Die Theatertradition in Freudenberg feiert Geburtstag: Seit 75 Jahren wird in dem Dorf am Johannisberg Laientheater gespielt, seit 25 Jahren gibt es den Verein Freudenberger Bauernbühne. Anlass genug für einen Festabend im Gasthof Dotzler, zu dem die Schauspielgruppe viel lokale Prominenz und alte Weggefährten begrüßen konnte. Statt langer Reden und Grußworte gab es eine von Andreas Hahn moderierte Bilder- und Videoschau. Schon bald war klar, dass die zweieinhalb Stunden, die man dafür angesetzt hatte, aufgrund der Vielzahl der zurückliegenden Aktivitäten nicht ausreichen. Trotzdem blieb der Abend äußerst kurzweilig.
Anekdoten von Reinhold Escherl
Das lag vor allem an den Anekdoten, die die Beteiligten auf der Bühne erzählten, wie etwa die Geschichte, als Reinhold Escherl in München den verstorbenen Volksschauspieler Toni Berger kennenlernte. "Wir waren dann sogar auf den Leichtrunk eingeladen", erzählte Escherl. Berger war Escherls großes Vorbild, vor allem in der Rolle des Boandlkramers im Stück "Der Brandner Kaspar und das ewige Leben". Dieses Stück, in Freudenberg in den Jahren 2002, 2006, 2012 und 2018 unter freiem Himmel aufgeführt, hat dem ganzen Ort einen Stempel aufgedrückt. "Da war fast das ganze Dorf dabei. Das hat etwas mit uns gemacht", blickte Brandner-Darsteller und Regisseur Benno Schißlbauer auf die Euphorie und das Gemeinschaftsgefühl zurück. "Den Brandner nimmt uns keiner. Der bleibt uns", sagte er.
Die Brandner-Aufführungen waren Mammutprojekte, hinzu kommen zahlreiche andere Stücke, die im Wutschdorfer Pfarrsaal, aber auch an anderen Spielorten geboten wurden: Herbergssuche als Marschiertheater, Amberger Welttheater oder etwa das legendäre "Der Tod, das Mädchen und der Fluss" mit dem Flussbett der Vils als Bühne. Dass auch die Stadt Amberg oft von der Freudenberger Laienspielschar profitierte, zeigte sich an den Gratulanten: Oberbürgermeister Michael Cerny war gekommen, Landrat Richard Reisinger, Alt-OB Wolfgang Dandorfer, der ehemalige Kulturreferent Norbert Fischer, Ex-Bundestagsabgeordnete Barbara Lanzinger und der Vorsitzende der Park- und Werbegemeinschaft, Andreas Raab.
Extra-Lob für die Mundartpflege
"Euer Engagement war und ist wichtig", sagte Dandorfer. "Vor allem weil Ihr den Dialekt pflegt und einsetzt." Die Freudenberger Bauernbühne habe geholfen, den Stellenwert der Mundart zu heben. "Was ist da in den 1970er-Jahren falsch gemacht worden", blickte Dandorfer selbstkritisch zurück. Damals sei propagiert worden, dass sich der Dialekt ausgemerzt gehöre. "Dabei weiß jeder, dass sich Mundartsprecher gerade beim Sprachenlernen oftmals leichter tun." Michael Cerny dankte der Bauernbühne für die vielen kulturellen Impulse in der Stadt. Dabei verriet er, dass das Welttheater bei seiner Neuauflage wohl den Mariahilfberg verlässt und an eine neue Spielstätte zieht.
Breiten Raum nahm beim Festabend die Nachwuchsförderung ein. Aushängeschild ist hier die Junge Bühne Freudenberg, die 2015 Premiere hatte und auch abseits des Bauerntheaters unterwegs ist. In Erinnerung geblieben ist vielen das Stück "Oh leck!" mit der Landung eines blauen Außerirdischen in Freudenberg. Der Titel des Stücks hat sich mittlerweile zum Freudenberger Faschingsschlachtruf verselbständigt. Die Nachwuchsarbeit beginnt schon im Kindergarten, wo die Engel für die Krippenspiele ein- und ausgehen. Oder noch früher: Beim Brandner Kaspar waren Kinder dabei, die gerade erst das Laufen gelernt hatten.
Klassiker im Sommer
Auch heuer wird es wieder Bauerntheater in Freudenberg geben: Geplant ist eine Serie von Aufführungen des Klassikers "Dirndl, mach's Fensterl auf" im Juli unter freiem Himmel im Stechweber-Hof in Wutschdorf. Das Stück hat die Bühne bereits 1999 und 2009 gespielt und hält eine Paraderolle für Reinhold Escherl bereit. Escherl will sich heuer nach 47 aktiven Jahren von der Bühne verabschieden. Selbstverständlich gab es an dem Abend Applaus für ihn, aber auch für die vielen Helfer im Hintergrund. Beispielsweise für Helga Vogt, die gute Seele der Küche. Beim Krimi-Dinner zauberte sie mit ihrem Team an Dutzenden Abenden hintereinander erstklassige Vier-Gänge-Menüs für jeweils rund 100 Besucher.
75 Jahre Theater in Freudenberg
- Erste Aufführungen nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Dorfjugend.
- Ab 1963 übernahm Martin Solfrank die Spielleitung der Theatergruppe, die damals Teil der Landjugend Wutschdorf war.
- Von 1976 bis 1981 zeichnete Walter Daubenmerkl für die Laienspielgruppe verantwortlich.
- 1982 bis 1989 zahlreiche Aufführungen unter Spielleiter Reinhold Escherl, Umbenennung in Freudenberger Bauernbühne.
- Seitdem führt Benno Schißlbauer Regie, seit 1997 jährlich jeweils ein Frühjahrs- und ein Herbststück.
- 1998 Gründung des Vereins Freudenberger Bauernbühne.
- Mehrere Auszeichnungen, darunter der Bayerische Amateurtheaterpreis Larifari 2016 und 2019 und der Bayerische Heimatpreis 2018.
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