Eschenbach
18.11.2018 - 13:08 Uhr

Mahnungen zum Volkstrauertag in Eschenbach

Die Gedenkansprachen zum Volkstrauertag bekräftigen dessen Notwendigkeit. Millionen Tote der Weltkriege mahnen. Eindringlicher als Zahlen ist aber etwas anderes.

Die Eschenbacher Vereine zeigen ihre Verbundenheit mit den Opfern der Kriege. Die Reservistenkameradschaft stellt die Ehrenposten. Bild: rn
Die Eschenbacher Vereine zeigen ihre Verbundenheit mit den Opfern der Kriege. Die Reservistenkameradschaft stellt die Ehrenposten.

Nach einem Gedenkgottesdienst in der Pfarrkirche, mitgestaltet von der Liedertafel, stellte Bürgermeister Peter Lehr fest: "Vor 100 Jahren standen Millionen Menschen fassungslos vor den Verwüstungen, die der erste Weltkrieg hinterlassen hatte. Elf Millionen Tote waren zu beklagen, eine für damalige Zeit unvorstellbare Größe." Vor den am Kriegerdenkmal versammelten Vereinen, Stadträten, Kirchen- und Behördenvertretern sprach der Bürgermeister von einem Ausmaß an Leid wie nie zuvor. Er blickte zurück auf das Jahr 1922, als die Deutschen erstmals in einer zentralen Gedenkfeier im Reichstag ihrer Gefallenen gedachten und nannte den Volkstrauertag, damals wie heute, einen Tag der Mahnung zum Frieden.

Abermals die Vorstellungskraft übertroffen habe das Leid, das der nur zwei Jahrzehnte später bis zur totalen Vernichtung gesteigerte weltumspannende Krieg hervorgerufen hat. Lehr hatte sich entschlossen, an Stelle von nackten Zahlen Erinnerungen wachzurufen. Er nutzte dazu Auszüge aus Kriegsbriefen, "die uns den Mitmenschen und Kameraden zeigen, der sich getreu seinem Fahneneid für unser Land eingesetzt hat". Er zitierte einen 20-jährigen Theologiestudenten, der im Oktober 1918 aus dem Wald vor Verdun schrieb: "Dahin sind alle Träume von Frieden und Heimat, der Mensch wird zum Wurm und sucht sich das tiefste Loch." Lehr schloss mit einem Gedicht von Erich Kästner, das an die Hölle von Verdun erinnert: "Auf den Schlachtfeldern von Verdun finden die Toten keine Ruhe ... Zwischen Ähren und gelben Blumen, zwischen Unterholz und Farnen greifen Hände aus dem Boden, um die Lebenden zu warnen ... Habt ein besseres Gedächtnis."

Als einen Tag des Gedenkens aber auch der kritischen Reflexion für ein Miteinander in Europa nannte Walther Hermann den Volkstrauertag. "Wer in Kameradschaftlichkeit treu war, in Gefahr unbeirrbar, durch Mut und Sachlichkeit sich bewährt hat, der darf etwas Unantastbares in seinem Selbstbewusstsein bewahren", resümierte Hermann. Der verschiedentlich aufgeworfenen Frage zur Verzichtbarkeit des Volkstrauertages stellte er ein klaren Nein gegenüber.

Einen Ausstieg aus der Geschichte und das Verdrängen des Grauens, das die neueste deutsche und europäische Geschichte geprägt hat, hielt er für unmöglich und rief zu einem Blick zurück auf, "um unsere Verantwortung für das Geschehene zu erkennen und Konsequenzen daraus für unser Handeln abzuleiten". Er wandte er sich mit Aussagen an die Umstehenden wie "Die Zivilisation erkennt man daran, wie sie mit ihren Toten umgeht" und "Die größte Katastrophe ist das Vergessen".

Nach den Gebeten von Pfarrer Thomas Jeschner und Herbert Steinbeck sowie Birgit Drechsler als Vertreter der evangelischen Kirchengemeinde beendete die Stadtkapelle mit dem Lied vom "Guten Kameraden" und der Nationalhymne die Gedenkstunde am Ehrenmal der Stadt.

 
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