Zum Prozessauftakt entlastet er seinen Chef trotzdem, vielleicht unfreiwillig. Denn auch er hat inzwischen über 1000 Überstunden. Die Arbeitsbelastung scheint bei der kleinen Gemeindeverwaltung (sechs Mitarbeiter plus fünf am Bauhof) tatsächlich sehr hoch zu sein, gerade wenn Krankheitsfälle dazu kommen. Der Kämmerer macht als erster Zeuge im Prozess gegen Heinz Lorenz aber auch unmissverständlich deutlich, dass aus seiner Sicht Fehler hätten vermieden werden können. "Es gibt Schulungen. Man kann bei Nachbarkommunen nachfragen. Zur Verwaltungsgemeinschaft Kemnath haben wir auch einen guten Draht", zählt Kaufmann auf. "Man hätte was dagegen tun können."
Als er 2014 seinen Dienst antrat, seien ihm schnell jede Menge Mängel aufgefallen. Dies hätten überörtliche Prüfer 2015 bestätigt. Beispielsweise wurde bei den Jahresrechnungen "fachlich viel falsch gemacht". Kaufmann versucht, es zu erklären: Die Jahresrechnung habe an sich keinen Fehler aufgezeigt, "aber sie ging um 7500 Euro nicht auf". In der Kasse sei eine ungelernte Kraft eingesetzt gewesen, "ohne jede Verwaltungsausbildung". Am Ende musste man die Software-Firma holen, um den Wurm herauszubringen.
In Unwahrheiten verstrickt
Am meisten erstaunt hat den Kämmerer aber die Sache mit den Beitragsbescheiden. Bürgermeister Lorenz hat demnach von 2015 bis Ende 2016 ein seltsam doppeltes Spiel gespielt: In der Gemeinde erzählte er, die Bescheide versandt zu haben. Kasse und Kämmerei wunderten sich, dass kein Geld einging. Man mahnte, stand kurz davor, den Gerichtsvollzieher einzuschalten. Im Gegenzug erzählte Lorenz den Grundstückeigentümern, sie bräuchten die Mahnungen nicht ernst zu nehmen. Und in Wahrheit? Da lagen die Briefe noch immer bei ihm. Laut Kaufmann musste man am Ende "ganz schön Gas" geben, sonst wären die rund 70 000 Euro verjährt gewesen. Der Kämmerer weist auch daraufhin, dass weitere solche Fälle offen sind: "Mittlerweile wissen wir, dass das nicht die einzigen waren."
Bleibt das Thema Überstunden. Auch bei Thomas Kaufmann sind bis dato 1030 Stunden aufgelaufen, auch bedingt durch die Aufarbeitung sowie den Krankenstand des Bürgermeister und Geschäftsleiters. Aber auch bedingt dadurch, dass er mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllt.
Wie schon Bürgermeister Lorenz. Dieser schildert am Mittwoch eindringlich, wie er 2007 einen ganzen Strauß an Jobs übernommen habe: Eingestellt als Kämmerer war er zeitgleich für Baurecht und Personal zuständig. "Den stellvertretenden Standesbeamten habe ich auch noch gemacht." Und als sein Vorgänger, Bürgermeister Peter Merkl, keinen Pächter für den Freibadkiosk gefunden habe, "haben wir den innerhalb von vier Tagen selbst hochgezogen".
"Hier wurde extrem gespart an Personal", benennt Lorenz "das Hauptproblem von Immenreuth". Er sei davon ausgegangen, dass es "in Ordnung" gehe, wenn er sich die Überstunden ausbezahle, Lorenz erinnerte an die Klage seines Vorgängers Merkl vor dem Verwaltungsgericht Regensburg 2017, der unter anderem für 1200 Überstunden rund 23000 Euro forderte. Die Klage sei zwar insgesamt gescheitert, aber das Verwaltungsgericht habe die Überstundenproblematik "nicht groß moniert". Sollte sein Vorgehen vom Beamtengesetz nicht gedeckt sein, werde er "auf dieses Geld verzichten".
Auszahlung scheitert
Die Auszahlung von Überstunden ist in der Gemeinde ein Dauerthema. Auch für Kämmerer Kaufmann hat man noch keine Lösung gefunden. 2016 bot ihm der Gemeinderat die Auszahlung von 100 Stunden an. Als dies der Gemeindetag als nicht zulässig bezeichnete, wurde die Zahlung rückabgewickelt. Der Vorschlag des Gemeindetags sei gewesen, dass der Kämmerer ein halbes Jahr frei mache und eine Vertretung eingestellt werde. "Das ist nicht praktikabel", sagt Kaufmann. Weder finde sich eine solche Ersatzperson, noch lasse sie sich auf die Schnelle anlernen.
Das Verfahren wird am 29. Januar fortgeführt. Dann sind 17 Zeugen geladen, darunter der Gemeinderat.













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