Bald ist Aschermittwoch, bald beginnt die Fastenzeit. Im Normalfall schließen sich in der österlichen Bußzeit Fastenwillige zu kleinen Gruppen zusammen: Ihre Mitglieder treffen sich an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen zu einer gemeinsamen Mahlzeit, zum Gebet und zur Gesprächsrunde. Den Rest des Tages wird auf feste Nahrung verzichtet. Das ist der Ablauf in normalen Zeiten. Doch was ist seit Ausbruch der Corona-Pandemie schon normal? Und was könnte die Alternative zu solchen Gruppentreffen mit direkten Kontakten sein?
Johanna Eisner aus Haunritz, die seit über 30 Jahren Gruppen beim Hildegard-Fasten begleitet, nimmt es gelassen, dass ihre fest eingeplanten Fastenkurse von der Volkshochschule abgesagt wurden. "Corona muss man annehmen, damit müssen wir leben", sagt die Hildegard-Expertin und fügt hinzu: "Man kann ja auch anders fasten. Zum Beispiel indem man in der Fastenzeit 30 Tage vegan, also ohne tierisches Eiweiß, lebt. Oder indem man tageweise abwechselt zwischen normaler Ernährung und dem Brotfasten." Hierbei, so erklärt sie, werde drei Mal täglich Dinkelbrot gegessen - und zwar nur so viel, bis sich ein Sättigungsgefühl einstellt, als Getränk gibt es Kräutertee.
Petra Hirschmann aus Kemnath leitet seit zwei Jahren Hildegard-Fastengruppen und hat auch bereits davor einige Male als Teilnehmerin "mitgefastet". "Ich habe Verständnis dafür, dass Menschen dieses Jahr nicht fasten, weil sie sich unsicher fühlen", sagt die 46-jährige Mutter dreier erwachsener Kinder: "Aber es gibt auch Menschen, die das jährliche Fasten als festen Bestandteil ihres Lebens sehen und selbst heuer nur ungern darauf verzichten wollen." Ihnen möchte Hirschmann, die seit 2014 als zertifizierte Kräuterführerin mit verschiedenen Vorträgen unterwegs ist, eine Alternative bieten - und zwar in Form von Fasten ganz ohne Gruppentreffen.
Begleitung notwendig
Allerdings geben sowohl Eisner als auch Hirschmann zu bedenken, dass eine solche fünftägige Fastenkur "nichts für Anfänger ist". "Wenn man noch nie vorher an einer Fastenkur teilgenommen hat, ist es sehr schwierig ohne die Gruppentreffen", unterstreicht Petra Hirschmann. Denn gerade für Erstfaster sei eine Begleitung notwendig. Diese geschehe oft genug auch innerhalb der Gruppe beim Erfahrungsaustausch. "Die Gruppe trägt den Neuankömmling mit", weiß Eisner aus eigener Erfahrung, ein persönliches Gespräch sei eben viel wirksamer und wertvoller als das Lesen irgendwelcher Blogs im Internet.
Und noch eine zweite Einschränkung gebe es zu beachten, sagt Hirschmann: "Wer beim diesjährigen Fasten dabei sein möchte, sollte in psychisch stabiler Verfassung sein, er oder sie sollte nicht psychisch angekratzt sein. Weder durch Corona noch durch gesundheitliche oder private Probleme." Denn auch hier gelte: Durch die fehlende Gruppendynamik und die erzwungene Betreuung auf Abstand sei es schwieriger, die Fastenteilnehmer bei Problemen aufzufangen, Trost und Ermutigung zu spenden oder Ratschläge zu geben.
Gut für Körper und Seele
Johanna Eisner und Petra Hirschmann sind überzeugt, dass es trotz der coronabedingten Einschränkungen möglich ist, auch heuer zu fasten. "Das ist gut für den Körper und gut für die Seele", erklären beide übereinstimmend. Es kann eine mehrtägige Kur sein, es kann aber auch ganz einfach bedeuten, eine Zeit lang auf tierisches Eiweiß zu verzichten, Brottage einzulegen, während der Fastenzeit die Süßigkeiten im Schrank zu lassen oder den Fernseher nicht anzuschalten.
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