Kastl bei Kemnath
28.04.2025 - 13:42 Uhr

Austragsehepaar beim Erntedankzug in Kastl steht fest

Der historische Erntedankzug am 14. September in Kastl zeigt ein farbenfrohes Bild des bäuerlichen Lebens vergangener Tage. Inmitten des prächtigen Spektakels sitzt ein Paar, dem die Pfarrei mit großer Wertschätzung begegnet.

Josef und Betty Weidner dürfen beim historischen Erntedankzug in der Pferdekutsche mitfahren. Bild: Johann Walter/exb
Josef und Betty Weidner dürfen beim historischen Erntedankzug in der Pferdekutsche mitfahren.

Wenn am 14. September in Kastl wieder Tausende Besucherinnen und Besucher die Straßen säumen, Pferdehufe auf der Straße klappern und festlich geschmückte Wagen ein farbenfrohes Bild des bäuerlichen Lebens vergangener Tage zeichnen, dann ist Zeit für den Höhepunkt des Jahres: den historische Erntedankzug. Inmitten dieses prächtigen Spektakels sitzt heuer ein Paar, dem die Pfarrei mit herzlicher Wertschätzung begegnet, berichtet Bürgermeister Johann Walter: Josef und Betty Weidner aus Weha, das Austragsehepaar des Festumzugs.

Als Josef Weidner die Nachricht erhielt, dass er mit seiner Frau Betty als Austragsehepaar beim historischen Erntedankzug in der Pferdekutsche mitfahren dürfe, war die Freude groß. „Für meine Frau und mich ist es eine große Ehre. Wir hätten nie daran gedacht, dass wir gefragt werden“, erzählt Josef Weidner, der kürzlich 80 Jahre alt wurde. „Ursprünglich war geplant, dass wir auf dem Festwagen von Weha mitfahren. Dass wir nun in der Kutsche sitzen dürfen, ist nochmal ein Stück Würdigung für uns beide.“ Betty Weidner fügt hinzu: „Ich hätte die ganze Strecke zu Fuß ohnehin nicht mehr geschafft, meine Füße machen das nicht mehr mit. Jetzt gefahren zu werden, das ist schon was ganz Besonderes.“

Gelebte Tradition

Der Erntedankzug in Kastl ist mehr als ein Umzug. Er ist gelebte Tradition, Heimat und Brauchtum. Josef Weidner erinnert sich an seine erste Teilnahme als neunjähriger Bub. „Damals fuhr Hans Frank aus Weha mit einem Motivwagen, gezogen von seinen Pferden. Meine Eltern gingen zu Fuß mit. Es war der Erntewagen, so wie ihn auch heuer wieder die Wehaer gestalten werden. Seitdem war ich eigentlich jedes Mal dabei. „Die Stimmung ist immer sehr gut, wenn es um den Erntedankzug geht. Jeder freut sich, jeder hilft mit. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl im Ort und in der Pfarrei“, betont er.

Heuer wird auch Bayerns Heimat- und Finanzminister Albert Füracker erwartet. Für Josef Weidner ist das eine wichtige Geste: „Wenn er wirklich kommt, ist das großartig. Denn das gab es auch anders. 1968 sagte Bundeslandwirtschaftsminister Höcherl fest zu, kam aber dann doch nicht zum großen Kriegerfest nach Kastl. Das war damals ein Skandal. Für diese Veranstaltung haben wir damals extra die Wallfahrt nach Gößweinstein verschoben. Aber danach war klar: Einmal und nie wieder, seitdem findet die Wallfahrt immer am Wochenende nach Fronleichnam statt. Die Ortschaft Weha beteiligt sich seit jeher mit einem Getreide-Erntewagen. „Da ist das ganze Dorf gefragt." Die Vorbereitungen für den Erntedankzug sind für Weidner daher mehr als nur eine Pflicht, sie sind eine Brücke zur Vergangenheit und eine Stärkung der Dorfgemeinschaft. "Vom Kornmandl bis zu den Blumen, jeder hilft mit“, sagt er.

Humor ist sein Markenzeichen

Josef und Betty Weidner haben gemeinsam viel erlebt. Die Liebe begann 1967 beim Maitanz im Gasthaus Vetter. Betty wohnte damals noch in Funkendorf, ihr Bruder brachte sie nach Kastl. „Der hat sich gedacht: Die werden schon heimkommen“, lacht sie. „Und ich bin geblieben.“ Sie heirateten am 11. Oktober 1969. Ihre Hochzeit war ein unvergessliches Fest. Nach der Hochzeit zog sie nach Weha. „Ein paar Nachbarinnen haben gelästert: 'Was will er mit der Gasbäuerin?' Aber ich hab mich in die Landwirtschaft hineingearbeitet. Keine Arbeit war mir zu viel.“ Josef Weidner und seine Frau sind keine Unbekannten in der Region. Im Gegenteil: Er hat Spuren hinterlassen, die bleiben. Vater von sechs Kindern, Großvater von 14 Enkelkindern, zwölf Jahre Vorsitzender des katholischen Männer- und Arbeitervereins Kastl, 40 Jahre Wallfahrtsleiter, seit über zwei Jahrzehnten engagierter Mesner und unermüdlicher Mitstreiter in Kirche, Dorfleben und Festkultur. Humor war und ist Josef Weidners Markenzeichen. „Ich war bei jeder Dummheit dabei.“ Auch die Theaterbühne war lange ein Teil seines Lebens. Legendär sind seine Auftritte mit der unvergessenen „Becken Anni“.

Bürgermeister Walter weiß auch Anekdoten aus dem Leben von Josef Weidner. Beim Festumzug 1968 in Kastl stellten sich zwei Handwerksburschen während der Festrede von Bürgermeister Wagner links und rechts neben ihn ans Rednerpult und zogen Grimassen. Der Redner kam völlig aus dem Konzept, das Publikum hatte seinen Spaß. Josef Weidner stand derweil beim Rapswirt unter der Tür und konnte sich das Lachen kaum verkneifen. Bei einer Wallfahrermesse in der Basilika von Gößweinstein wollte ein Pfarrer den Auftritt eines Gefangenenchors nicht dulden. Weidner geriet in Rage, „hätte ihn fast aus der Sakristei geworfen“. Am Ende, nachdem der Pfarrer den Auftritt des Chors doch zuließ, war es ein bewegender Gottesdienst, den der Geistliche mit einer Lobrede auf den Chor beschloss.

Ein anderes Mal fiel bei einem Wallfahrergottesdienst einmal kurzfristig ein Pfarrer aus. Weidner stimmte kurzerhand einen Wortgottesdienst an. Ein Anrufer petzte beim Pfarrer Gebert in Kastl: „Der Weidner hält dort eine Messe.“ Pfarrer Gebert konnte nicht glauben was er hörte, und stellte Weidner zur Rede. Als der Geistliche hörte, dass es nur ein Wortgottesdienst war, klärte sich die Situation schnell. In jungen Jahren fuhr Weidner mit dem Unimog durch die Dörfer und sammelte für den Kemnather Milchhof die Milchkandeln ein. Man kann sich denken, was er hier alles erlebte und was ihm die Bauern am Milchbankl alles erzählten oder von ihm wissen wollten. Später war er bis zum Eintritt in den Ruhestand Bierfahrer bei der Klosterbrauerei Kemnath.

 
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