Schon mal mit dem Zug gefahren und die Bordtoilette war gesperrt? Keine Seltenheit. Denn es ist in den meisten Waggons folgendermaßen: Nachdem die Fahrgäste sich erleichtert haben, landen die Hinterlassenschaften in einem Sammeltank, der alle ein bis zwei Tage geleert werden muss. Ist der aber voll, muss die Toilette gesperrt werden.
Ziemlich versteckt, im Weiler Dienhof bei Hirschau um genau zu sein, ist eine Firma ansässig, die für das beschriebene Problem eine Lösung parat hat. Die Technik kann man guten Gewissens als revolutionär im Bahnverkehr bezeichnen. Denn das Unternehmen Protec mit seinen 26 Beschäftigten produziert Kleinst-Kläranlagen für den Schienenverkehr.
Feststoffe kompostierbar
Gesellschafter Thomas Heckmann erklärt, dass mit Hilfe der Bioreaktoren die Flüssigkeiten so behandelt und desinfizieren werden, dass sie Badewasserqualität erreichen und auf die Gleise abgelassen werden können. Für die Feststoffe werden mit Bakterien versetze Filtermatten eingesetzt. Letztlich sind die Überbleibsel sogar kompostierbar oder können über die Kanalisation entsorgt werden. Chemikalien werden bei der ganzen Sache nicht eingesetzt.
Der große Vorteil gegenüber den Sammeltanks laut Heckmann: "Die Bioreaktoren müssen nur alle zwei bis sechs Monate entleert werden." Somit könnten nicht nur Folgekosten gespart, sondern auch unschöne Arbeiten für die Bahnangestellten vermieden werden, wirbt Heckmann.
Tatsächlich setzen einige Länder bereits auf die Technik aus Hirschau. Die Bioreaktoren, die im oder unter dem Zug verbaut werden können, sind bereits in Großbritannien, Österreich, Spanien, Deutschland, den USA und Serbien im Einsatz. Kürzlich erhielt Protec einen Auftrag aus Italien. In den Niederlanden sind laut Heckmann bereits 75 Prozent der Bahnen mit den Kleinst-Kläranlagen ausgestattet, in der Schweiz sogar 95 Prozent.
In Wiener Kältekammer
Heckmann vergleicht die Arbeit des Hirschauer Unternehmens mit dem Bau von Autos. Um die Technik auch in Russland anwenden zu können, waren beispielsweise Versuchsfahrten in einer Kältekammer in Wien nötig. Die Reaktoren müssen schließlich lange aushalten. Das Hirschauer Unternehmen muss 30 Jahre dafür garantieren, dass sie funktionieren. Dort, wo die Gerätschaften also im Einsatz sind, ist die Nachfrage erstmal für Jahrzehnte gedeckt. Heckmann setzt trotzdem auf "sukzessives Wachstum". Noch immer gebe es genügend Märkte. Vor allem: Die Hirschauer sind die einzigen weltweit, die solche Bioreaktoren anbieten. Konkurrenz gibt es quasi nicht, macht der Gesellschafter bei einer Führung durch die Produktionshalle klar.
Abgesehen natürlich von der Technik mit den Sammelbecken. Doch auch da sieht Heckmann seine Firma im Vorteil. Denn Themen wie Wasserverbrauch und Klima sind in den vergangenen Jahren schon in den Vordergrund gerückt und dürften auch in naher Zukunft weiterhin die Medien dominieren.
- Gründung 1991
- In Hirschau seit 2001 ansässig
- Jahresumsatz rund zwölf Millionen Euro
- Firmensitz in Hirschau. Vertretungen in Großbritannien, Italien, Russland, Spanien, USA
- Bioreaktoren in Fahrt: Schweiz, Niederlande, Großbritannien, Österreich, Spanien, Deutschland, USA, Serbien
- Protec ist eine 100-prozentige Tochter von AKW Apparate + Verfahren Engineering GmbH & Co. KG Hirschau
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