Aus einer Bierlaune heraus in Erbendorf eine Brauerei gegründet

Erbendorf
14.08.2022 - 18:11 Uhr
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Süßlicher Malzgeruch dringt aus einem gekippten Fenster des Hauses Bräugasse 30. Nicht immer, aber immer öfter. Hinter dem Fenster dampft und brodelt es. In Erbendorfs neuer Brauerei wird wieder Bier gemacht.

In Erbendorf gibt es nach Jahrzehnten wieder eine Brauerei. Sie gehört Martin Kastner. Er hat sich vor einigen Jahren zum Hausbrauer ausbilden lassen und macht seitdem sein eigenes Bier. "Mittlerweile habe ich Rezepte für etwa 20 verschiedene Sorten beisammen", erzählt er. Besonders gut kommen sein Helles und sein Zoiglbier an. Die hat er immer im Sortiment.

Die kleine Brauerei befindet sich nur einen Steinwurf vom ehemaligen Erbendorfer Kommunbrauhaus entfernt. Das stand ein paar Häuser weiter auf dem Grundstück, auf dem heute die evangelische Kirche thront. "1907 wurde dort der letzte Sud gebraut, 1921 wurde das Kommunbrauhaus abgerissen, um Platz für das Gotteshaus zu schaffen", weiß Jochen Neumann vom Erbendorfer Stadtarchiv.

Braustube im früheren Elternhaus

Die Idee, an diese Tradition anzuknüpfen, ist laut Martin Kastner aus einer Bierlaune heraus entstanden. "Da hatte ich noch an ein reines Hobby gedacht. Aber als meine ersten Biere von Freunden verkostet wurden, merkte ich, dass das, was ich braue, den Leuten schmeckt", erzählt er. Da sei die Idee gereift, das Ganze größer aufzuziehen.

Von außen sieht das Gebäude aus wie ein normales Wohnhaus, grün verputzt mit weiß eingefassten Fenstern. Ein großes, motorbetriebenes, graues Metallschiebetor verdeckt den Blick in den Innenhof. Der Lack blättert an einigen Stellen ab. Darauf sind zwei Schilder befestigt. Das gelbe mit der Aufschrift "Ausfahrt frei halten" hängt an vielen Häusern der stark befahrenen Bräugasse und fällt deshalb nicht groß auf. Das Taferl daneben, auf dem Bier in ein Glas gegossen wird, ist dagegen ein Hingucker. Mit weißer Schrift steht darauf "Brauerei Kastner - Biere aus der Bräugasse" und darunter kann man "Erbendorfer Zoigl - süffig, zünftig, würzig, guad" lesen.

Das Anwesen mit der Hausnummer 30 ist das frühere Elternhaus von Martin Kastner. Hier ist er aufgewachsen, hier hat er im Innenhof gespielt, hier wohnt er mit seiner Frau und hier hat er sich mit seiner Hausbrauerei einen Traum verwirklicht. "Früher war das ein Bauernhof", erzählt der 28-Jährige. In der Braustube wurden einst Kühe gehalten. "Aber lange vor meiner Zeit", schmunzelt Kastner. Der Boden ist gefliest, an den Wänden stehen reihum eine Flaschenspülmaschine, ein Sudkessel, der gleichzeitig Läuterbottich ist, ein Heißwasserkessel und zwei blank polierte Gärbottiche aus Edelstahl. Versteckt in einer Ecke führt eine Bierleitung in die Küche. "So etwas hat kaum eine Brauerei", sagt Kastner.

Hopfen aus der Hallertau

Dichter Dampf quillt aus dem Sudkessel. Auf einer Ablage auf der gegenüberliegenden Seite liegt ein Ordner mit den Bierrezepten, die Kastner entwickelt hat. Daneben eine Tüte mit dunkelgrüne Hopfenpeletts. "Aus der Hallertau", erzählt der Brauer. Regionalität ist ihm wichtig. Den Malz bezieht er von einer Mühle in Neuhaus bei Windischeschenbach, die auch viele Kommunbrauer beliefert.

Martin Kastner erinnert sich noch sehr gut an das erste selbst gebraute Bier. "Das war sehr stark und viel zu bitter", schmunzelt er. Es gab auch in der Folgezeit immer wieder Sude, die es nicht ins Glas geschafft haben. Die erste Sorte auf seiner "großen" Brauanlage war ein Helles.

