09.07.2019 - 19:03 Uhr

CSU und "Fridays for Future" einig: Fahrradverkehr ernst nehmen

CSU-Fraktionschef Dieter Mußemann fährt viel mit dem Rad. Es hat also Gewicht, wenn er sagt: "Wir sind alles andere als eine fahrradfreundliche Stadt." Die CSU verspricht Abhilfe. Doch der Ortstermin macht klar: Einfach wird das nicht.

Die Wendeschleife vor dem Ziegeltor war sehr gut geeignet, um unter dem Motto „CSU-Fraktion vor Ort“ aufzuzeigen, wie man sich seitens der Stadt eine fahrradfreundlichere Verkehrsführung vorstellt und was in der Praxis alles dazwischenkommen kann. Bild: Wolfgang Steinbacher
Die Wendeschleife vor dem Ziegeltor war sehr gut geeignet, um unter dem Motto „CSU-Fraktion vor Ort“ aufzuzeigen, wie man sich seitens der Stadt eine fahrradfreundlichere Verkehrsführung vorstellt und was in der Praxis alles dazwischenkommen kann.

Am Montagabend kam nicht nur eine um die Frankreich-Fahrer dezimierte CSU-Fraktion zum Ziegeltor, sondern auch ein gutes Dutzend Radfahr-Enthusiasten. Sie wollten hören, wie sich die CSU das vorstellt: den Ambergern den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad schmackhaft zu machen.

179 Einzelmaßnahmen

Wie es gehen soll, ist schon beschrieben: im Radverkehrskonzept der Stadt von 2017, das 179 Einzelmaßnahmen enthält. Geschätzter Geldbedarf für die Umsetzung: zehn Millionen Euro. Dieter Mußemann will sich davon nicht abschrecken lassen. "Das Rad ist das ideale städtische Verkehrsmittel", hielt er fest. Deshalb müsse man jetzt darauf pochen, "dass der Fahrradverkehr mindestens gleichberechtigt zum Auto- und Fußgängerverkehr wird". Und weiter: "Wir müssen das Klimaschutzziel ganz nach oben bringen."

Dieter Mußemann (vorne) erläuterte beim Termin "CSU vor Ort", wie es mit dem Fahrradverkehr in Amberg weitergehen soll. Bild: Wolfgang Steinbacher
Dieter Mußemann (vorne) erläuterte beim Termin "CSU vor Ort", wie es mit dem Fahrradverkehr in Amberg weitergehen soll.

Wolfgang Babl vom Stadtplanungsamt erläuterte dazu, das Radverkehrskonzept von 2017 sei als Leitlinie beschlossen. Größere Maßnahmen daraus müssten aber jeweils von den zuständigen Ausschüssen genehmigt werden. Grundvoraussetzung sei allerdings eine ordnungsgemäße Planung. Um die nicht an zu knappen Kapazitäten scheitern zu lassen, wurde in der Stadtverwaltung eine neue Vollzeitstelle geschaffen. Sven Daleiden-Lorper kümmert sich hier seit einem Dreivierteljahr nur um die Verkehrsplanung. Laut Dieter Mußemann ist dafür im nächsten Stellenplan (ab 2020) ein weiterer Mitarbeiter angemeldet. "Es soll ein Zeichen sein, dass wir das Thema schon ernst nehmen." Von der finanziellen Seite her stellt Mußemann sich vor, dass der Stadtrat jedes Jahr eine fixe Summe nur für den Radverkehr in den Haushalt einstellt.

Wolfgang Babl (links) und Sven Daleiden-Lorper vom Stadtplanungsamt. Bild: Wolfgang Steinbacher
Wolfgang Babl (links) und Sven Daleiden-Lorper vom Stadtplanungsamt.

Bereits genehmigt hat der Verkehrsausschuss am Dienstag zwei Projekte, die Daleiden-Lorper beim CSU-Termin näher beschrieb. Zum einen wird testweise für ein Jahr die Einbahnstraßenregelung in der Bäumlstraße, der Fronfestgasse, der Jesuitenfahrt, der Langen Gasse und der Zehentgasse für Radfahrer aufgehoben. Sie dürfen dort also gegen die Einbahn-Richtung fahren. Möglich wird das, weil es dort ein Tempolimit für 30 km/h bei Autos gibt, aber keinen Linienbusverkehr und weil der Schwerverkehr dort nur als Lieferverkehr in der Altstadt auftaucht.

Parkplätze müssen weichen

Zum Zweiten wird die Lücke im Radwegenetz geschlossen, die zwischen Steingutstraße und Ziegeltor besteht. Der Radverkehr stadteinwärts wird vor der Kreuzung Steingutstraße und Pfalzgrafenring (also nach der Unterführung) auf einem eigenen Schutzstreifen mit 1,5 Metern Breite direkt auf die vorhandene Verkehrsinsel geführt. Wer Richtung Ziegeltor und Bahnhof weiter will, kann den Gehweg in der Wendeschleife vor dem Ziegeltor nutzen, der zum Geh- und Radweg wird. Damit das von der Breite her möglich ist, müssen die sechs Parkplätze dort weichen - auf die Fahrbahn. Für den Radverkehr stadtauswärts erhält die Steingutstraße vom Beginn bis zum Anfang der Tempo-30-Zone einen 1,75 Meter breiten Schutzstreifen.

Die Fahrrad-Praktiker vor Ort hätten hier eine Umwidmung der Steingutstraße zur Einbahnstraße lieber gesehen ("sonst ist das nicht sicher zu lösen") sowie die Verlängerung des Schutzstreifens bis nach der Unterführung. Letzteres gehe in einer 30er-Zone nicht, sagte Daleiden-Lorper. "Fridays for Future"-Organisatorin Aziza Ernst hielt es für schwierig, den Fußgänger- und den Radverkehr zusammenzufassen, weil dann etwa der Radfahrer auf dem Weg zur Arbeit viel langsamer vorankomme. "Das ist auch ein ernstzunehmender Verkehr." Mußemann zeigte sich offen für gute neue Ideen, machte für größere neue Vorhaben aber zugleich klar: "Wenn wir das morgen angehen, dauert es sechs bis acht Jahre bis zur Umsetzung."

Kommentar:

Wenn es hart auf hart kommt

Die „Fridays for Future“-Aktivisten glauben nicht, dass die Politik den Ernst der Lage in Sachen Klimawandel erkennt. Deshalb tun sie sich schwer, deren Zusicherungen als bare Münze zu nehmen. Dahinter steckt wohl die Angst, dass die Interessen der Autofahrer wieder überwiegen, wenn es hart auf hart kommt und das nur einmal vorhandene Geld auch nur einem Projekt zugesprochen werden kann. An dieser Stelle müssen die Stadträte aufpassen, dass ihnen in den Augen der Jungen nicht die Glaubwürdigkeit abhandenkommt. Sie haben es selbst in der Hand.

Markus Müller

 
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