Zehn Jahre Schaffest in Brand: Das steckt hinter der Veranstaltung

Brand (VG Neusorg)
15.09.2023 - 12:59 Uhr
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Am Wochenende feiert der Fichtelgebirgsverein Brand mit dem Schaffest ein kleines Jubiläum. Vor zehn Jahren gab es das erste Fest. Was viele nicht wissen: Dahinter steckt ein spannendes Projekt.

Mit dem Begriff "Sommerfrische" können zumeist nur ältere Menschen etwas anfangen. Ein Wörterbuch beschreibt Sommerfrische als "eine Zeit, in der man die Arbeit ruhen lässt, sich an einem schönen Ort mit angenehmem Klima begibt und sich erholt". Ganz so werden das die Schafe, die auf der nur einen Hektar großen Biotopfläche in Bernlohe die warmen Monate verbringen und daher von den Einheimischen oft spaßig als "Sommerfrischler" bezeichnet werden, wohl nicht sehen. Die Aussage "angenehmes Klima" und "schöner Ort" würden sie wahrscheinlich ohne Wenn und Aber bestätigen. Doch spätestens beim Punkt "Arbeit ruhen lassen" würden sie vehement Widerspruch einlegen. Denn Arbeit haben sie in ihrer Umzäunung genug: Ihre Aufgabe ist es nämlich, von Juni bis Oktober das Gras kurz zu halten und kleine Baumschösslinge in ihre Schranken zu weisen.

Stefan Jungnickl, Vorsitzender des Fichtelgebirgsvereins, steht vor dem Gehege seiner pflegeleichten Blaukopf-Mischlingsschafe am Ortsausgang von Brand. Heute ist es an ihm, nach dem Rechten zu sehen. Er schnappt sich einen Eimer mit Pellet-Leckerlis und fängt an, damit zu klappern. Sofort hebt das Leitschaf den Kopf, kommt zutraulich näher und lässt sie sich schmecken. Worauf sich auch die anderen Herdenmitglieder ein Herz fassen und ihren Anteil einfordern. Jungnickl krault und streichelt abwechselnd - und lächelt dabei zufrieden.

Schafe sind nur ausgeliehen

"Die Schafe sind von einem befreundeten Schäfer ausgeliehen, sie übernehmen hier den Großteil der Naturschutzarbeit", erzählt er. 2011 hat der Fichtelgebirgsverein die kleine Biotopfläche von privaten Grundstückseigentümern gekauft. "Es sind auf kleinstem Raum sowohl feuchte Flächen mit Quellbereichen zu finden als auch trockene Magerbereiche mit seltenen Pflanzen", sagt Jungnickl ohne seine Begeisterung zu verhehlen. Da der Kauf mit Förderung der Unteren Naturschutzbehörde erfolgt ist, hat der Verein damit auch die Aufgabe übernommen, praktischen Naturschutz zu betreiben.

Für den Besucher wirkt das kleine Areal mit einigen schattenspendenden Birken, einem kleinen Tümpel mit Schilf, schmalen Gräben, die Wasser führen, ein paar Büschen und mageren Flächen mit zotteligen Grashorsten fast wie ein Fremdkörper zwischen den intensiv bewirtschafteten Äckern und Wiesen ringsherum. Warum das so ist? "Das Gebiet um Brand, Nagel und Ebnath bezeichnet man als Rodungsinsel. Hier stand früher überall Wald, der wurde aber gerodet und so entstand eine Art Insel", weiß Jungnickl. Allerdings eine Insel mit nassem Untergrund, wo auch Torfabbau möglich war. Um fruchtbare Wiesen und Äcker zu erhalten, wurden im Zuge der Flurbereinigung diese Feuchtflächen trockengelegt. Mit Ausnahme eben dieses Areals. "Die früheren Besitzer hatten kein Interesse, das Grundstück trockenzulegen. Und ohne das Trockenlegen hatte es für die Landwirtschaft keinen Wert", erklärt Jungnickl. "Eigentlich ein Glücksfall. Es ist ein Landschaftselement, das nicht mehr so häufig zu finden ist. Und schon das allein ist ein Grund, es zu erhalten."

