Seit 1771 halten die Hohenburger nun schon ihr Versprechen, am Namenstag des heiligen Sebastian eine Figur in feierlicher Prozession durch den Markt zu tragen. Damit erinnern sie an das noudige Jahr 1770. Nach einem Verbot durch die damalige Obrigkeit im Kriegsjahr 1942 war es heuer wegen der Corona-Pandemie das zweite Mal, dass sie ihr Versprechen nicht halten konnten.
Doch die Hohenburger hatten sich am Sonntag etwas einfallen lassen. Die Statue des Pest-Heiligen bekam beim Gottesdienst am Altar einen Ehrenplatz: So war sie auch ohne Prozession beim Sebastiani-Gottesdienst der Mittelpunkt. Es wäre heuer das 250. Mal gewesen, dass die Hohenburger ihr einst gegebenes Versprechen halten. Doch die Pandemie-Auflagen ließen dies nicht zu, erklärte Pfarrer Hans Jürgen Zeitler beim Gottesdienst.
Einer der ältesten Bräuche
Die Sebastianiprozession in Hohenburg gehört zu den ältesten gelebten christlichen Bräuchen in der Region. Das Hungerjahr 1770 war Grund für das Hohenburger Versprechen, zu Ehren des Pest-Heiligen St. Sebastian an seinem Namenstag, in späteren Jahren dann am darauffolgenden Sonntag, eine fast lebensgroße Statue in einer feierlichen Prozession durch den Markt zu tragen - egal, wie das Wetter auch sein mag. Begleitet wird die Prozession immer vom Pfarrer, mit dem Allerheiligsten unter dem Himmel, wie dies sonst nur an Fronleichnam zu sehen ist, sowie von den Honoratioren des Marktes, der Trachtenkapelle, den Vereins-Abordnungen mit ihren Fahnen und den Gläubigen.
1770 hatte es im Lauterachtal eine Missernte gegeben. Weil deshalb Nahrungsmittel für die Menschen und Futter für die Tiere fehlten, wütete in den Wintermonaten der Hungertyphus im Markt. Die Pest kam noch dazu und auch von einem gewaltigen Viehsterben berichtet die örtliche Geschichtsschreibung. Hilfe von auswärts war nicht zu erwarten: Selbst die Kammern des bischöflichen Hofkastens (jetziges Rathaus) sollen damals leer gestanden haben, weil der Zehent ausgeblieben war.
In ihrer Not wandte sich die Bürgerschaft an den viel verehrten Pest-Heiligen Sebastian mit dem Gelübde, an seinem Namenstag eine Statue in einer feierlichen Prozession durch den Markt zu tragen, damit dieser für immer von weiterem Unheil verschont bleiben möge. Der 20. Januar, der Namenstag des Pest-Heiligen, war in Hohenburg schon immer ein Festtag, daran erinnern sich die Altvorderen im Ort.
Bis weit in die 1950er-Jahre wurden auch die Zunftstangen bei der Prozession mitgetragen. Die Träger der Sebastiani-Statue, meist ehemalige Ministranten, erhielten damals 50 Pfennig aus der Gemeindekasse. Die Träger der Hohenburger Zunftstangen wurden aus den jeweiligen Zunftkassen entlohnt. Für sie ist es bis heute Ehrensache, zum Kreis der Sebastianiträger zu gehören. 1930 war die Statue des Heiligen Sebastian für diesen Festtag mit Silberketten und Taler behängt und die "Trage mit Papierblumen und bunten Christbaumkugeln" verziert, schreibt der Hohenburger Heimatchronist Friedrich Spörer in seinen Aufzeichnungen.
In all den Jahren seit Bestehen des Brauchs fiel der Umzug nur einmal aus: 1942 war er wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" verboten, schrieb Spörer in seinen Memoiren.
Die Hohenburger Sebastianiprozession
"Dafrorn" oder "dasuffan"?
Manchmal gab es in Hohenburg einen "dafrorna", manchmal auch einen "dasuffan Wastl" am Gelübde-Tag - eine Besonderheit des Sebastianifests, die nicht nur mit der Witterung zu tun hat, sondern auch mit einer Wette. Bis zur Ablösung des Truppenübungsplatzes 1951 war es noch üblich, dass auch die Bauern bis aus Lutzmannstein, Weidenhüll, Griffenwang und den umliegenden Dörfern mit Schlitten oder Schetzen, je nach Witterung, zum Sebastianifest nach Hohenburg kamen. Zu dessen weltlichem Teil wurde dann auch kräftig eingekehrt und mit Musik von Wirtshaus zu Wirtshaus gezogen.
Gehalten hat sich davon bis heute, dass am Ende der Prozession die Trachtenkapelle den Fahnenmarsch spielt, erzählt ihr Vorsitzender Markus Mitschke: "Hintergrund ist eine lange zurückliegende Wette, wer wohl eher im Wirtshaus sein würde - die Fahnenträger mit ihren Vereinsfahnen oder die Musiker der Trachtenkapelle." Denn der Verlierer bezahlt die Zeche.
Vor ein paar Jahren haben die Musikanten den Fahnenträgern einen Streich gespielt und sie ins Leere laufen lassen: Damals spielte nur die Hälfte der Musiker in Hohenburg zum Marsch auf. So konnte der andere Teil schon vorzeitig ins Wirtshaus einrücken.
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