In Hirschau weiterer Meilenstein zur Goldenen Straße, der Hieronymus von Prag zeigt

Hirschau
07.11.2022 - 11:50 Uhr
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40 Meilensteine säumen die Goldene Straße, die von Nürnberg nach Prag führt, davon bislang 18 auf bayerischem Boden. Nun ist am Pfarrplatz in Hirschau einer hinzugekommen. Darauf abgebildet ist der Gelehrte Hieronymus von Prag.

Auf dem Pfarrplatz in Hirschau wurde ein Meilenstein zur Goldenen Straße aufgestellt. Er zeigt einen engen Vertrauten des Reformators Jan Hus, Hieronymus von Prag, dessen Schicksal im Hirschauer Pfarrhof eine dramatische Wendung nahm. Eine Infotafel gibt nähere Erläuterungen.

Neben zahlreichen Bürgern, Vertretern des Stadtrats und Heimatpfleger Sepp Strobl war bei der Einweihung auch Rainer Christoph zugegen, Vorstandmitglied des Vereins „Via Carolina Goldene Straße" und Motor dieses tschechisch-deutschen Projekts, des größten seiner Art, wie Christoph betonte. Als Kümmerer des Hirschauer Meilensteins fungierten Hans Meindl, die Hirschauer Tourismusbeauftragte Monika Reindl und Projektkoordinatorin Ida Petioka aus Prag. Die Vorarbeiten hatte der städtische Bauhof übernommen.

Die Meilensteine sind Teil des interkommunalen, grenzüberschreiten Begleitprogamms der Landesausstellung Karl IV. Mit ihnen entsteht ein grenzüberschreitendes Band von Kunstwerken, das von Kladrau/Kladruby über Mies/Stribro bis Bärnau und weiter entlang der Goldenen Straße reicht. Die Statue am Hirschauer Pfarrplatz schuf der Pilsener Künstler Jaroslav Sinderlar. Sie macht die drastischen Vorgänge lebendig, die sich wenige Meter weiter im Hirschauer Pfarrhof am 24. April 1415 ereigneten. Die in Hirschau aufgestellte Statue aus gelblichem Stein sagt auch aus, dass der Standort ein geschichtsträchtiger Ort direkt an der Goldenen Straße ist. Meilensteine, die nicht direkt an der geschichtsträchtigen Straße stehen, sind eher rötlich gehalten. Die gelblichen Steine stammen aus Ostromec in Nordböhmen, der Region Königgrätz.

Über Hieronymus Herkunft ist wenig bekannt, wahrscheinlich entstammte er einer Prager Bürgerfamilie, erläuterte Rainer Christoph, als er den Meilenstein präsentierte. Sicher ist, dass Hieronymus, um 1368 geboren, als einer der gebildetsten Gelehrten seiner Zeit galt. In der Studienzeit lernte er Jan Hus kennen, erwarb später Magistertitel in Prag, Köln, Paris und Heidelberg. Beim Studium in Oxford wurde er mit der Lehre des englischen Kirchenreformers John Wyclif bekannt, die sein weiteres Schicksal bestimmen sollte. Im Gegensatz zu Hus war Hieronymus kein Priester, sondern eher Philosoph.

Hieronymus und Hus bildeten, wie man heute sagen würde, ein Team. Im Hirschauer Pfarrhaus endete am 24. April 1415 der erfolgreiche Lebensabschnitt des mutigen, furchtlosen, hoch intelligenten und begeisternden jungen Hieronymus von Prag. Nach einem heftigen Disput mit Priestern im Pfarrhof wurde er verraten und gefangen genommen. Für ihn begann ein Leben mit Folter in Gefangenschaft, ehe es am 30. Mai 1416 durch den Feuertod auf dem Scheiterhaufen in Konstanz endete, wo er das Te deum bis zu seinem Tod sang. So spielte Hirschau an einer Schnittstelle der Geschichte eine bedeutende Rolle. Jan Hus wurde übrigens von der Kirche exkommuniziert, was bislang nicht zurückgenommen wurde. Papst Johannes Paul II. entschuldigte sich bei seinem Besuch in Prag zwar, mehr aber nicht.

Mit dem Hirschauer Verrat, so der Geschichtslehrer, Historiker und Hirschauer Stadtrat Christian Feja, erlosch die Flamme der angestrebten Kirchen- und Gesellschaftsreform. Erst 150 Jahre später hätten die Reformatoren Martin Luther, Huldenreich Zwingli und Johannes Calvin die Thematik wieder aufgenommen, dann umso erfolgreicher. Feja spannte den Bogen in die Gegenwart. Ähnliche Ziele wie vor über einem halben Jahrtausend in Mitteleuropa hätten heute progressive Gruppen wenige Flugstunden von uns etwa im Iran. Auch dort glaube die politische Führung, Gottes Willen genau zu kennen, und richte in seinem Namen junge Frauen hin. "Auf welcher Seite stünde Hieronymus wohl? Die Antwort erübrigt sich", sagte Feja.

Die kirchliche Segnung übernahmen der Hirschaus evangelischer Pfarrer Stefan Fischer und in Vertretung des katholischen Pfarrers der Diakon Richard Sellmeyer. "Aus den damaligen Verwerfungen haben auch die Kirchen gelernt. Aus dem damaligen Hin und Her ist heute ein ökumenisches Miteinander geworden. In diesem Sinn dürfen wir den heutigen Meilenstein sehen", betonten die Geistlichen. Rainer Christoph bezeichnete abschließend die Einweihung ein Hirschau als eine äußerst beeindruckende und würdige Präsentation.

Hintergrund:

Goldene Straße

  • Verlauf: Zwischen Nürnberg und Prag. Heute folgen sowohl die B 14 zwischen Nürnberg und Hirschau, dann von der B 14 weiter nach Norden über Kohlberg – Weiden – Bärnau und über Pilsen bis nach Prag.
  • Ursprung: Seit dem 13. Jahrhundert wichtiger Handelsweg.
  • Name: Seit 1513 nachgewiesene Bezeichnung für den nördlichen Weg von Prag über Pilsen und Tachov durch „neuböhmisches“ Gebiet (Bärnau, Weiden, Sulzbach, Lauf) nach Nürnberg. Name, der auf Karl IV. zurückgeführt wird, wurde erstmalig 1513 in einem Bericht des Bärnauer Pflegers Hans von Uttelhofen schriftlich festgehalten. Ausschlaggebend für die Namensgebung dürfte der aufblühende Handel gewesen sein.
 
 

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