Ilsenbach bei Püchersreuth
23.10.2018 - 14:59 Uhr

Ilsenbach - einst ein geteiltes Dorf

Um 1554 verläuft eine Landesgrenze durch die Ortsmitte von Ilsenbach - auf der einen Seite böhmische Herrschaft, auf der anderen Seite die Pfalzgrafen zu Neuburg.

Das Landsassengut und ehemalige Schloss Ilsenbach ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen. Bild: Rainer Christoph
Das Landsassengut und ehemalige Schloss Ilsenbach ist in Privatbesitz und nicht zu besichtigen.

(cr) Den Bogen in die Vergangenheit eines Ortes zu spannen, der nicht im Mittelpunkt politischer und gesellschaftlicher Interessen lag, ist auch für den Schlossherren von Ilsenbach, Professor Dr. Konrad Ackermann, nicht einfach. Nach seinen Aussagen gibt es über den kleinen Ort und das dazugehörige Landsassenschloss wenig eigenständige Unterlagen.

Nur im Gesamtkontext vieler Urkunden und Abschriften tauchen gelegentlich die rätselhaften Bezeichnungen des Ortes wie „Ulsenpach“ oder „Ylsenbach“ auf. Die Baustilfragmente des Dorfkirchleins lassen seinen Ursprung erahnen. Mehr Auskünfte geben die Diözesanmartikel und Urbarien einzelner Pfarreien. Der ehemalige Wildenauer Pfarrer Wismath gilt als seriöser Geschichtsforscher. Er vermutete, dass der kleine Ort um 1098 zum Besitz der weit verzweigten Sippe der „Razzo, Reusse oder Reize“ gehörte. Die Erstnennung Ilsenbachs stammt von 1147. Der letzte Spross der Sulzbacher, ehemals Graf von Floß, ließ laut Ackermann „Ilsenbach erstmals durch eine urkundliche Erwähnung 1147/42 in das Licht der Geschichte eintreten“.

Uralter Adelssitz

Bestätigt wird das durch den Weidener Landrichter Johann Leonard Rummel, 1663 Besitzer von Schloss Ilsenbach. Er bezeichnet das Gut als einen „uralten adeligen Sitz.“ Aus der Zeit der Rummels stammt auch die Ilsenbacher Fahne mit deren Wappen. Angelehnt an das Wappen der Stadt Rom befinden sich Romulus und Remus darin sowie zwei Hähne und die Sterne der Lobkowitzer. Um 1450 wird der tägliche Krieg gegen die Hussiten vom Bischof von Würzburg mit seinen Leuten vom Schloss Ilsenbach aus organisiert.

Bauern waren es, deren Nachfahren zum Teil bis heute noch hier leben. Zusammensetzung und Struktur des Ortes weisen auf „ein typisch mittelalterliches Dorf mit grundherrschaftlicher Organisation hin.“ Um 1500 bietet sich ein buntes Bild von sechs großen Höfen. 80 Jahre später sind die Häuser fast ausnahmslos noch aus Holz gebaut und mit Schindeln oder Stroh gedeckt. Zum Hof gehörten Stadel, Stallung, Wagenschupfen, Garten und vereinzelt ein Backofen. Dazu gesellen sich eine Taferlwirtschaft, neun Söldengüter, ein Hirtenhäusl, die insgesamt wohl einen ärmlichen Eindruck machten. Nur die kleine romanische Dorfkirche St. Johannes sowie das herrschaftliche Schloss sind aus Stein errichtet, letzteres von Graben und Mauer umgeben, von Osten her gewährt eine hölzerne Brücke Einlass.

An der Goldenen Straße

Die bedeutende mittelalterliche Handelsstraße von Prag nach Nürnberg, die Goldene Straße, führte, so Ackermann, an Ilsenbach vorbei. Durch den Böhmenkönig und deutschen Kaiser Karl IV. wurde der Ort friedlich in das Gebiet Neuböhmens eingegliedert. Das hatte seine Auswirkungen. Um 1554 verlief gar eine Landesgrenze durch die Ortsmitte – auf der einen Seite böhmische Herrschaft, auf der anderen Seite Ansprüche der Pfalzgrafen zu Neuburg. Das Schloss mit den Hintersassen gehörte zum Pflegeamt Floß und somit zu Neuburg, die Kirche und etliche Bauernhöfe zur Lobkowitzer Herrschaft Neustadt/Störnstein. Die Landesgrenze zwischen Böhmen und Neuburg lief mitten durch das Dorf, so dass Streit vorprogrammiert war.

Der Streit eskalierte zum Beispiel als es um den „Kirchweihschutz“ ging. Am Kirchweihtag marschierten im Morgengrauen Neustädter und Flosser Mannschaften mit Gewehren in Ilsenbach ein und feuerten Salven ab. Die Neustädter, in der Unterzahl, zogen sich zurück und die Flosser aber harrten einen Tag aus. Dieses Spielchen wiederholte sich einige Jahre.

Problem: Bierkauf

Streit gab es um den Bierkauf, stets herrschte Verwirrung über die Zuständigkeit. Da wurde gepascht und immer wieder die Frage aufgeworfen: „Liegt das Landsassengut nun auf böhmischen oder Teutschem Territrio?“ Auch die segensreiche Epoche der Lobkowitzer, die ihre Herrschaft 1603 durch Kauf erwarben, löste das Problem nicht, die Regierung in Neuburg erklärte die Besitzübertragung Ilsenbachs für null und nichtig. Wieder fielen Reiter und Fußvolk von Floß kommend ein, zerstörten die Burgbrücke, trieben das Vieh weg, brachen die Kirche auf, setzten den Pfarrer ab und öffneten bei Nacht die Teiche. Unter Strafe wurde den armen Ilsenbachern eingeschärft, keinesfalls der Neustädter Herrschaft zu gehorchen.

Politische Interessen

Ilsenbach, als ein „fein Gütlein in Fürstlicher Gnaden Landes gelegen“ bezeichnet, geriet zum Zankapfel politischer Interessen. Ladislaus von Lobkowitz schaltete sogar den Kaiser ein. Doch die hohe Politik hatte Besseres zu tun, die Beschwerde war vergebens. Ein endgültiges Ende fanden die Streitereien erst, als Ilsenbach 1806 zum Königreich Bayern kam. Um 1580 wird Ilsenbach mit einem ärmlichen Aussehen beschrieben mit der Ausnahme eines Neustädter Hofes (heute wahrscheinlich das Treml-Haus Nr. 19) von beachtlicher Größe.

Der Dorfstein von Ilsenbach. Bild: Rainer Christoph
Der Dorfstein von Ilsenbach.
Ilsenbach ist immer noch „ein fein Gütlein“: ein typischer und gepflegter Bauernhof in der Ortsmitte. Bild: Rainer Christoph
Ilsenbach ist immer noch „ein fein Gütlein“: ein typischer und gepflegter Bauernhof in der Ortsmitte.
 
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