Fuchsmühl
26.08.2019 - 13:11 Uhr

Umdenken in der Forstwirtschaft

Revierförster Eckhard Deutschländer ist in großer Sorge um seinen Wald. Als Gründe dafür nennt er die Folgen der Trockenheit und die damit verbundene Borkenkäferplage. "Wir müssen umdenken", mahnt er mit Blick auf die Forstwirtschaft.

Das Innere der Rinde zeigt deutliche Spuren, die sowohl vom Buchdrucker, als auch vom Kupferstecher herrühren. Bild: wro
Das Innere der Rinde zeigt deutliche Spuren, die sowohl vom Buchdrucker, als auch vom Kupferstecher herrühren.

Der rund 900 Hektar große Wald bei Fuchsmühl ist seit über 80 Jahren im Besitz der Stadt Augsburg. Dafür zuständig ist Revierförster Eckhard Deutschländer, der zu einem Besuch an den Hackelstein eingeladen hat. Der Fuchsmühler Hausberg aus Granitgestein ist ein beliebtes Rast- und Wanderziel.

Bis vor wenigen Tagen noch machte ein Schild darauf aufmerksam, dass der vorbeiführende Weg gesperrt sei. Zudem warnte es vor den dringend erforderlichen Holzfällungen, die aber keineswegs aus wirtschaftlichen Gründen erfolgten. "Schauen Sie sich doch einmal um", klagt der Förster und deutet auf die inzwischen abgeholzten Flächen und die herumliegenden Fichtenäste. Dass rund um das Naturdenkmal kranke Bäume standen, die nach und nach gefällt werden mussten, schmerzt ihn sehr.

Berge an Bohrmehl

Ein paar Meter weiter unten, an einer Weggabelung, stapeln sich gefällte Fichtenstämme, die auf den Abtransport warten. Darauf liegen kleine Berge an Bohrmehl. "Das türmt sich oft wie Schnupftabak", verweist Deutschländer auf die hier zwar wenigeren, aber ebenso deutlichen Begleiterscheinungen, für die die Käferarten Kupferstecher und Buchdrucker verantwortlich sind. "Der Kupferstecher, der sich von der Baumspitze nach unten arbeitet, haust wie die Sau", so der Förster. "Er war bei mir im Steinwaldrevier bislang unbekannt und ist seit dem vergangenen Jahr rasant aufgetreten." Deutschländer redet von "Vollalarm" und rechnet vor: "Ein Mutterkäfer bedeutet bis zu 100 000 Folgetiere pro Saison."

Nach einem weiteren Waldfeind braucht er nicht lange suchen. Wenige Augenblicke später präsentiert er das Innere einer Rinde. "Der grau-weiße Belag ist der Hallimaschpilz, der sich in den jüngeren Beständen - vom Stammfuss beginnend bis zu einer Höhe von drei Meter - hoch arbeitet." Die Bäume sterben nicht am Pilz, sondern an den Folgeschäden, verursacht durch die Schwächung des Immunsystems. Deutschländer fasst zusammen: "Wir befinden uns in einer Lage, wo es nicht nur um die klassische Borkenkäfer-Bekämpfung, sondern um die Zukunftsfähigkeit des Waldes geht. Es geht um das Überleben der Fichte an sensiblen Standorten, wo ein ganzflächiges Absterben festzustellen ist."

Der Fachmann beklagt den fehlenden Regen. "Ich bin oft in den Wald gegangen und musste feststellen, dass es überall kracht und hab' mir gedacht: Wie kann er das nur aushalten?" Der Wald habe nicht sofort reagiert. "Ab Oktober 2018 ist dann die Post abgegangen", blickt der Förster auf den zurückliegenden Herbst zurück. "Ab Frühjahr stellte ich dann eine erschreckend hohe Befallsquote und ein deutliches Mehr an Bohrmehl fest." Das Waldareal weist zudem auch eine geologische Besonderheit auf. Die Bäume wachsen zum Teil auf Granit-, zum anderen Teil auf Basaltboden, der sich nach dem "Steinernen Brünnerl" - einem Quellgebiet - nach Osten fortsetzt.

Die Problematik erläutert Deutschländer bei einem anschließenden Gespräch im Forsthaus. Basalt sei ein schlechter Speicher für Wasser-Notzeiten, das der Fuchsmühler mit der flachen Bodenbeschaffenheit begründet. "Die Trockenheit wirkt sich dort anders aus, als in den Granitgebieten, die dafür besser geeignet sind", meint er und mahnt zum Umdenken in der Forstwirtschaft.

Alternative Baumsorten

Deutschländer spricht von resistenteren Pflanzen, die mit der lang andauernden Hitze und der damit verbundenen Trockenheit und deren Folgeschäden deutlich besser umzugehen wissen, als der Flachwurzler Fichte, der den vorhandene Mischwald die Flüssigkeitsnahrung zu allem Überfluss auch noch raubt. Auch bei den etwas stärkeren Bäumen sei die Lage kritisch. Der Förster meint damit die Ahornbäume, Eschen und Eichen. "Täglich wurden es mehr Bäume, um die ich mir Sorgen machen musste."

Bereits seit geraumer Zeit macht er sich Gedanken, wie man dem entgegentreten kann. Schon seit Jahren lässt er alternative Baumsorten pflanzen und bringt Douglasien, Elsbeeren, Kirschen, Esskastanien, aber auch Wildbirnen und den Nussbaum ins Spiel. Selber besitzt er eine Küche aus Birnbaumholz, unter anderem - daheim - auch einen Tisch aus Zwetschgen- und Apfelgehölz. "Die Edelhölzer werden immer gesucht sein." Platanen anzusiedeln sei aber schwierig. Sie vertragen keinen Schatten. Deutschländer: "Mit der Zeit lernt man, wie der Hase läuft." Als eine "Wahnsinns-Aufgabe", fasst er seine Experimente zusammen, die ihm zwar Hoffnung bereiten, für die er aber viel Geduld braucht.

