(gz) Die sogenannten Engelsstangen mit Hinweisen auf das regionale Handwerk befinden sich seit der Renovierung 1993 wieder an den Wangen der Kirchenstühle. In früheren Zeiten wurden die Zunftstangen traditionell zur Fronleichnamsprozession, bei Namenstagen und Beerdigungen von Handwerkern getragen. Auch bei der Lossprechung der Gesellen spielten die Zunftstangen eine Rolle. Die älteste Zunftsatzung der Eslarner Schneider stammt laut Heimatforscher Hanauer aus dem Jahr 1543 und die erste urkundliche Erwähnung von Zunftstangen reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück.
Die Liebe zur Oberpfälzer Heimat ließ vor 435 Jahren ein vielfältiges Handwerk entstehen. Eine Handwerkersatzung in Eslarn erhielten 1543 die Schneider, 1677 die Maurer, 1631 die Weißbäcker und im 18. Jahrhundert folgten weitere Berufssparten. Im Eslarner Umland sollen in der Zeit knapp über 100 Handwerksmeister und 120 Betriebe tätig gewesen sein. Nach den Überlieferungen von 1861 waren jeweils 1 Drechsler, Gürtler, Glaser, Riemerer, Sailer, Sieber, Melber (Mehlhändler), 2 Bader, 7 Bäcker, 2 Bandweber, 3 Binder, 2 Färber, 2 Gerber, 3 Hafner, 6 Metzger, 5 Müller, 2 Nagelschmieden, 3 Schlosser, 6 Schmiede, 8 Schneider, 15 Schuhmacher, 8 Tischler, 3 Wagner, 24 Weber, 22 Maurer- und 10 Zimmerergesellen ansässig.
Als Zeichen der solidarischen Verbundenheit zu den Ständen schufen unbekannte Künstler die Zunftstangen. In Eslarn wurden diese sichtbaren Zeichen der verschiedenen Handwerker erstmals 1772 erwähnt. Bis in die ersten dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts trugen Handwerker bei der Fronleichnamsprozession oder bei der Lossprechung mit Stolz ihre Zunftstangen. Die Verbindung zwischen Handwerk und der römisch-katholischen Kirche stellt der Heilige Josef mit seinem aus der Bibel überlieferten Beruf als Patron der Zimmerleute und Schreiner, insbesondere am Josefitag mit dem gefeierten Hochfest her.
Nachdem das Brauchtum, das auch bei Beerdigungen eines Handwerkers im Rampenlicht stand, in Vergessenheit geraten ist, kamen die sogenannten Engelsstangen als Zeichen der Verbundenheit zwischen den Ständen und der Kirche in die Pfarrkirche "Mariä Himmelfahrt". Seit der letzten Renovierung 1993 sind die 14 geschnitzten und bemalten Tragestangen des regionalen Handwerks wieder an ihrem ursprünglichen Ort aufgestellt und bereichen an den Wangen der Kirchenstühle die Pfarrkirche.
Die Engel halten kniend oder stehend große Kerzenleuchter und ein Wappenschild mit dem Zunftzeichen der verschiedenen Handwerksberufe in den Händen. Die knienden sind weibliche Engel, wobei die Schreiner und Zimmerer zwei stehende männliche Engel zeigen. Jeweils ein Paar dieser Engelsfiguren tragen die Kerzenleuchter einmal links und einmal rechts, ebenso wechseln die Wappen mit den Handwerkerzeichen.
An vorderster Stelle steht ein kniender Engel mit dem Maurerwappen, das eine Kelle und zwei Ziegelsteine und auf der Frauenseite einen Hammer, eine Kelle und einen Stein zeigen. Dagegen sind auf dem Bäckerwappen Hörnchen und Brot, sowie eine Breze abgebildet. Ein Beil mit Winkel und auf der Männerseite eine lange Baumsäge weisen auf den Zimmererberuf hin. Auch für die Wagner knien die Engel und haben im Wappen beiderseits ein Wagenrad. Für die Schlosser und den Schmied halten kniende Engel ein Wappen mit einem Schloss und gekreuztem Schlüssel und auf der anderen Seite einen Amboss mit Hammer, Zange und Hufeisen. Das Wappen des Schreiners zeigt einen Hobel und Beitel, sowie auf der anderen Seite eine Handsäge. Die letzten in der Runde in Richtung Haupteingang sind die knienden Engel der Metzger, auf deren Wappen ein Ochsenkopf und auf der Männerseite ein Beil und Messer zu sehen sind.
In den letzten Jahrzehnten gaben viele Handwerker ihre typischen alten Berufe wie Wagner, Hafner, Gerber und Fasslbinder auf, da kein Nachfolger gefunden wurde oder der Handwerker verstarb. Einer der letzten Fasslbinder mit Leidenschaft war Leopold Grötsch (Binnerl Leo), der noch per Hand mit den typischen Binderwerkzeugen so manches Fass und Wasserschafferl herstellte.
Auf das verschwundene Traditionhandwerk weisen nur noch die kunstgeschichtlichen Kirchenführer, die sogenannten Engelsstangen mit ihren Zunftwappen oder das Privatmuseum von Traudl Procher in Eslarn hin.
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