Freihung
25.11.2022 - 18:11 Uhr

Europäisches Jugendprojekt Oberpfalz beschwört zum 20-jährigen Bestehen Verständigung über Grenzen hinweg

Das Europäische Jugendprojekt Oberpfalz besteht seit 20 Jahren. Es konnte zu diesem Anlass wieder einmal zeigen, wie sehr die internationalen Partner zusammengewachsen sind.

Mit einem internationalen Projektwochenende in Berlin schloss das Europäische Jugendprojekt Oberpfalz mit Teilnehmern aus sechs Nationen (Deutschland, Frankreich, Indien, Polen, Tschechien und den USA) das Jubiläumsjahr zum 20-jährigen Bestehen unter dem Motto des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge „Versöhnung, Verständigung, Freundschaft – über Grenzen hinweg“ erfolgreich ab. Höhepunkt war die Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde zum Volkstrauertag des Volksbundes im Plenarsaal des Bundestages.

Früh aufstehen musste die siebenköpfige tschechische Delegation aus der mit dem Markt Freihung partnerschaftlich verbundenen Kleinstadt Plasy (20 Kilometer nördlich von Pilsen) unter der Leitung der Schuldirektorin Lorenzová Markéta vom SOS-Gymnasium, um zur Abfahrt um 7 Uhr in Freihung in den von Marktrat Oliver Schmidt gesteuerten Reisebus einsteigen zu können.

Größte Kriegsgräberstätte

Zur Mittagszeit erreichte die Reisegruppe die Bildungs- und Begegnungsstätte Halbe des Volksbundes, etwa 60 Kilometer südlich von Berlin. Dort besichtigte man den sieben Hektar großen Waldfriedhof, auf dem über 26.000 Kriegstote, Soldaten wie Zivilisten, zumeist Opfer in der Kesselschlacht um Halbe im Frühjahr 1945, ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Mit einer kurzen Andacht durch den Freihunger Pfarrer Benny Joseph gedachten die Teilnehmer der unzähligen Kriegstoten – auch derer der Neuzeit, wie aktuell in der Ukraine, und legten jeweils eine weiße Rose zum Gedenken auf einzelne Grabstellen unbekannter Soldaten nieder. Am Abend stieß die separat anreisende französische Delegation mit Bürgermeisterin Nicole Oury aus dem elsässischen Diemeringen sowie die mittlerweile pensionierte Deutschlehrerin Marta Hebda aus dem polnischen Krakau planmäßig zur Projektgruppe.

Im Mittelpunkt des zweiten Tages standen Museumsbesuche. Zum einen der Gedenkstätte Berliner Mauer, wo im Detail der schematische Aufbau der trennenden Mauer zwischen Ost- und Westberlin in der Zeit von 1961 bis 1989 zu sehen ist. Nachdenklich stimmte die Gruppe besonders die Erinnerungsstätte für die Maueropfer mit bildlichen Darstellungen, darunter auch mehrerer Kinder im Vorschulalter. Zum anderen das erst im Juni 2021 eröffnete Dokumentationszentrum „Flucht, Vertreibung und Versöhnung“. Dort wird eindrucksvoll über die Auswirkungen von politischer, ethnischer und religiös begründeter Zwangsmigration – vor allem der im 20. Jahrhundert in Europa – aufgeklärt.

Herausragende Jugendarbeit

Beim Projektabend im Gasthaus Hopfingerbräu neben dem Brandenburger Tor blickte Vorsitzender Hartmut Schendzielorz auf die 20-jährige bewegte Geschichte des Jugendprojekts zurück. Er zeigte sich sehr dankbar und auch zutiefst bewegt, dass das von ihm ins Leben gerufene Projekt über zwei Jahrzehnte mit dem Grundmotto des Volksbundes „Versöhnung über den Gräbern – Arbeit für den Frieden“ herausragende Jugendarbeit leisten konnte. Er erwähnte speziell die Gründungspartner Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Markt Freihung und die französische Gemeinde Diemeringen im Elsass, die vier örtlichen Feuerwehren und die danach dazugekommenen internationalen Partner aus Polen und Tschechien. „Ohne die Unterstützung dieser Partner und der weiteren Mitglieder in der Projektleitung wäre dieses international ausgerichtete Vorhaben nicht umsetzbar gewesen“, betonte Schendzielorz.

