Die Handwerker feierten am vergangenen Wochenende erneut Richtfest im Naturdorf Bärnau. Nun stehen alle vier Gebäude des ökologischen Feriendorfes. Mit dem Naturdorf Bärnau sollen auf 3000 Quadratmetern nahe des Geschichtsparks vier komplett ökologisch gefertigte und klimaneutrale Ferienhäuser entstehen. Die Baukosten sind mit 1,35 Millionen Euro veranschlagt, die Fertigstellung ist für 2024 geplant.
Den Richtspruch verkündete Zimmerermeister Armin Mannschott hoch oben auf "Haus A". Diese Aufgabe durfte er übernehmen, da er sich federführend um das Abbinden kümmerte, also die Vorbereitung der Holzkonstruktionen für das Fachwerkhaus. Steinmetz Robert Mois assistierte ihm.
Bauen mit Lerneffekt
Steinmetz Andreas Mann, Ideengeber für das Projekt und einer der drei Bauleiter, gab danach einen Baustellenrundgang. "Bei uns gibt es keine starre Planung. Was wir hier machen ist ,Learning by Failing' - wir lernen also aus unseren Fehlern", sagte der Steinmetzmeister im Gespräch mit Oberpfalz-Medien. Deswegen experimentierte das Bauteam beim Errichten der Häuser mit verschiedenen Baumethoden und Baustoffen. Was dann bei einem Gebäude vielleicht nicht so gut klappe, werde bei einer anderen in verbesserter Weise angewandt. "Es ist eine Weiterentwicklung von Haus zu Haus."
"Und unser Ziel war es, mehrere gedämmte Häuser vor der Winterpause fertig zu haben", sagt Mann. Er ist seit Anfang 2023 in die Baustelle eingebunden und habe die Idee des Naturdorfes mit weiteren Beteiligten entwickelt. "Die nächsten Schritte sind jetzt erst einmal, die Gebäude winterfest zu machen. Mehrere Dächer werden noch mit gebrannten Biberschwanz-Ziegeln eingedeckt." Die Dachdeckung soll laut Mann möglichst kunststoff-frei sein. "Eventuell wollen wir Wollfilz als Dampfbremse einbauen." Dafür arbeitet das Naturdorf-Team mit der Tirschenreuther Tuchfabrik Mehler und der OTH Regensburg zusammen. "Sie testet gerade für uns ein Testgewebe von der Tuchfabrik." Die Dampfbremse sei dazu da, die Dämmung des Hauses vor Feuchtigkeit, die vor allem aus warmer Raumluft entsteht, zu schützen.
Moderner Bau mit alten Techniken
Alle vier Ferienhäuser haben eine Hanfkalk-Dämmung, erklärt Mann. "Diese enthält Hanfschäben." Die Fasern entstehen als Abfallprodukt bei der Verarbeitung der Hanfpflanze - Hanf sei aber laut Bauleiter ein nützliches Baumaterial: "Denn es lagert CO2 ein." Die Handwerker beziehen die Hanffasern aus dem Vogtland, Passau und Tschechien. Der Bauleiter spricht von einer "Bauwende": Mit dem Naturdorf sollen Impulse für zukunftsfähiges, modernes Bauen mit nachhaltigen Materialien gesetzt werden.
Beheizt werden alle vier Gebäude per Solarthermie. Die Module der Anlage werden auf dem Dach eines Hauses montiert. Im Haus ist bereits ein Speicher für das Warmwasser installiert. "Es ist ein Pufferspeicher für rund vier Kubikmeter Wasser. Das wird per Wärmenetz in alle Naturdorf-Häuser verteilt", weiß Mann. In den Wänden werden Heizschleifen verlegt, die dann wie eine Fußbodenheizung das Gebäude erwärmt, beschreibt Mann. Der Speicher, sagt Mann, ist eines der wenigen Bauteile, für das die Handwerker auf moderne Technik zurückgegriffen haben.
