07.08.2018 - 17:49 Uhr

In den Ferien vom Leben lernen

Pädagogen raten, die Sommerferien zur Erholung zu nutzen. Kindern ist mit einem strengen Lernprogramm nicht geholfen.

Kindern sollen in den Ferien ihre Freizeit genießen. drubig-photo - stock.adobe.com
Kindern sollen in den Ferien ihre Freizeit genießen.

Schüler, Eltern und Lehrer haben Sommerferien. Diese freie Zeit haben sich alle redlich verdient. Doch was ist, wenn Tochter oder Sohn das Schuljahr gerade so mit Ach und Krach bestanden haben, die Noten im Jahreszeugnis nicht gerade glänzend sind? Oberpfälzer Schulpsychologen und Fachverbände wie der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) appellieren an Eltern mit Schulkindern: "Eine mindestens drei- bis vierwöchige Pause muss sein."

Es darf gelernt werden, aber anders als während des Schuljahres. Auf schlechte Noten sollten Eltern keinesfalls mit zusätzlichen Lernwochen oder Strafen reagieren. Der Schulalltag sei anstrengend genug und verlange den Kindern viel ab, warnen Pädagogen. In der ersten Ferienhälfte sollte deshalb auch kein Schulstoff gepaukt werden müssen. Die Schulwelt von heute sei für Kinder genauso mit Stress und Belastung verbunden, wie für Erwachsene die Arbeitswelt.

Streit und Verdruss

Die zweite Hälfte der Sommerferien könne - falls erforderlich - dazu genutzt werden, gezielt Lernstoff zu festigen oder zu wiederholen. Immer wieder würden Pädagogen erleben, dass Eltern in die Rolle des Nachhilfelehrers schlüpften. Da seien Streit, Verdruss und große Spannungen oft vorprogrammiert. "Also keinesfalls von oben herab dazu nötigen", raten Pädagogen. "Es sollte darum gehen, Schwächen in einzelnen Teilbereichen auszugleichen. Nicht darum, den kompletten Stoff eines Schuljahres zu wiederholen."

Eltern sollten gemeinsam mit ihren Kindern "Lehrpläne" erarbeiten, in denen festgelegt werde, was gelernt werden solle. "So steigt die Akzeptanz." Doch Vorsicht: Das tägliche Pensum sollte nicht zu hoch angesetzt werden. "Eine Stunde Lernzeit pro Ferientag reicht völlig aus", raten Fachleute. Der Rest des Tages sollte unbedingt Freizeit bleiben.

Beim Lernen müssen nicht immer schulische Lerninhalte im Mittelpunkt stehen. Lernen kann überall stattfinden.

Tagebuch führen

Grundschulkindern, die sich im Aufsatzschreiben schwer tun, können Eltern ein Ferientagebuch vorschlagen. Darin werden Ausflüge festgehalten. Nicht nur ein kleiner Text, sondern auch ein gemeinsames Photo kann ins Tagebuch kommen. Dazu wird vielleicht eine getrocknete Pflanze eingeklebt, die Eltern und Kinder zusammen erforscht haben. Für eine lebensnahe Mathe-Übung darf der Nachwuchs die zurückgelegten Kilometer addieren, auch Benzinkosten können berechnet werden. "Da lässt sich einiges steigern. Das alles geht aber eher spielerisch über die Bühne."

Auch im Alltag könnten Eltern viel tun, um ihre Kinder zu motivieren. Am wichtigsten jedoch sei die gemeinsam verbrachte Zeit. "Spielen, Zuhören oder gemeinsame Aktivitäten motivieren und spornen Kinder an." Die Eltern sollten dabei stets im Hinterkopf haben: "Es lohnt sich, denn diese Zeiten sind schnell vorbei." Und wenn die Eltern mal nicht können - oft gibt es ja auch Großeltern, die gerne einspringen. Für Erholung und Spaß in den Sommerferien sorgen auch Städte, Gemeinden und kirchliche Einrichtungen mit Freizeitaktionen. Dort können die Kinder auch ihre Freunde treffen.

Wichtig sei, dass Eltern den Druck, den sie selbst spüren, nicht auf ihre Kinder übertragen. "Jedes Kind braucht seine eigene Zeit zum Lernen und jedes Kind sucht sich seinen eigenen Weg", erklären Pädagogen. "Es gibt Kinder, die mehr Zeit brauchen und im Lernen langsamer sind. Sie brauchen diese Zeit auch. Leider bekommen sie die Zeit in unserem beschleunigten Schulsystem nicht."

Kindgerechte Museen

Viel besser sei es, wenn Eltern möglichst viel entspannte Zeit mit ihren Kindern verbringen würden und das Thema Schule keine Rolle spielte. Dies bedeute keinen Verzicht auf Lernen. Die Lernarrangements sollten sich allerdings von denen des Schulalltags unterscheiden. Es gebe viele attraktive Lernangebote, etwa das Lesen spannender Bücher, den Besuch von kindgerechten Museen, in denen experimentiert werden könne, oder Ausstellungen, Bewegung im Freien oder das Beobachten in Tiergärten und Naturparks. "Also lustvolle, leistungsintensive und lebensnahe Dinge ansteuern", raten Pädagogen. Kinder müssen abschalten dürfen. Am besten und nachhaltigsten sei gemeinsam verbrachte Zeit - mit Spielen oder Freizeitaktivitäten - an der frischen Luft. Zu viel Fernseh- und Computer-Konsum stumpfe ab, lähme Lernfreude und Kreativität. Für Erwachsene sei das zwar oft bequem, aber total kontraproduktiv. (cr)

Mal die Seele und die Füße baumeln lassen: Es darf gelernt werden in den Sommerferien, aber anders als während des Schuljahres. Auf schlechte Noten sollten Eltern keinesfalls mit zusätzlichen Lernwochen oder Strafen reagieren. Bild: monropic/stock.adobe.com
Mal die Seele und die Füße baumeln lassen: Es darf gelernt werden in den Sommerferien, aber anders als während des Schuljahres. Auf schlechte Noten sollten Eltern keinesfalls mit zusätzlichen Lernwochen oder Strafen reagieren.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.