belasten.
Bei den Änderungen verwies Merdes noch auf das offene Gelände in Richtung Stadt. Von diesen sieben Hektar soll nur mehr die Hälfte als beschränktes Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan dargestellt werden.
Sechs Gegenstimmen
Nach dreieinhalb Stunden Diskussion konnte der Stadtrat zu keiner geschlossenen Haltung finden. Eine Mehrheit mit zehn Personen stimmte für den Entwurf und die Änderungen. Kurt Fischer und Josef Hubmann (BWG), Anna Schwamberger (Grüne), Rudolf Schmid, Hubert Häring und Markus Fichtner (CFWG) stimmten dagegen. Jetzt gehen der Bebauungsplanentwurf und die 11. Änderung des Flächennutzungsplans in die "förmliche Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden".
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