Bayern
29.01.2019 - 18:06 Uhr

Wirtschaft: Notfalls längere AKW-Laufzeiten

Alfred Gaffal von der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft will vermeiden, dass der Strompreis weiter steigt. Er übt Kritik am "Stillstand in der Energiepolitik".

Strommasten bei Schwandorf. Bild: Gerhard Götz
Strommasten bei Schwandorf.

Der scheidende Präsident der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (VBW), Alfred Gaffal, hat die Staatsregierung aufgefordert, noch in diesem Jahr ein Konzept zur sicheren und bezahlbaren Stromversorgung in Bayern für die Zeit nach dem Atomausstieg Ende 2022 vorzulegen. Nach der Abschaltung der Kernkraftwerke drohe eine Stromlücke in Höhe von rund einem Drittel des aktuellen Bedarfs. "Wenn alle Stricke reißen, dann darf auch die Verlängerung der Laufzeiten bayerischer Kernkraftwerke kein Tabu mehr sein", sagte Gaffal bei der Vorstellung des VBW-Energiewende-Monitorings in München.

"Wenn der Ausstieg aus Kohle und Kernkraft funktionieren soll, dann brauchen wir neue Stromleitungen", ergänzte Gaffal. Er forderte deshalb den raschen Bau der geplanten Stromtrassen Südlink und Südostlink. Diese würden eine leistungsfähige Verbindung für den Stromtransport von Nord- nach Süddeutschland schaffen und damit die Regulierungskosten zur Überwindung von Netzengpässen reduzieren. Zudem werde vermieden, dass der Strom in Bayern auf lange Sicht teurer werde als im Norden Deutschlands. Gaffal räumte ein, dass es in diesem Punkt einen Dissens mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) gebe. Dessen Konzept, möglichst viel Strom dezentral in Bayern zu produzieren, sei im Grundsatz richtig, wegen der Bürgerproteste gegen Windräder und große Photovoltaik-Anlagen aber schwer umsetzbar.

Insgesamt prangerte Gaffal trotz eines Milliarden-Aufwandes einen "Stillstand in der Energiepolitik" an. Das von der Prognos AG im Auftrag der VBW durchgeführte Energiewende-Monitoring zeige keine Fortschritte. Zwar kommt demnach der Ausbau erneuerbarer Energien in Bayern weiter voran, der Anstieg liegt aber unter den von der Staatsregierung gesetzten Zielen. Auch bei Energieeffizienz und -produktivität gibt es kaum Fortschritte. Deutlich verschlechtert hat sich die Umweltverträglichkeit. So sinkt der Ausstoß des Treibhausgases CO2 in Bayern nicht wie vorgesehen, sondern steigt seit 2014 kontinuierlich an. Das Ziel eines Pro-Kopf-Ausstoßes von fünf Tonnen CO2 bis 2030 rückt damit in weite Ferne. "Die Entwicklung der CO2-Emissionen liegt deutlich im roten Bereich", erklärte die Prognos-Vizedirektorin Almut Kirchner. Vor diesem Hintergrund verlangte Gaffal vom Freistaat mehr Anstrengungen bei der Energiewende. Die erneuerbaren Energien müssten besser genutzt, Speichertechnologien vorangebracht werden. Außerdem müssten das Stromnetz ausgebaut und die Voraussetzungen zum Einsatz moderner Gaskraftwerke als wesentlicher Beitrag zur Versorgungssicherheit geschaffen werden. Dies dürfe aber zu keinen Strompreiserhöhungen führen, da die bayerische Wirtschaft schon heute im internationalen Vergleich zu hoch belastet sei.

Skeptisch äußerte sich Gaffal zum geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038. Dieser gefährde die Versorgungssicherheit zusätzlich und werde eine weitere Preisspirale in Gang setzen. Zudem wandte sich Gaffal gegen ein strenges Klimaschutzgesetz.

 
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