Arten verschwinden

"Unser Prinzip muss lauten: maximale Vielfalt und Diversifizierung. Es wird der Fall eintreten, dass manche Baumarten verschwinden, daher brauchen wir stabile Alternativgerüste an bauholztauglichen Sorten." Seiner Meinung nach sei das die Tanne, weil sie tiefer wurzelt und andere Bodenschichten erschließt. Dazu kommt ein weiteres Problem: die jungen Pflanzen - Deutschländer redet von 25 000, die bereits gepflanzt wurden - müssen geschützt werden. "Sie sind ein Leckerbissen für das Wild."

Deutschländer wird und will den Kampf aber nicht aufgeben: "Borkenkäfer und seine Verbündeten werden mich bis zu meiner Rente beschäftigen", befürchtet der Revierförster und bedauert: "Ich fühle mich als Totengräber meines Waldes, der mir und allen ein Heiligtum ist." Den Ausdruck "Waldsterben" lehnt er ab. "Wir haben ein Klimaproblem." Schließlich kommt er auch auf die aktuelle Klimaschutz-Diskussion zu sprechen: "Die beste CO2-Senke ist eine intelligente Holznutzung. Nichtnutzung ein Irrläufer." Verbrennen sei die schlechteste Alternative, weil damit sofort CO2 freigesetzt werde.

"Holz ist ein wichtiger Kohlendioxid-Speicher. Zudem produziert das Wasserreservoir Wald wertvollen Sauerstoff. Von den anderen Vorteilen ganz zu schweigen." Nie hätte er gedacht, dass es zu solch einer Situation komme. "Wenn man vor drei Jahren gesagt hätte, dass Bäume durch Trockenheit sterben, hätte ich ihm den Vogel gezeigt." Er betont: "Wir werden immer einen Wald haben. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass bestimmte Bereiche kürzere Lebenszeiten haben werden, verursacht durch bekannte, aber auch hier noch nicht bekannte, eingeschleppte Schädlinge." Man lebe schließlich in einer globalen Welt. Vorbeugung gehe nur durch Mischung.

Der Käfer scheint gebremst zu sein. Förster Eckhard Deutschländer bedauert aber sehr, dass im Bereich des Hackelsteinfelsens deutlich aufgeräumt werden musste. Bild: wro
Der Käfer scheint gebremst zu sein. Förster Eckhard Deutschländer bedauert aber sehr, dass im Bereich des Hackelsteinfelsens deutlich aufgeräumt werden musste.
Bohrmehl ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Stamm unerwünschten Besuch bekommen hat. Bild: wro
Bohrmehl ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Stamm unerwünschten Besuch bekommen hat.
Das Gelände am Hackstein ist übersät von den übrig gebliebenen Spuren der Baumfällaktionen, die dem Förster Kopfzerbrechen bereiten. Bild: wro
Das Gelände am Hackstein ist übersät von den übrig gebliebenen Spuren der Baumfällaktionen, die dem Förster Kopfzerbrechen bereiten.
Die Sperrung des Wanderweges am Felsgelände Hackelstein ist nicht mehr notwendig. Das Schild nimmt Eckhard Deutschländer wieder mit nach Hause. Bild: wro
Die Sperrung des Wanderweges am Felsgelände Hackelstein ist nicht mehr notwendig. Das Schild nimmt Eckhard Deutschländer wieder mit nach Hause.
Nördlich des Fuchsmühler Schlosses lagern derzeit rund 800 Festmeter Holz. Die Bestände sollen nach und nach abgebaut werden. Bild: wro
Nördlich des Fuchsmühler Schlosses lagern derzeit rund 800 Festmeter Holz. Die Bestände sollen nach und nach abgebaut werden.
Hintergrund:

Gerade noch rechtzeitig

6 300 Festmeter pro Jahr werden laut Deutschländer normalerweise im Fuchsmühler Wald geschlagen. Zurückblickend auf die vergangenen 12 Monate spricht er von bereits 15 000, davon allein heuer von rund 10 000 Festmetern. Davon liegen noch 4 200 Festmeter Holz in Wiesau und gut 800 am Fuchsmühler Schloss, die an beiden Standorten zwischengelagert wurden, um der Plage Herr zu werden. Nach und nach werden die Holzberge abgebaut, die Stämme an die Kunden veräußert.

"Bis Weihnachten sollen die externen Lagerplätze leergeräumt sein", so der Revierleiter, der zudem auch von einem "immensen, finanziellen Schaden" spricht. Deutschländer verweist auf den fallenden Holzpreis und einer Drittelung im Vergleich zu vor fünf Jahren. Er wehrt sich vor Angriffen wie "Waldplünderung aus Profitgier". "Die Leute sehen das freilich kritisch", bestätigt der Fuchsmühler. Man müsse aber, so weh es tue, konsequent entfernen. "Mir ist aber folgendes geglückt: ich habe es geschafft, Unternehmer zu gewinnen, die das Holz transportieren bzw. ankaufen." Als "gerade noch rechtzeitig" bezeichnet er den Start der Aktion. "Ich will nicht unken, aber ich meine, dass der Wald dadurch wieder stabil wurde." Inzwischen ist die Rettungsaktion abgeschlossen. Damit konnte auch der Einsatz von Pestiziden vermieden werden. Trockenschäden seien aktuell nicht mehr festzustellen. (wro)

 
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