Die Teilnahme an der zentralen Gedenkstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Volkstrauertag am Sonntag im Plenarsaal des Bundestages war der Höhepunkt der Reise. Auf Einladung des Volksbund-Präsidenten Wolfgang Schneiderhan, der sich beim abschließenden Empfang auch Zeit nahm für Gespräche mit der Projektleitung und Jugendlichen, durfte die gesamte Reisegruppe des Jugendprojekts auf der Tribüne Platz nehmen.

Mit den fragenden Worten „Nie wieder Krieg?“ begann die Rede von Schneiderhan, der die zerstörte Hoffnung und die Reaktionen auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine in den Mittelpunkt der Gedenkstunde stellte. Als globales Vorbild bezeichnete der lettische Staatspräsident und Hauptredner Egils Levits die deutsche Vergangenheitsbewältigung nach dem Zweiten Weltkrieg. „Die Deutschen haben den Weg in eine grenzüberschreitende Rechts- und Wertegemeinschaft nach 1945 geebnet. Russland ist ein krasses Gegenbeispiel dazu“, betonte der Ehrengast. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte nannte Levits als den tiefen Grund für den Zusammenhalt der Europäischen Union, des gesamten Europas und des Westens im weiteren Sinne.

"Nie wieder Angriffskrieg!"

Die Mitgliedschaft in der Europäischen Union verglich der Gastredner mit einem Gütesiegel, das nicht entwertet werden dürfe. Er gedachte zum Schluss der Opfer in der Ukraine und bekräftigte den Willen in einem vierfachen „Nie wieder! – Nie wieder Angriffskrieg, Völkermord, Unfreiheit und Unrechtsregime!“.

Der Amberg-Sulzbacher Landrat Richard Reisinger, Vizepräsident des Volksbundes, begrüßte die Projektteilnehmer beim anschließenden Empfang und würdigte die Projektleitung für 20 Jahre herausragende Jugendarbeit im Sinne des Volksbundes. Gleichzeitig dankte er zusammen mit dem stellvertretenden Generalinspekteur der Bundeswehr, Generalleutnant Markus Laubenthal (den Oberpfälzern bestens aus seiner Zeit als Brigadekommandeur der Panzerbrigade 12 in Amberg von 2012 bis 2014 bekannt), dem teilnehmenden Kommandeur des mit dem Markt Freihung seit über 15 Jahre partnerschaftlich verbundenen Versorgungsverbandes 18. Combat Sustainment Support Battalion aus Grafenwöhr, Lieutenant Colonel John Abella, für dessen truppeninterne Sammlungen Jahr für Jahr zum Wohle deutscher Soldatengräber. In diesen Dank schlossen beide auch die Sammler der Reservistenkameradschaften und die vom Bayerischen Soldatenbund, der durch den Kreisvorsitzenden Norbert Bücherl vertreten wurde, mit ein.

Hintergrund:

Europäisches Jugendprojekt Oberpfalz

  • Gründung: 2002 auf Initiative von Hartmut Schendzielorz
  • Zweck: Förderung des Andenkens an Verfolgte, Kriegs- und Katastrophenopfer einschließlich der Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstätten sowie die Förderung internationaler Gesinnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des Völkerverständigungsgedankens
  • Verwirklicht durch: Projektwochen mit Jugendlichen aus mehreren Ländern zur Förderung des Friedens und der internationalen Verständigung, oft verbunden mit Arbeit auf Kriegsgräberstätten
Freihung17.02.2022
 
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