Gebenbach
22.08.2022 - 16:18 Uhr

Fernwärme von Biogasanlage für Gebenbach und Atzmannsricht

In einer Bürgerversammlung wird über eine mögliche Wärmeversorgung der Ortschaften Gebenbach und Atzmannsricht per Fernwärme aus der Biogasanlage informiert. Zur Überraschung des Bürgermeisters ist das Interesse daran größer als gedacht.

"Jetzt bin ich seit 26 Jahren im Amt", sagte Bürgermeister Peter Dotzler, "aber so voll wie heute habe ich den Gasthof Obermeier noch nie erlebt." Das beweise aber nur, dass das Thema „Energie“ in aller Munde ist. Neue Ölheizungen dürften mit wenigen Ausnahmen ab 2026 nicht mehr installiert werden. Doch wie versorgen wir uns dann mit Wärme? Die Gemeinde Gebenbach hatte zu einer Bürgerversammlung über die geplante Wärmeversorgung der Ortschaften Gebenbach und Atzmannsricht eingeladen. Die Saalabtrennung musste raus, dafür weitere Tische und Sitzgelegenheiten rein, denn schließlich wollte man wissen: Was plant Sebastian Kraus aus Atzmannsricht mit seiner Biogasanlage? Und wie stuft das Institut für Energietechnik (IfE) an der OTH Amberg-Weiden die Chancen für eine bezahlbare Wärmeversorgung ein?

Peter Dotzler wies darauf hin, dass sich fossile Energieträger durch den steigenden CO2-Zuschlag immer mehr verteuern werden, aber was sei die Energie der Zukunft? Bei Neubauten könnte man Luft- oder Erdwärmepumpen nutzen, eventuell auch auf Holz umsteigen. In der Gemeinde Gebenbach, so Dotzler, laufen derzeit zwei Biogasanlagen, eine im Gewerbegebiet West, die andere in Atzmannsricht. Aktuell plane der Atzmannsrichter Sebastian Kraus, seine Biogasanlage zu vergrößern, um mit der anfallenden Wärme über Fernwärmeleitungen Gebenbach und Atzmannsricht mit Wärme zu versorgen. Wer das Fernwärmenetz baut und unterhält, das sei derzeit noch offen. Dotzler sagte, dass eine GmbH & Co KG oder eine Bürgergenossenschaft, an der jeder Anteile zeichnen kann, im Gespräch seien. Nun soll eine weitere Umfrage bis Mitte September Klarheit bringen, wie Gebenbachs Bewohner zur Wärmeversorgung für ihren Ort stehen.

Fachmann von der OTH

Peter Nefe, Master of Engineering und Projektleiter am Institut für Energietechnik an der OTH Amberg-Weiden, meinte, dass „wir offensichtlich ein brisantes Thema“ zu besprechen haben, denn viel größer könnte das Interesse hier in Gebenbach nicht sein. Der Ukrainekrieg habe die Lage zusätzlich verschärft, Öl und Gas werden knapp und die Preise für Öl, Gas und Strom kennen nur eine Richtung, nach oben. Deutschland versorge sich im Wärmesektor derzeit zu 16,5 Prozent mit erneuerbaren Energien und wenn Gebenbach von einer Biogasanlage mit Fernwärme versorgt wird, sei das eine zukunftsfähige Lösung.

Nefe erläuterte anschaulich den Aufbau des künftigen Wärmenetzes mit flexiblen oder starren Rohrsystemen, wies auch auf unvermeidbare Wärmeverluste zwischen Erzeuger und Abnehmer hin. Er bezeichnete die „spezifische Wärmebelegungsdichte“, den Nutzwärmeabsatz pro Trassenmeter, als die wichtigste Kenngröße, um die für den Endabnehmer anfallenden Kosten kalkulieren zu können, auf die sich ein Wärmeversorger ohne konkrete Abnehmerzahl derzeit nicht festlegen könne. Eine Biogasanlage als Wärmeerzeuger sei auf eine Betriebsdauer von 20 bis 25 Jahre ausgelegt. Wer sich für den Bezug von Fernwärme entschließe, müsse keine aufwendigen Montagearbeiten befürchten, denn anstelle der alten Ölheizung werde eine „Wärmeübergabestation“ eingebaut und an das vorhandene Heizungsnetz angeschlossen.

Ausdrücklich wies Peter Nefe darauf hin, dass gewisse Nachteile unvermeidbar seien. Wie hohe Anfangsinvestitionskosten und größere Baumaßnahmen, um die Fernwärmeleitungen zu verlegen. Als wesentliche Vorteile sieht er den Wegfall des Wartungsaufwands für die Ölheizung, der regelmäßigen Brennstoffbeschaffung und der Kosten für den Kaminkehrer. Der bisherige Lagerraum für Heizöl könne anderweitig genutzt werden. Nicht zu vergessen sei, dass der Versorger für Fernwärme bei der Wärmeerzeugung eine größere Effizienz habe als viele Einzelerzeugungsanlagen.

Chancen auf Förderung

Über die staatliche „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ könne sich der Anschluss an ein Fernwärmenetz mit 25 Prozent fördern lassen, wenn die Fernwärme zu mehr als 55 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugt wird, so der Projektleiter. Werde dann auch noch eine alte Ölheizung ersetzt, erhöhe sich die Förderung um weitere 10 Prozent. Zur Wirtschaftlichkeit der Fernwärme meinte der Projektleiter, dass die Fernwärme unter dem Strich pro kWh etwa 12 bis 14 Cent koste, was für einen Endabnehmer jährlich zwischen 2400 Euro und 2800 Euro bedeute. Wichtig hierbei sei auch, dass in diesen Kosten schon die Investitionskosten für das Wärmenetz berücksichtigt sind. Der spätere Arbeitspreis pro kWh werde deutlich günstiger sein, betonte Nefe ausdrücklich. Werde Wärme durch Wärmepumpen, Pellet- oder Ölheizung erzeugt, koste die kWh teilweise mehr als das Doppelte. Neben wirtschaftlichen Vorteilen sei zu berücksichtigen, dass durch regionale Wertschöpfung mit Wärmeerzeugung zu Hundertprozent aus Biomasse die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten wegfalle.

Umsetzung bis 2024

"Wenn meine Pläne optimal laufen, wird sich bis 2024 wohl jeder in Gebenbach und Atzmannsricht noch selbst um seine Wärmeversorgung kümmern müssen", so Sebastian Kraus, dann habe er die Leistungsfähigkeit seine Biogasanlage so weit ausgebaut, dass er für beide Orte sicher Fernwärme liefern kann. Biogasanlagen seien Energieproduzenten der Zukunft, denn sie würden Strom oder Wärme produzieren, auch wenn keine Sonne scheint oder der Wind nicht weht, betonte er. Mit einem 1000 Kubikmeter fassenden Pufferspeicher könne er genügend heißes Wasser vorhalten, und zwei unabhängig voneinander laufende Motoren würden Betriebssicherheit garantieren.

Seine Biogasanlage will Sebastian Kraus im Frühjahr 2023 erweitern und im Herbst den Betrieb aufnehmen. 2024 könnte dann, soweit die entsprechenden Fernwärmeleitungen verlegt seien, die Wärmeversorgung für Gebenbach starten. Als Hauptlieferanten für Gülle und Mist habe er zwei Landwirte unter Vertrag, auch die elterliche Landwirtschaft sei Zulieferer für Gülle, Mist und Biomasse.

OnetzPlus
Gebenbach08.06.2022
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.