Bürgermeister Marcus Gradl (CSU) verliert die Mehrheit im Eschenbacher Stadtrat: Die Entscheidung von Stadtrat Klaus Lehl (66), von der CSU/ÜCW-Fraktion zu den Freien Wählern zu wechseln, kehrt die Mehrheitsverhältnisse um. Konkret heißt das: Acht Stimmen für CSU/ÜCW, neun Stimmen für die übrigen Parteien. Obwohl Gradl am vergangenen Mittwoch per Brief von der Entscheidung erfahren hatte, macht er dem Wechsler keine Vorwürfe: "Natürlich war ich überrascht und bin traurig, aber das ist für mich kein Grund zum Streit." Unterm Strich stehe das Gemeinwohl von Eschenbach im Fokus. "Die gemeinsame Zusammenarbeit im Stadtrat sehe ich nicht gefährdet." Viele Entscheidungen der Vergangenheit seien ohnehin einstimmig – und damit parteiunabhängig – gefällt worden.
Strittige Punkte möglich
Trotzdem räumt Gradl ein, dass es in Zukunft schon zu strittigen Punkten kommen könne, wo die Mehrheitsverhältnisse entscheidend wären. Auch CSU-Fraktionssprecher Korbinian Dunzer war von Lehls Entscheidung sehr überrascht: "Mir war nix bekannt, auch ein Parteiaustritt lag mir persönlich nicht vor." Dunzer sieht zudem keinen Grund für den Wechsel, da es innerhalb der CSU/ÜCW immer problemlos möglich gewesen sei, gegen die eigene Partei zu stimmen und auch Vorschläge anderer Parteien zu unterstützen. "Das ist sehr schade. Wir hätten ihn wegen seiner Erfahrung wirklich gerne weiterhin in der Partei gehabt."
Lehl will ein Zeichen setzen
Klaus Lehl bringt Licht ins Dunkel: "Ich bin nicht aus der Partei ausgetreten, sondern habe nur die Fraktion gewechselt." In seinem 37. Jahr als Mitglied des Eschenbacher Stadtrats schätzt Lehl die Lage anders als Dunzer ein.
Die fraktionsübergreifende Arbeit versteht er als Grundprinzip, das er mit der aktuellen Konstellation des Gremiums gefährdet sieht: "Für mich stimmt das Gesagte nicht immer mit der Praxis überein. Ich sehe, dass sich ein Fraktionszwang aufbauen könnte und nicht alle Fraktionen einbezogen werden." Dass die CSU/ÜCW-Fraktion bei der Wahl des zweiten und dritten Bürgermeisters eigene Kandidaten durchsetzen wollte, sei nur ein Beispiel dafür. Lehl ergänzt, dass er sicher nicht der Einzige sei, der so denke, aber der Einzige, der nun ein Zeichen setze. Thomas Riedl, Fraktionssprecher der Freien Wähler, ist froh über den erfahrenen Zuwachs in den Reihen seiner Fraktion.
Entscheidung nicht aus Feindschaft
Das Wichtigste für Lehl nach seinem Wechsel: "Nun müssen sich alle Beteiligten zusammensetzen und gemeinsam an den besten Lösungen für Eschenbach arbeiten." Nach rund 49 Jahren CSU-Zugehörigkeit falle ihm der Schritt nicht leicht, und die Entscheidung habe er sich wirklich lange und gut überlegt. Sie habe außerdem nichts mit der CDU oder CSU auf Landes- oder Bundesebene zu tun. "Ich mache das auch nicht aus Feindschaft oder Streit. Es war eine reine Gewissens- und Sachentscheidung, wie die Zusammenarbeit aller Parteien in Eschenbach gesichert werden kann."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.