Die Atemschutz-Attrappen sehen ganz schön echt aus. Mit Helm, Handschuhen und überklebter Maske tappen die Jugendlichen auf fiktiver Personensuche durch einen Raum voller Hindernisse im ersten Stock des Frotzersrichter Feuerwehrhauses. Sie üben für den Ernstfall, für jenen gar nicht so fernen Zeitpunkt, wenn sie als 16-Jährige zum ersten Mal mitkommen dürfen zu einem richtigen Einsatz. Vor allem aber lernen sie spielerisch und mit viel Spaß mit Technik umgehen, mit schwer kalkulierbaren Situationen und immer im Team.
"Bei Panik bitte Bescheid sagen", warnt Jugendwartin Miriam Hierold. "Auch mal auf den Bauch legen, wenn es eng wird", gibt sie der Vierer-Gruppe Tipps, die sich als erste durch den Hindernis-Parcours bewegt. Insgesamt sind es drei Gruppen, denn inzwischen bringen sich zwölf Jugendliche bei der Feuerwehr ein. Dabei sah es vor acht Jahren gar nicht gut aus mit Nachwuchs für die kleine Ortsfeuerwehr mit derzeit knapp 200 Mitgliedern.
Aufbauarbeit war angesagt, als Jugendwartin Anja Frank 2014 so richtig loslegen wollte. "Damals hatten wir gar keine Jugendlichen", erinnert sich die inzwischen 29-Jährige. Flyer wurden verteilt, man ging von Haus zu Haus und bot ein Schnuppertraining an. Einer, der bei diesem "Fischzug" hängen blieb, ist Paul Hermann. Heute ist er selbst Jugendwart, teilt sich die Aufgabe mit Miriam Hierold und weiß noch genau, wie er sich zum Dienst bei der Feuerwehr überreden ließ.
"Ich wollte erst gar nicht, weil ich schon beim Handball aktiv war", sagt Hermann. Dann kam er doch zum Schnuppertraining an die Dorf-Kreuzung, wo der Hydrant angezapft wurde. Der damals Zwölfjährige war es, der das Signal "Wasser marsch!" geben durfte. Da war der Bann gebrochen. Zusammen mit fünf weiteren Jugendlichen hangelte sich Hermann über die modulare Trupp-Ausbildung von Abzeichen zu Abzeichen.
Anschluss garantiert
"Inzwischen ist das mit dem Nachwuchs ein Selbstläufer", erklärt seine Kollegin Miriam Hierold den Sog, der Geschwister und Freunde anlockt. "Alle zwei Jahre kommt ein neuer Schwung", freut sich Feuerwehr-Kommandant Florian Schanderl. Die ehemalige Jugendgruppe sei inzwischen eine Stütze der aktiven Wehr. "Wir schauen darauf, dass die jungen Leute mit 18 dann nicht in ein Loch fallen, wenn bei den Aktiven nur alle vier Wochen geübt wird", erklärt er und hat deshalb gleich Posten wie Gerätewart oder Verwaltungsrat verteilt.
Die Jugendlichen üben jede Woche. "Das hört sich viel an, aber man muss kreativ sein und etwas bieten, schließlich konkurriert man mit vielen andern Vereinen", weiß Hierolds Vorgängerin Anja Frank. Diese Konkurrenz sieht auch Hans-Jürgen Schlosser, Pressesprecher für den Kreisfeuerwehrverband Schwandorf und verweist auf den Faktor "Zeit". "Viele haben andere Schwerpunkte", stellt er klar. Ein Erfolgsgarant sei natürlich das Engagement des Jugendwarts. "Er ist der Impulsgeber, auf ihm lastet eine enorme Verantwortung, wenn er Nachwuchs generieren soll."
Die Jugendlichen spüren noch nichts von dieser Last, wenn sie in drei parallel agierenden Gruppen Schläuche abrollen, mit Material aus dem Fahrzeug eine Schaukel bauen oder eben mit den Atemschutz-Attrappen eine Personensuche in dichtem Rauch simulieren. "Dafür haben wir die Geräte", kommentiert der Kommandant diese kreativen Spiele. "Die Jugendlichen dürfen bei uns auch bei den Aktiven mitmachen, sie sollen nicht als Störfaktor empfunden werden oder als jemand, der einem den Platz im Feuerwehrauto wegnimmt", sagt Frank. "Ich glaube, dass sich auch die Älteren freuen, wenn sie den Jüngeren etwas beibringen können", ergänzt Schanderl.
Hilfe für "Fauchi"
Oben im ersten Stock hat das erste Team schließlich "Fauchi", das "hilflose Wesen" im Küchenregal ertastet und dabei gemerkt, wie schnell man ohne Sicht die Orientierung verliert. Der C-Schlauch ist schon wieder aufgerollt. "Beim dickeren B-Schlauch, da tun dir nach zehn Meter schon die Arme weh", klärt einer aus Jugendgruppe die Reporter von Oberpfalz-Medien auf, der habe auch eine doppelt so große Kupplung.
Paul Hermann hat unterdessen die improvisierte Schaukel getestet. "Ich lebe noch", stellt er mit einem zufriedenen Grinsen fest. Mit Aktionen wie einer Online-Feuerwehr-Stunde, einem Quiz-Duell oder Rätseln á la Montagsmaler hat die Jugendgruppe auch den Lockdown in der Pandemie überlebt. "Wir sind tatsächlich gut aus der Corona-Krise gekommen", bestätigt Feuerwehr-Sprecher Schlosser den Trend im Landkreis Schwandorf, "und wir gewinnen wieder". "Die Jugendlichen wollen sich einbringen, und wir bieten ein breites Spektrum an Kompetenz", macht er deutlich. Gerade in der "Ellenbogen-Gesellschaft" sei das sehr wichtig.
Damit das klappt, ist aus Sicht der Betreuer auch der soziale Faktor neben den Erfolgserlebnissen entscheidend: Gemeinsam grillen, campen oder kegeln, Freizeit-Angebote gehören für sie dazu. Darunter fällt letztlich auch der letzte Teil beim wöchentlich Treffen, die "Kuchen-Übung". Jetzt, wo es doppelt so viele Jugendliche sind wie beim Start vor acht Jahren, könnte es mit den zu verteilenden Stücken doch knapp werden, oder? Die beiden Jugendwarte haben vorgebaut: "Der Kuchen reicht", sind sie sich sicher. Weitere Bilder auf:onetz.de/
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