Irgendwie hat der in Etsdorf lebende Bildhauer und Grafikdesigner Wilhelm Koch damit gerechnet. Fast jeden Morgen schaute er unweit seines Wohnhauses nach dem Rechten - ob es noch steht, das Reiterstandbild von Angela Merkel. Nach erheblichen Witterungsschäden im Frühjahr hatten Koch und seine Mitstreiter vom Verein der Freunde der Glyptothek Etsdorf die weltweit beachtete Skulptur auf dem Rasen vor dem Tempelmuseum in Etsdorf im Sommer wieder notdürftig hergerichtet. Anfang Juni war bereits der Pferdekopf abgebrochen, eine Merkel-Hand abgefallen, es gab zahlreiche Risse und Abblätterungen.
Zuletzt weiß gestrichen
Zuletzt sah das Reiterstandbild ganz gut aus. Dem Team um Wilhelm Koch war es gelungen, die abgebrochenen Teile wieder zusammenzukleben und die Skulptur mit einer Spezialfarbe neu zu streichen. "Es hatte in der Farbe weiß einen optisch guten Eindruck gemacht", sagt der Künstler. "Erste kleine Risse in den letzten Tagen hatten nichts Schlimmes vermuten lassen." Scheinbar habe das Reiterstandbild dem inneren Druck und der Last trotz aller Rettungsversuche nicht mehr standgehalten. Wie der Verein jetzt mit den Resten umgeht, müsse erst noch geklärt werden. Eines ist klar: Wiederaufbauen kann man die Skulptur mit den Trümmern nicht mehr.
Das Reiterstandbild von Angela Merkel war kurz nach der Bundestagswahl 2021 im Oktober 2021 in Etsdorf enthüllt worden. Damals war klar, dass Merkel bis zum Jahresende aus dem Amt ausscheiden wird. Der Akt wurde international wahrgenommen, viele Zeitungen und Onlinedienste auf der ganzen Welt zeigten Bilder, Korrespondenten mehrerer Nachrichtenagenturen reisten nach Etsdorf in der Gemeinde Freudenberg. Die Skulptur hat es auch in den Wikipedia-Eintrag der Ex-Kanzlerin geschafft.
Aus Beton vom 3D-Drucker
Die Außenskulptur war ergänzend zur Fotoausstellung „Pferd und Reiter/in“ von Till Briegleb im Tempelmuseum Etsdorf entstanden. Die 2,70 Meter hohe, lebensgroße Skulptur zeigte die ehemalige Bundeskanzlerin auf einem Pferd sitzend, gekleidet in ihrem typischen Hosenanzug, die Hände zur Merkel-Raute geformt. Anders als hochherrschaftlich idealisierte Porträts zu Ross wurde die realistisch dargestellte deutsche Regierungschefin a. D. auf keinem Sockel platziert. Sie stand auf einem Rasenstück vor dem Museum mit Blick nach Osten, ohne Sattel und Zaumzeug, im sicheren Stand ihres Reittiers, einem Quarter Horse.
Die aufwendige Realisierung des eineinhalb Tonnen schweren Reiterstandbilds durch Additive Fertigung (3D-Druck) wäre laut Wilhelm Koch ohne die technische Expertise und großzügige Unterstützung der Additive Tectonics GmbH nicht möglich gewesen. "Das Drucken eines statisch filigranen, lebensechten Reiterstandbilds in recyceltem Leichtbeton ist mit Angela Merkels Statue das erste Mal überhaupt gelungen", sagt Koch. Und: "Leider war der damalige 3D-Betondruck nicht sehr haltbar und offensichtlich für den Außenbereich ungeeignet."
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