Der St.-Wolfgang-Kindergarten in Hirschau feiert an diesem Sonntag seinen 70. Geburtstag. Dass die Stadt seit 70 Jahren über diese wertvolle Erziehungseinrichtung verfügt, ist vor allem einem Mann zu verdanken: Wolfgang Droßbach. Der damalige Direktor der Amberger Kaolinwerke (AKW) und Ehrenbürger der Stadt, an den eine Gedenktafel im Kindergarteneingang erinnert, war der Initiator des Projekts, mit dessen Bau 1952 begonnen worden war. Am 14. Januar 1953 schloss Droßbach für die AKW mit der Forster-Dorfnerschen Spital-, Krankenhaus- und Kinderasylstiftung eine Vereinbarung, nach der der Kindergarten in deren Besitz übergehen sollte.
1953 wurde auch dessen Leitung dem Orden der „Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau" übertragen – eine Regelung, die bis zum Abschied der Schwestern aus Hirschau im Jahr 2007 Bestand hatte. Auf die Gründungsleiterin Sr. Celsina Schaller folgten 1959 Sr. Venerabilis Becher, 1980 Sr. Regine Fechter, 1984 Sr. Elisabeth Peter, 1995 Sr. Luzilla Klein, 2001 Sr. Gabriele Liegl und 2006 Sr. Lydia Bauer. 2007 übernahm mit Uta-Maria Kriegler erstmals eine weltliche Kraft die Leitung. Sie ist noch heute Chefin des St.-Wolfgang-Erziehungspersonals.
Die Kindergarteneinweihung am 28. Juni 1953 geriet zu einem wahren Volksfest, wie die Schwesternchronik belegt: „Eine große Menschenmenge hatte sich um den Kindergarten versammelt, viele standen sogar auf den Holzstößen des naheliegenden Sägewerkes! Kinder der Mädchen- und Knabenschule wirkten mit Gedichten und Liedern an der Gestaltung der Feierlichkeiten ebenso mit wie die Schnaittenbacher Bergkapelle, die die Kleinen musikalisch zum Kindergarten geleitete. Die Schwestern waren per Auto zum Kindergarten chauffiert worden. Nachdem Stadtpfarrer Geistl. Rat Friedrich Zeitler dem Bauwerk den kirchlichen Segen erteilt hatte und die Kinder mit Süßigkeiten beschenkt waren, wurde der Kindergarten zur allgemeinen Besichtigung freigegeben.“
Die Chronik berichtet weiter: „Da war alles eines Staunens über dessen Herrlichkeit; besonders bewundert wurde der „Hirschauer Bockl." Er sollte über Jahrzehnte das Lieblingsspielzeug der Wolfgangs-Kindergärtler bleiben. Weiter steht zu lesen: "Seitdem ist wohl kaum ein Tag vergangen, an dem sich nicht Besucher im modernsten Kindergarten Deutschlands einfanden. Von Schweden wurde Besuch angemeldet, von Frankreich kamen zwei Autos."
Direktor Droßbach hielt, so der damalige AZ-Bericht, eine „literarisch ungemein delikate Rede“. Trotz des Widerstreits der Meinungen über die Anlage und die Ausgestaltung des Kindergartens, habe sich ein gesunder Zeitgeist bei dem eigenwilligen Werk durchgesetzt. Bis jetzt sei ihm nur ein einziges vernichtendes Urteil eines Fachmannes bekannt. Es stamme von seinem fünfjährigen Neffen aus Hamburg: „Nee Onkel, dat iss keen Kindergarten – dat is ne Aral-Tankstelle.“ Zu einem Höhepunkt der Feierlichkeiten wurde die urkundliche Ernennung von Wolfgang Droßbach zum Ehrenbürger der Stadt. Bürgermeister Georg Lederer überreichte ihm die entsprechende Urkunde.
Droßbachs unerwarteter Tod am 30. August 1961 bedeutete für die Stadt einen herben Verlust. Der Kindergarten hatte fortan in seiner Tochter Elisabeth Osterchrist eine großherzige Förderin, bis sie am 16. Juni 1992 bei einem Flugzeugunglück ums Leben kam. Seither sehen sich die Droßbach-Enkel aus der Familie Heckmann dem Erbe ihres Großvaters verpflichtet und unterstützen den Kindergarten. Von einem weiteren großzügigen Förderer erfuhr man am 19. September 1999: Der gebürtige Hirschauer Max Schuster aus Pennsylvania vererbte aus Dankbarkeit gegenüber den Armen Schulschwestern eine ansehnliche Summe.
Der Kindergarten erfuhr in seiner 70-jährigen Geschichte eine Reihe von Veränderungen. Um Platz für eine vierte Gruppe zu schaffen, wurde 1975 ein Erweiterungsbau in Angriff genommen. Rund 770 000 Mark an Baukosten waren angefallen, als der Bau am 12. Dezember 1975 seiner Bestimmung übergeben wurde. Mit einem großen Fest wurde am 29. Juli 1998 der Spielplatz auf dem angrenzenden Dorfner-Gelände eingeweiht. Die Schuster-Spende und die Firma AKW machten es möglich, dass man das Kindergartenareal am 30. Juni 2002 um einen Wasserspielplatz und eine Verkehrsspielzone erweitern konnte. Als 2010 die Kinderkrippe eröffnet wurde, waren größere Brandschutzmaßnahmen notwendig.
Heute fühlen sich 71 Kinder in den je zwei Krippen- und Kindergartengruppen bestens aufgehoben. Fünf pädagogische Fachkräfte, sechs pädagogische Zweitkräfte, eine Praktikantin und eine Assistenzkraft leisten engagierte Arbeit. Sie alle beteiligen sich jeden Monat an zwei Tagen am AOK-Gesundheitsförderprogramm „JolinchenKids“. Seit 2017 haben die Kinder ein zweites Kita-Zuhause. Gut sieben Monate im Jahr wird ein Waldquartier am Kalvarienberg zum Lern- und Spielort. Von Dienstag bis Freitag ist jeweils eine der Gruppen dort. Höhepunkt der Waldkindergarten-Tage ist alljährlich eine Waldwoche. Fünf Tage lang ist dann für die Kinder aller vier Gruppen „Natur pur“ angesagt. Groß geschrieben wird in der Einrichtung auch das Singen. Mehrfach wurde man vom Deutschen Chorverband mit dem Gütesiegel „Felix“ ausgezeichnet. Seit zweieinhalb Jahren können die Kinder auch ihr Mittagessen aus der Küche von Sandro Lutz im Kindergarten einnehmen. Rund 35 Mädchen und Buben machen davon täglich Gebrauch.
Am Sonntag große Jubiläumsfeier in St. Wolfgang
Das Festprogramm zum 70-Jährigen des Hirschauer Kindergartens St. Wolfgang am Sonntag, 7. Mai:
- 14 Uhr: Auftritt der Krippen- und Kindergartenkinder und Austanzen des Maibaums. Verpflegung durch Foodtruck von MC.Ellisda und Elternbeirat mit Kaffee, Kuchen und Süßigkeiten. Hüpfburg, Spielstationen und Zeitstrahl mit Erinnerungen aus den vergangenen 70 Jahren, musikalische Unterhaltung.
- 17.30 Uhr: Ziehung der Gewinnerlose der Tombola. Hauptpreis: St.-Wolfgangs-Maibaum.
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