Hat Russland in den vergangenen Wochen Spione nach Grafenwöhr entsandt? Darauf deutet ein aktueller Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hin, den am Freitag auch andere Medien aufgegriffen haben. Demnach sollen deutsche Sicherheitsbehörden Hinweise darauf haben, dass Spione versucht haben, die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland auszukundschaften.
Von der US-Armee am Standort gab es auf Nachfrage keine Stellungnahme zu der Meldung. Man könne aber versichern, dass auf den US-Militär-Standorten "ständig sehr starke und tiefgreifende Sicherheitsmaßnahmen bestehen, die auch unmittelbar auf jede Sachlage anpasst und wenn nötig umgesetzt werden", teilte ein Sprecher mit. "Die Sicherheit der Soldaten, zivilen Mitarbeiter und deren Familien genießt allerhöchste Priorität."
"Kein Kommentar" vom MAD
Die "Spiegel"-Informationen sollen auf den Militärischen Abschirmdienst (MAD), den Geheimdienst der Bundeswehr, zurückgehen. Demnach waren die Standorte Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz und Grafenwöhr von den Spionageversuchen betroffen Während in Idar-Oberstein die Bundeswehr ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze 2000 ausbildet, trainieren in Grafenwöhr US-Einheiten die Soldaten des überfallenen Landes im Umgang mit westlichen Artillerie-Waffen. Auch die Bundeswehr lehnt laut dpa eine Kommentierung des Berichts ab.
Kurz nach Beginn der Ausbildung sollen laut diesem Bericht Fahrzeuge aufgefallen sein, deren Insassen die Zufahrten zum Übungsplatz beobachtet haben. Außerdem sollen dem MAD Informationen vorliegen, dass der Übungsplatz in Grafenwöhr auch mit Kleindrohnen überflogen worden ist, um so die Ausbildung der ukrainischen Soldatinnen und Soldaten zu beobachten. In Sicherheitskreisen kursiere demnach zudem die Vermutung, dass Mobilfunkdaten ukrainischer Kräfte in der Oberpfalz ausspioniert worden sind.
Auch wenn es dazu keine näheren Informationen dazu gibt, ist es kein Geheimnis, dass seit dem Frühjahr immer wieder ukrainische Soldaten in Grafenwöhr waren, um hier den Umgang mit den Waffen zu lernen, die ihnen von den westlichen Partnern für den Verteidigungskampf gegen die russischen Truppen in der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Dabei geht es vor allem um Artilleriesysteme.
Russen kennen Grafenwöhr
Bereits in den Jahren vor Kriegsbeginn waren ukrainische Soldaten immer wieder in Grafenwöhr, um gemeinsam mit US-Einheiten und Soldaten aus anderen verbündeten Ländern zu trainieren. Und auch russische Militärvertreter waren in der Vergangenheit mehrfach in Grafenwöhr. Das sogenannte Wiener Dokument von 2011 legt fest, dass Russland und die USA sich gegenseitig regelmäßigen Zugang zu den Militärstandorten gewähren, um so die Einhaltung von Rüstungskontrollabkommen zu gewährleisten. So waren zuletzt Ende 2021 Russen für zwei Tage auf dem Übungsplatz in Grafenwöhr, um den Standort und die Anlagen zu begutachten. Kurz zuvor war auch die vermutlich letzte Übung ukrainischer Soldaten in der Oberpfalz vor dem Überfall Russlands auf ihr Land zu Ende gegangen.
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