Hahnbach
11.09.2022 - 13:40 Uhr

Verheiratete Priester finden in Bolivien zunehmend Anklang

Agraringenieur und Musiker Coco Aquino berichtet bei seinem Besuch auf dem Frohnberg in Hahnbach über Neues aus Bolivien.

Coco Aquino war zu Besuch auf dem Frohnberg. Bild: mma
Coco Aquino war zu Besuch auf dem Frohnberg.

Agraringenieur Jorge "Coco" Aquino berichtete bei seinem Besuch in der Oberpfalz aus seiner Heimat Bolivien. Eine Tournee durch Europa ist von der Musikgruppe Sacambaya für November 2023 oder spätestens 2024 geplant. Mittlerweile seien neue jüngere Musiker um Coco Aquino dazugekommen und die Gruppe bestehe aus zwei Frauen und vier Männern. In ihrer Heimat treten sie im Durchschnitt einmal pro Monat in dieser Formation auf, doch würden die Instrumentalisten meist auch noch in anderen Bands spielen, erzählt Aquino, der selber komponiert, singt und mehrere Instrumente spielt.

Mittelpunkt in der Kleinstadt Independencia im Hochland Boliviens sei weiterhin das Centro Cultural, welches sich seit vielen Jahrzehnten um Bildung, Kultur und die Verbesserung der Lebensverhältnisse bemüht. Mittlerweile habe man ein großes Projekt mit 150 gespendeten Solarzellen für die Einzelgehöfte abschließen können. Zum ersten Mal in ihrem Leben hätten die indigenen Bauern dort nun elektrisches Licht erleben dürfen, wofür sie sehr dankbar sind. Auch die Weberei und die Strickerei im Centro entwickeln sich gut. Ein neues Herzensanliegen von Aquino ist derzeit die Zusammenarbeit mit den Grundschulen. Schulgärten mit Heilkräutern und auch pädagogische Theaterstücke, welche die 7- bis 9-jährigen Schüler für ihre Zukunft bilden sollen, seien schon in Arbeit. Was aber fehle seien weitere Fachleute oder PraktikantInnen aus Europa. In den Landschulen möchte man auch Schulküchen anbauen, damit aus Theorie echte Praxis werden kann. Dort solle dann für die Kinder, aber auch dreimal im Monat abwechslungsreich und vorbildlich für die Dorfgemeinschaft gekocht werden. Gesucht würden auch PraktikantInnen über die Organisation „weltwärts“ für die Bücherei, als Schülerhilfen, für das ökologische Schulungszentrum, für Führungen für Einheimische und den sanften Tourismus und manch weitere Projekte.

Was die Wasserprojekte, auf die sich Runa Masi spezialisiert hat, betrifft, so konnte der Agraringenieur berichten, dass die derzeitige Wasserversorgung für die Felder und mit einer Wasserstelle pro Dorf im Gebiet Suchu wohl noch dieses Jahr zum Abschluss kommen kann. Die Dorfbewohner hätten bereits „ganze Arbeit“ geleistet und nun seien bereits die Maurer am Werk. Bei den von einem Dorfvorsteher einberufenen monatlichen Dorfversammlungen werde die Einteilung für die Arbeiten und auch für die Kontrolle gut gehandhabt, versichert Aquino. Schon hätten von den 150 Gemeinden zwei weitere Anträge auf Regenüberlaufbecken und Bewässerungssysteme gestellt. Da die Regierung nur zwei Dörfer pro Jahr fördere, sei der Bedarf enorm hoch und werde aufgrund des Klimawandels immer dringender.

Coco Aquino berichtete auch über das kirchliche Leben nicht nur in Bolivien, sondern wohl in ganz Lateinamerika. Nachdem von Rom die Basisgruppen und die so genannte Befreiungstheologie „geköpft“ worden sei, indem man ihre Vertreter mundtot machte oder absetzte, sei mittlerweile das Interesse der Bevölkerung an der katholischen Kirche deutlich zurückgegangen. In die Lücke würden zunehmend Freikirchen treten, welche über große finanzielle Mittel verfügten und durch ihr Angebot punkten könnten. Doch seien ihre Methoden und ihre verlangte strenge Moral ihm persönlich recht suspekt, meinte Aquino. Viel Zulauf bekämen in den letzten Jahren die allerdings weniger organisierten Gruppen der „Sacerdotes encasadas“, der verheirateten Priester. Ausgebildete predigende Theologen scharen zunehmend Gläubige um sich, die weder zu den Evangelikalen, noch zur Amtskirche gehören wollen, aber authentisch wirken und zunehmend viele begeistern. „Hoffentlich führt dies nicht zu einer Spaltung der Kirche“, so Aquino, da diese „Bewegung von unten her“ sich wohl weiter absetzten werde von „Vorgaben von Kirchenleitungen“. Man habe lange auf eine Erneuerung gerade unter Papst Franziskus gehofft, sei aber mittlerweile ungeduldig und enttäuscht. Viele wollten nicht mehr auf Erneuerungen warten, sondern agieren und frohen Glauben in „der Freiheit der Christenmenschen" leben, so der gläubige Katholik.

 
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