"Alle Häuser werden Neubau-Standard haben. Es wird auch W-Lan geben und es werden gewöhnliche Elektro- und Wasserleitungen verlegt", erklärt der Bauleiter. Gebaut werden soll möglichst betonfrei, in den Häusern seien betonfreie Zemente verbaut - lediglich die Schornsteine seien aufgrund von Bauvorschriften aus Beton gefertigt. Denn jedes Haus wird mit einem Grundofen ausgestattet. Wie die Inneneinrichtung aussehen wird, sei noch offen, sagt Mann. Die Ferienhäuser sollen mit Holzmöbeln und Dielenböden ausgestattet werden, die Wände mit Lehmputz oder Kalkfarbe verkleidet. "Wir werden nicht nur mit neu gebauten Möbeln einrichten. Gerade sind wir auf der Suche nach alten Landhausmöbeln aus Haushaltsauflösungen."
Baukosten sind gestiegen
"Es ist und bleibt ein Experiment mit vielen Erfahrungs- und Lernwerten, die bisher nicht bezahlt werden", betonte Alfred Wolf, Vorsitzender des Trägervereins Via Carolina und Mit-Geschäftsführer der Naturdorf GmbH, beim Festakt. Die Verantwortlichen wollen in den kommenden Monaten "eine regionale Allianz aus Wirtschaft und Gesellschaft anstoßen".
Für das Projekt sind Gesamtkosten von 1,35 Millionen Euro eingeplant. Diese Summe ist laut Naturdorf-Geschäftsführerin Ilona Hunsperger allerdings bereits gestiegen. Deshalb soll vor allem den Winter über noch einmal finanzielle Mittel akquiriert werden. Bauleiter Andreas Mann gibt zu, dass für den Weiterbau an den Häusern eine Finanzspritze von mehreren hunderttausend Euro nötig sei. Dennoch sind er und sein Team vollen Eifers, die ersten beiden Häuser wie geplant bis Mitte 2024 fertig zu stellen.
Finanziert wird das Projekt durch Wirtschaftsförderung (500.000 Euro), Genussrechte (200.000 Euro) sowie Eigenkapital, Bankdarlehen und verschiedenen Kampagnen (restliche 600.000 Euro).
Finanzielle Hilfe erhofft sich das Naturdorf-Team von einer Crowdfunding-Kampagne, die ab 9. November über "Go-Fund-Me" laufen soll. Die Aktion läuft vier bis sechs Wochen bis zu Weihnachten, erklärt Hunsperger. Auch Genussrechte könnten wieder erworben werden. "Die Genussrechte haben wir jetzt zum dritten Mal neu aufgelegt, weil sie immer für ein Jahr laufen. Man kann mit je 1000 Euro einsteigen und kann sich seine Zinsen entweder als Verzehrgutschein für das Museumslokal, für eine Übernachtung im Naturdorf oder als Geldzins auszahlen lassen", erklärt die Naturdorf-Geschäftsführerin.
Beim Richtfest wünschte auch Bärnaus Dritter Bürgermeister Gottfried Beer viel Erfolg für die weitere Baustelle.
Das Naturdorf beim Geschichtspark Bärnau-Tachov
- Bauten: vier Ferienhäuser, die auch als Mustersiedlung dienen
- Baukosten: Ursprünglich 1,3 Millionen Euro, laut Naturdorf-Geschäftsführerin Ilona Hunsperger werden diese aufgrund der Inflation höher ausfallen
- Bauleiter: Marlène Dorbach, Lukas Ritter und Andreas Mann
- Architektur: Architekturbüro Schönberger (Oberviechtach)
- Hauptbaustoffe: Holz, überwiegend Fichte aus dem Stadtwald Bärnau, Granit aus Flossenbürg, Lehm, Kalk aus dem Nürnberger Raum, Glas aus Waldsassen, Faserstoffe wie beispielsweise Stroh, Hanf oder Flachs
- Ziel: Traditionelle Handwerkstechniken und regionale Materialien mit modernen Wohnstandards verknüpfen
Liebe Susanne Förster, Hallo liebes Onetz-Team,
ein richtig schoener Artikel, den Sie geschrieben haben, und raus gebracht haben. Ich selbst bin in dieser Baustelle involviert und wollte mich auf diesen Wege bei Ihnen bedanken, richtig schoen.
Euch und uns wünsche ich mir maximale Erfolge, in dem was wir tun.
Gruss.
B. Kaya
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