Geschlachtet wurde früher im Winter, und zwar von einem sogenannten Haus- und Hofmetzger. Der wurde dann von den Höfen und Vereinen gebucht und metzelte und zerlegte dort direkt vor Ort die über den Sommer gemästete Sau. Familie und Nachbarn halfen mit. Und dann wurde gefeiert...
In unserem Alltag ist das alles schwierig geworden: Kein Stall, keine Zeit, keine Großfamilie, diverse EU-Verordnungen. Umso schöner, dass Landmetzger Rainer Mayer in Haunritz es an einem Samstag (wenn in der Metzgerei nicht gearbeitet wird) zu Jahresanfang ermöglicht, noch ein traditionelles Sauschlachten zu (er)leben.
Geselligkeit im Mittelpunkt
Veranstalter ist der 1. FCN-Fanclub Haunritz-Högen. Der Bruder und der Vater des Vorsitzenden Roland Kerstupeit sind nicht nur Clubberer, sondern auch beides gelernte Metzger. Die Sau kommt aus Heldmannsberg. Die eine Hälfte fand im Preisschafkopf vor Jahreswechsel ihren glücklichen Gewinner, die andere wird nun als erster gesellschaftlicher Höhepunkt des Jahres nach allen Regeln der Kunst gewurstet - und ab 10 Uhr sind dann alle Vereinsmitglieder eingeladen zu feiern, essen, genießen, den "Clubb" zu rühmen oder ihn verfluchen und vor allem, G'schichten erzählen.
Das Sauschlachten beginnt um 7 Uhr. Haunritz liegt im Dunkeln. In einer Viertelstunde ist die halbe Sau zerteilt: Halsstücke, Koteletts und Schnitzel werden unter den Mitgliedern aufgeteilt. Die Zuschnitte wandern teils ins Bratwurstgehäck oder - mit Kopffleisch und Nieren - in die Schlachtschüssel. Aus den Füßen kann man exzellente Sülze kochen. "Nose-to-Tail", alles wird verwertet. Im großen Kessel dampft bereits die "Speckbrüh". Sie wird klassisch mit Salz und Pfeffer gewürzt. In ihr werden das Kopffleisch mit der "Schnudern" (Schnauze), "Baggn" und Zunge sowie das kurzfasrige Bauchfleisch 2 Stunden gekocht. Das Kesselfleisch ist die Grundlage jeder ordentlichen Schlachtplatte.
Leber wird verarbeitet
Nun geht's um die Wurst. Genauer: die Blut- und Leberwürste. Ab 9 Uhr steht die Metzgerei dann komplett unter Dampf. Ab und zu schaut Altmeister Georg Mayer vorbei und gibt fachmännische Kommentare ab. Zweiter Bürgermeister Fabian Bräutigam ist zwar Kassenprüfer des Vereins, heute fungiert er zusätzlich als Wurstprüfer und Vorkoster.
Jahrelange Erfahrung
Groß wie ein Fußball ist die Leber: Sie wird im Fleischwolf durchgedreht und mit 20 - 30 Prozent Kopffleisch, Zwiebeln und viel Majoran, Pfeffer und Salz verwurstet und so lang mit Speckbrüh druntergegeben, "dass sie schön kompakt" wird.
Danach gehts an die Blutwurst. Das Schweineblut stand über Nacht im Kühlraum. Nun wird es mit den "Speggle" vermischt, die vorher gebrüht wurden, damit sie schön kernig sind. Auch hier wird zünftig gewürzt: Salz, Pfeffer, Majoran und Piment werden untergeknetet. Die beiden Metzger knoten je ein Schnürchen an die Wand und binden flugs mit jahrzehntelanger Erfahrung Ketten aus den Blut- und Leberwürsten. Sie werden in der Speckbrüh erhitzt. Wie auch das Kesselfleisch in der Speckbrüh serviert wird.
Nun war es schon gut nach 10 Uhr, die Gäste und Vereinsmitglieder eröffneten das Clubbjahr mit Bratwurstgehäckbrot, danach gab es das Kesselfleisch, die Blut- und Leberwürste und dazu Apfelkren. Dabei wurde erzählt - auch von früher, vor 50, 60 Jahren. Als "Zero Waste", Selbstversorgung und die perfekte Kreislaufwirtschaft noch Alltag waren. Und die Härten des Lebens schnell und direkt.
Kein Abfall übrig
"Abfall" gab es damals nicht: Denn "jeder hat ein oder zwei Säu gehabt, wir armen Schlucker. Sonst wärn wir net über den Winter gekommen. Und die alt'n Metzger ham an Schnaps gebraucht, bei all der Woar." Aber - schön wars auch.













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