Hahnbach
26.06.2018 - 14:15 Uhr

Ein echter Süßer löst das Rätsel

Hartnäckigkeit ist wohl ausschlaggebend dafür, dass heute in Süß eine Kapelle steht. Bei der AOVE-Reihe „Kirche und Wirtshaus mit Pfiff“ erzählt ein echter Süßer über die Sturheit eines Hahnbacher Ortsteils.

Ein echter Süßer: Richard Freitag erzählt in der Marienkapelle über "unsere Kirch'". dwi
Ein echter Süßer: Richard Freitag erzählt in der Marienkapelle über "unsere Kirch'".

(dwi) Richard Freitag kennt sie ganz genau. In der Marienkapelle in Süß wurden schon seine Schulgottesdienste gefeiert. Andere Dorfansässige sagen nur "unsere Kirch'". Schließlich wurde vor Jahrhunderten den Süßern unterstellt, sie würden eine Kirche bauen und nicht nur eine Kapelle. Es war der Hahnbacher Magistrat, dem das Vorhaben bitter auf den Magen schlug und der sich bei der königlichen Regierung beschwerte. Eine spannende Geschichte, die in der AOVE-Reihe "Kirche und Wirtshaus mit Pfiff" erzählt wurde.

Pfarrer beschwert sich

Der Grund dafür, dass über 300 Jahre keine Kapelle in Süß stand, waren der bayerische Erbfolgekrieg und die Säkularisierung. Dennoch wuchs um 1819 der Wunsch nach einem Gotteshaus. Die Dorfgemeinschaft begann mit alten Bauteilen und ohne Bauplan, Wände zu errichten - mit Hilfe aus Vilseck. Daraufhin folgte die seitenlange Beschwerde, die das Empören des Hahnbacher Pfarrers ausdrückte: "36 Fuß lang! 20 Fuß breit! Und vier Fenster! Das kann nur eine Kirche sein!"

Aber da ein Briefwechsel seine Zeit brauchte, bauten die Süßer munter weiter. Als Zeugen rief die königliche Regierung den Maurermeister Michael Frischholz und den Zimmerer Sebastian Kopf zu sich. Und diese zwei Vilsecker waren geständig. Sie waren nicht unerheblich beteiligt an dem Bau.

Drei Jahre vergingen, bis beschlossen wurde, dass die Kirche in Süß stehen bleiben darf - unter Vorbehalt und ohne heilige Messe. Zehn Gulden Strafe waren außerdem zu zahlen. Im Mai 1825 wandte sich das Dorf an das bischöfliche Ordinariat mit der Bitte, seine Kirche einweihen zu dürfen.

Der Bischof stimmte zu, aber die Regierung zeigte ihre Autorität mit sechs Auflagen. Unter anderem durfte eine Messe nie an Feiertagen, schon gar nicht an abgeschafften und nur werktags abgehalten werden. Die Beschaffung der Utensilien sollte auf eigene Kosten erfolgen. Die Marienkapelle musste immer verschlossen sein und keine fremden Pfarrer durften hier predigen.

Richard Freitag erzählte auf Einladung der AOVE leidenschaftlich von Bauarten, vom dazugehörigen Kriegerdenkmal, Kirchweihen - und er löste auch das Rätsel der Deckenmalerei über dem Altar: Was wie ein viktorianisches Muster aussieht, ist eine Reihenfolge von Buchstaben.

Als Maria weinte

Auch erzählte er schmunzelnd die Legende vom Förster, der nach Michelfeld bei Auerbach zog. Er nahm seine Madonna aus der Hofkapelle mit. Jahre später pilgerten Wallfahrer nach Gößweinstein und sahen ihre Maria aus Süß. Der nette Förster übergab ihnen seine Skulptur und sie trugen die Madonna in einem Drei-spitz-Tuch aus Leinen nach Hause. In Süß angekommen, soll im Schweiße ihres Angesichts diese Maria zu weinen begonnen haben.

Den Pfiff lieferten bei dieser AOVE-Veranstaltung die Hahnbacher Sänger. Mit einem "Maria zu loben" stimmten sie die Erzählungen an unterschiedliche Stationen ein, etwa an der kleinen Kapelle im Mauerwerk an der Dorfstraße. Für Katja Stiegler war dieser Halt auf dem Weg zum Wirtshaus Rouherer ein Muss: "Dieses Highlight, so klein es auch ist, kennen viele aus der Region nicht", sagte die Organisatorin der Veranstaltungsreihe. Als sie noch ein Kind war, stand die Kapelle immer während der Bartl-Kirwa offen und sie durfte reinspitzen in den kleinen Zufluchtsort mit Altar.

Im September geht es bei "Kirche und Wirtshaus mit Pfiff" nach Michelfeld zur Asamkirche St. Johannes und zum dazugehörigen Wirtshaus Schindler. Den Pfiff bieten dann die Michelfelder Moila.

Viktorianisches Muster - oder steht hier vielleicht doch "Maria" auf der Decke der Süßer Kapelle? dwi
Viktorianisches Muster - oder steht hier vielleicht doch "Maria" auf der Decke der Süßer Kapelle?
 
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