Inzwischen ist auch Gerald Hoch eingetroffen, der Zweite Vorsitzende des Fichtelgebirgsvereins. Ihm ist es vor allem zu verdanken, dass vor nunmehr über zehn Jahren das Grundstück gekauft worden ist. "Die Schafe sind schon wichtig. Aber nicht nur die Schafe leisten ihren Beitrag", sagt er, klemmt den Zaun vom Stromerzeuger, steigt darüber und wird sofort umringt von den Vierbeinern, die auch bei ihm Leckerlis vermuten und nicht enttäuscht werden. Und während er die Naschereien verteilt, beginnt er aufzuzählen: das Aufstellen des Zauns im Frühjahr, das Saubermachen der Gräben, das Entfernen überzähliger Büsche, das Umsetzen des Zauns während der Saison, das tägliche "Schauen" nach den Schafen - und im Herbst natürlich auch wieder der Abbau des Zauns.

Wolf ist ein Dauerthema

"So um die zehn Personen sind aktiv in das Projekt eingebunden", sagt Hoch. "Anfangs haben wir versucht, die Fläche mit der Hand zu mähen. Oder mit einem Balkenmäher." Aber das sei alles sehr beschwerlich gewesen. "Und dann war da plötzlich die Möglichkeit, sich von einem Landwirt aus der Gegend einige Schafe auszuleihen. Das war bereits 2011 und praktisch der Beginn der Schafbeweidung."

Natürlich ist auch der Wolf ein Dauerthema im Verein. Aber bisher gibt es bis auf einen Riss vor zwei Jahren in Waldershof keine besonderen Vorkommnisse in der Gegend. Angesprochen auf die Möglichkeit einer wolfssicheren Umzäunung schüttelt Hoch den Kopf und sagt: "Leider liegt die Gemeinde Brand nicht mehr in dem Gefahrengebiet der Wölfe von Grafenwöhr und dem Manteler Forst. Würde die Biotopfläche in Kulmain liegen, würden wir einen solchen Zaun bezuschusst bekommen."

Aber zurück zu den idyllisch in der kleinen Senke grasenden Schafen. Denn die Vierbeiner sind nicht nur die Experten für die Naturschutzarbeit vor Ort, sondern waren auch der Auslöser für das inzwischen überregional bekannte "Schaffest". Gerald Hoch und Stefan Jungnickl erinnern sich: "Nachdem die ersten Schafe auf unserer Fläche grasten, waren wir uns im Verein einig: Wir könnten doch endlich mal wieder ein Fest machen!" Aber wie sollte das Fest heißen? Besonders lange musste nicht überlegt werden. "Ein sehr wichtiges Projekt ist die Schafbeweidung - also warum sollten wir nicht ein 'Schaffest' feiern?" Die Folge: 2013 wurde zum ersten Mal das Schaffest des Fichtelgebirgsvereins organisiert und seitdem im Zweijahresrhythmus wiederholt. Tendenz des Erfolgs: eindeutig zunehmend.

Projekt ist auch entspannend

Für diesen Tag ist die Schafkontrolle abgeschlossen: Alles im grünen Bereich. Inzwischen hat sich die kleine Herde in die Mitte des Biotops zurückgezogen. Jungnickl und Hoch schalten das Weidezaungerät wieder an und setzen sich dann auf eine Holzbank, die direkt neben der Weide steht. "Das alles ist aber natürlich nicht nur Arbeit und Mühe. Es ist auch entspannend und man kann hier nach einem stressigen Arbeitstag sehr gut runterkommen." Was genau beim Runterkommen hilft? Die Stille, die Ruhe, die wunderschöne Landschaft - und vor allem natürlich: die Schafe.

Hintergrund:

Schaffest in Brand

  • Wann: Am Sonntag, 17. September, von 10 bis 17 Uhr.
  • Wo: in der Ortsmitte von Brand, die Durchfahrt ist für den Verkehr gesperrt
  • Was? Ein Markt mit über 80 Anbietern, darunter viele Direktvermarkter und Kunsthandwerker.
  • Sonstiges: Es gibt neben Schafen auch Alpakas, Schweinchen, Kaninchen und Ziegen zu sehen. Zudem gibt es ein Kinderkarussell und ab 16.30 Uhr Trommeln zum Mitmachen.
  • Parkmöglichkeiten: Gibt es an den Ortszufahrten von Brand.
  • Weitere Infos: Im Internet unter www.fgv-brand.de

Das Plakat für das Schaffest ist ein echter Hingucker.
 
 

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