Los ging es kurz vor Ostern. An Gründonnerstag verspürte Hans Meissner erste Symptome. "Ich war richtig schlapp und habe mich so gefühlt, als hätte ich 30 Ster Holz gespalten", beschreibt der Glaubendorfer seinen Zustand. Er kämpft sich mit Mühe durch den letzten Arbeitstag vor Ostern, glaubt, es handelt sich um eine gewöhnliche Erkältung. "Ich hab jedes Jahr im Frühling eine Schwächephase, dass es Corona sein könnte, damit habe ich überhaupt nicht gerechnet."
Ab Karfreitag liegt der 52-Jährige dann zwei Wochen Zuhause flach. Er kontaktiert seinen Hausarzt, der diagnostiziert zunächst einen grippalen Effekt. Erst, als er die Vermutung äußert, sich über einen später positiv getesteten Freund mit Corona infiziert zu haben, schickt ihn der Mediziner nach Schwandorf. Im dortigen Testzentrum im Sepp-Simon-Stadion gibt es schnell Gewissheit: "Der Test war positiv. Ich war so kaputt, hätte mich meine Frau nicht gefahren, ich wäre nicht mal mehr nach Hause gekommen."
Strafen bei Quarantäne-Verstoß
Vom Gesundheitsamt bekommt der Schreiner bei Fensterbau Höhbauer in Luhe-Wildenau klare Anweisungen. Gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Söhnen muss Hans Meissner in strenge Quarantäne. Die Einhaltung wird genau kontrolliert. Ein Einschreiben vom Gesundheitsamt droht schwere Strafen bei Verstößen an. "Von Montag bis Samstag bin ich täglich zwischen 9 und 18 Uhr angerufen worden. Die wollten überprüfen, ob ich wirklich Zuhause bin und ob ich Luft bekomme." Die Kontrollanrufe empfindet Meissner aber nicht als Gängelung, sondern als Fürsorge. "Wenn man krank ist, ist man froh, wenn man weiß, da ist jemand, der kümmert sich um dich. Ich möchte den Mitarbeitern vom Gesundheitsamt ausdrücklich für ihre Unterstützung danken."
Meissner liegt zwei Wochen flach, hat extreme Gliederschmerzen, ist vollständig erschöpft. Hinzu kommen klassische Corona-Symptome wie Appetit- und Geschmacksverlust. "Bier, Limo oder Wasser: Egal, was ich getrunken habe, für mich war alles nur eine Flüssigkeit. Ich konnte es nicht im Geringsten unterscheiden." Der Appetit lässt massiv nach, selbst Durst hat der sonst vitale Schreiner, der nebenbei in Glaubendorf ein Wirtshaus führt, keinen. "Meine Frau hat mir morgens eine Kanne Tee hingestellt und abends wieder weggeschüttet, ich konnte nichts trinken."
Missstimmung in der Familie
Aufs Gemüt schlägt der restlichen Familie besonders der wochenlange Hausarrest. "Die Stimmung war teilweise schon schlecht", berichtet der Familienvater. "Du und deine Krankheit", muss sich Meissner von den 18 und 21 Jahre alten Söhnen anhören, die bei schönstem Frühlingswetter nicht raus dürfen. Die beiden ziehen sich in ihre Zimmer zurück, der kranke Vater isst getrennt von der Familie. Zumindest den Garten können die Meissners nutzen – aber erst nach gesundheitsamtlicher Prüfung: "Die wollten von mir exakt wissen, wie der Garten aussieht und ob er eingezäunt ist oder nicht. Wäre er nur auf einer Seite offen gewesen, hätten wir nicht mal in den Garten gedurft", berichtet Meissner.
Trotz der Einschränkungen und einem Gewichtsverlust von rund neun Kilogramm hat Meissner Glück. Verglichen mit Corona-Patienten, die auf Intensivstationen um ihr Leben kämpfen, durchlebt der Glaubendorfer einen weitgehend milden Verlauf und muss nicht ins Krankenhaus. "Ich hab mir immer gedacht, solange ich Luft bekomme, ist alles okay." Der Teilzeit-Gastwirt erlebt die Infektion wie eine schwere Grippe mit dem Zusatz Appetit- und Geschmacksverlust.
Schweinebraten schmeckt wieder
Dennoch überrascht, warum es Meissner nach der Infektion eigenem Empfinden zufolge besser geht als zuvor. Nach zwei Wochen im Bett geht es für den 52-Jährigen ab dem 24. April täglich spürbar aufwärts. "Als die vom Gesundheitsamt angerufen haben, hab ich gesagt, der Schweinebraten schmeckt schon fast wieder wie davor", erzählt er erleichtert. "Plötzlich hatte ich am Morgen wieder Lust auf einen Kaffee und auf ein Marmeladenbrötchen, das kam über Nacht."
Meine Kollegen sagen zu mir, du schiebst an wie ein Ochse, tu doch mal langsam.
Beim Arbeiten nicht zu bremsen
Nur vier Tage später steht er wieder bei der Firma Höhbauer im Betrieb – und ist dort kaum zu bremsen. Während andere Corona-Patienten auch nach der Rekonvaleszenz über Langzeitschäden wie Kurzatmigkeit und geringere Belastbarkeit klagen, kann bei dem Schreiner und Gastwirt davon nicht die Rede sein. "Ich gehe gerne in die Arbeit und habe mich richtig gefreut, endlich wieder loslegen zu können." Sein Tatendrang fällt auch seinem verwunderten Umfeld auf. "Meine Arbeitskollegen haben zu mir gesagt, du schiebst an wie ein Ochse, tu doch mal langsam."
Auch Zuhause beim Brennholz-Schlagen im eigenen Wald ist Meißner kaum zu bremsen. "Ich kann körperlich voll zulangen und fühle mich fitter als zuvor. Ich weiß, das hört sich komisch an, aber es ist wirklich so." Auch von seiner Frau hat der 52-Jährige das schon zu hören bekommen: "Seit du wieder gesund bist, hast du viel mehr Power und kannst arbeiten wie noch nie."
Mahnung für Corona-Leugner
Ob Meissner seine Fitness nur subjektiv als stärker wahrnimmt oder dies tatsächlich so ist, bleibt unklar. Doch unabhängig davon ist die Geschichte des Glaubendorfers ein Mutmacher in Zeiten sonst hauptsächlich deprimierender Corona-Nachrichten. Und zu betonen, dass mit Covid-19 nicht zu spaßen ist, darauf legt Meissner ebenfalls wert. Zwar ärgert auch er sich, dass er im Lockdown sein Wirtshaus schließen musste, aber: "Die Maßnahmen der Regierung sind gerechtfertigt, es geht um die Gesundheit", sagt er, und schimpft besonders über Corona-Leugner. "Die Leute, die Märsche veranstalten und demonstrieren, deren Verhalten sollte man in der Krankenakte vermerken und ihnen selbst keine Behandlung zukommen lassen, wenn sie wegen Corona ins Krankenhaus müssen." Aus eigener Erfahrung mahnt Meissner: "Jeder, der die Krankheit zwei Wochen mitgemacht hat, der weiß genau, dass damit nicht zu spaßen ist."
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