Seit November 2019 ist der Erbendorfer ein von der IHK geprüfter Hausbrauer. Mit seinem erlernten Beruf des Landwirts hat das nicht allzu viel zu tun oder irgendwie doch. "Auf meinem elterlichen Betrieb wurde immer schon Braugerste angebaut. Hier wächst ja schon der erste Rohstoff fürs Bier", erzählt er.

Mit schwarzen Gummistiefeln steht Martin Kastner in der Krachledernen und im braunen Shirt mit dem eigenen Brauereilogo vor seinem Sudkessel und beäugt das Rührwerk, das sich durch die braune Würze arbeitet. Dazwischen sind weiße Eiweißflocken zu sehen. Der Brauer ist zufrieden. "Ich mag am liebsten würzige und kräftige Biere. Daher ist mein Lieblingsbier mein hauseigener Erbendorfer Zoigl", erklärt der 28-Jährige. Rund 2,5 Hektoliter kann er mit seiner Kleinbrauerei bei einem Sud herstellen. "Je nach Bedarf kann ich aber am Tag auch zwei Sude brauen", berichtet Kastner. Dazu hat er zwei Gärbottiche in seiner Kleinbrauerei integriert. Ein Brauvorgang dauert etwa sieben Stunden. Meist fängt er um 4 Uhr in der Früh mit dem Brauen an. "Heute habe ich verschlafen, da ging es erst um halb Fünf los", schmunzelt er.

Zoigl und Helles die Renner

Momentan braut der Erbendorfer regelmäßig zwei Sorten: das Erbendorfer Helle und den Erbendorfer Zoigl. "Im Sommer gibt es auch ein IPA, ein Indian Pale Ale, und unser bernsteinfarbenes Hausbier", berichtet der junge Mann. Über mangelnden Absatz kann er nach eigenen Angaben nicht klagen. Kastner: "Wir kommen momentan gerade so hinterher. Die absoluten Top-Seller sind seine Fünf-Liter-Partyfässer." Und was ihn am meisten freut: Seine Bierliebhaber kommen fast ausschließlich aus der eigenen Stadt und der näheren Umgebung. "Bier aus Erbendorf für Erbendorf", strahlt der Hausbrauer.

Bisher gibt es das Bier der Brauerei Kastner ausschließlich im Direktvertrieb in Kisten, Fünf-Liter-Partyfässern, selbst gefertigten Sechser-Tragerln aus Holz sowie bayrischen Anstichfässern. Auch einige kleine Feste hat der frühere Jugendbeauftragte des Stadtrats mit seiner Schankanlage und seinen Gläsern schon stemmen können. "In Gaststätten gibt es mein Bier noch nirgends. Aber Kastner wäre nicht abgeneigt, das zu ändern. Allerdings, so schränkt er ein, müsse es sich um einen geeigneten Partner handeln, der zu seiner Bierphilosophie passe.

Am Schluss pumpt Kastner die Würze in einen der Gärbottiche. 7 bis 14 Tage darf das Bier dort nach Hefezugabe gären. "Erst wenn die Hefe drin ist, spricht man von Bier", erklärt der Hausbrauer. Nach zwei Wochen füllt Kastner sein Gebräu zur Nachreife in Fässer ab. "Auch das Bier, das später in Flaschen verkauft wird, reift im Fass nach", betont der Erbendorfer. Nach 12 bis 13 Wochen kommt das Getränk in den Ausschank. Aber erst nachdem es die Ehefrau verkostet hat. "Denn sie ist meine stärkste Kritikerin", lacht er.

Am Ziel seiner Träume ist der 28-jährige noch lange nicht. Als nächstes plant er erst einmal, einen ganzen Schwung neuer 15-Liter-Fässer, Krüge und weitere Dinge anzuschaffen, um Gartenfeste, Polterabende, Betriebsfeiern, Geburtstagsfeiern und so weiter noch besser bedienen zu können. Und dann will der 28-jährige sich noch zum Biersommelier ausbilden lassen, um noch intensiver über die Unterschiede zwischen industriell erzeugtem und handwerklich erzeugtem Bier aufklären zu können.

Hintergrund:

Zur Person: Martin Kastner

  • Alter: 28 Jahre
  • Familienstand: Frisch verheiratet
  • Erlernter Beruf: Landwirt
  • Ausbildung zum Hausbrauer: 2019 durch die IHK
  • Gründung der Brauerei Kastner: Im Oktober 2019
  • Häufig gebraute Biere: Erbendorfer Zoigl, Erbendorfer Helles, Erbendorfer Hausbier. Citrus-Hefeweizen, Deutscher Porter, Löschmeister und Doppelbock
 
 

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