Kemnath
13.12.2020 - 10:37 Uhr

Realschule Kemnath: Debatte um Kosten und Transparenz

Kemnath braucht eine neue Realschule. Darin sind sich alle Kreisräte einig. Einer wäre sogar bereit, einen noch höheren Preis zu zahlen als die jetzt genehmigten 63,3 Millionen Euro.

So stellen sich die Planer die neue Aula der Realschule vor. Bild: Arbeitsgemeinschaft ALN-GdlF ALN/Architekturbüro Leinhäupl + Neuber GmbH/Gutiérrez-Delafuente Arquitectos SLP
So stellen sich die Planer die neue Aula der Realschule vor.

Es war eine Debatte, die sich über vier Stunden hinzog. Kein Wunder bei einer so weitreichenden Entscheidung, die der Kreistag Tirschenreuth am Freitag im Berufsschulzentrum zu fällen hatte: Es ging um die neue Entwurfsplanung für die Realschule Kemnath, Kostenpunkt 63,3 Millionen Euro.

Kemnath11.12.2020

ÖDP-Vertreter Marcus Remold wäre sogar über diesen Kostenrahmen hinausgegangen, stand damit aber alleine. "Ich sehe wunderschöne ökologische Details im Plan, das wird eine tolle Schule. Aber bauen Sie sie aus Holz", appellierte Remold. Er begründete das mit der CO2-Einsparung. "Wir müssen bereit sein, dafür ein paar Millionen in die Hand zu nehmen. Die Folgen des Klimawandels werden für unsere Kinder unbezahlbar, die werden einmal nicht nach der Höhe der Kreisumlage fragen."

Holzbau zu teuer

Ein Holzbau sei leider aus finanziellen Gründen nicht zu verwirklichen, beschied ihm Landrat Roland Grillmeier. Außerdem müsse dann mit der ganzen Planung von vorn begonnen werden. Er sei ein großer Fan von Holzbauten, sagte Architekt Markus Neuber: "Wir haben Holz an den Stellen, wo es sinnvoll ist, verwendet." Aber in der gewünschten Dimension scheitere man schlicht an den Kosten.

Auf Einsparungen von über einer Million Euro bereits im Vorfeld wies Projektsteuerer Marcus Hartl aus Pfarrkirchen hin. So habe man von Parkett auf Linoleum umgestellt, die Breite der Fluchtbalkone reduziert, an optischen und technischen Schrauben gedreht. Insgesamt habe er höchstes Vertrauen in die Kostenaussagen des jetzigen Planungsteams. Eines stellte Hartl aber heraus: "Das ist der Entwurf für ein Bauprojekt, keine Autobestellung nach Katalog."

Markus Neuber betonte, dass man das Leitkonzept von einer "bewegten Schule" beibehalten habe: "Die Schüler gehen zu den Lehrern und nicht umgekehrt." Die Aula mit ihren Sitzstufen sei das Herz der Schule, der an Leichtathletik-Laufbahnen angelehnte Belag ziehe sich durch das Gebäude, das vom Grundriss her sehr einfach strukturiert sei und deshalb sehr flexibel nutzbar. Mit grünem Klassenzimmer, begrüntem Dach und weniger versiegelten Flächen sah der Architekt auch ökologische Aspekte verwirklicht.

Finanzierung durch Kreisumlage

"Ein klares Ja", sagte Bernd Sommer im Namen der CSU-Fraktion zur Entwurfsplanung. Es werde eine zukunftsfähige Schule ohne Luxus. Der bisherige Planungsprozess sei nicht optimal gelaufen, sprach er die Kostensteigerung an: "Da wurde etwas auf die Schiene gesetzt, aber ohne Lokführer und Bremser. Eigentlich hätten wir es früher wissen können, hätten wir uns gekümmert." Die Finanzierung sei nur dank der Finanzkraft der Kommunen und der daraus resultierenden Kreisumlage möglich, stellte er die Stadt Kemnath heraus. Um die Gemeinden mittelfristig nicht zu überlasten, dürfe die Umlage keinesfalls so hoch wie jetzt bleiben. Der Mittelweg zwischen 36,5 und 45 Punkten lasse einen sportlichen Tilgungszeitraum zu.

Ja zum Neubau sagte auch Ely Eibisch für die Freien Wähler. Allerdings bemängelte er mangelnde Transparenz zur Kostenentwicklung. Eine öffentliche Diskussion erst nach Einreichung des Förderantrags sei längst überfällig: "Die Bürger haben ein Recht auf Information." Dass der Kreistag bei so einem Projekt nicht eingebunden gewesen sei, wäre noch nie dagewesen.

„Da wurde etwas auf die Schiene gesetzt, aber ohne Lokführer und Bremser."

CSU-Sprecher Bernd Sommer zur Kostenentwicklung

Überschuldung befürchtet

Zu überraschend kam Eibisch der Vorschlag, den Finanzbedarf von 51 Millionen Euro für die kommenden Großprojekte zu zwei Dritteln über Kredite mit einer Laufzeit von zehn Jahren abzudecken. Er fürchtete eine Überschuldung und eingeschränkte Handlungsfähigkeit des Landkreises. Der FW-Sprecher befürwortete eine moderate Absenkung der Kreisumlage mit Abfinanzierung in absehbarer Zeit.

"Wir wollen diesen Realschulbau", bekräftigte Uli Roth (SPD). Vorsichtshalber solle man mit knapp unter 70 Millionen Euro rechnen. Die Öffentlichkeit sah er jedoch zu wenig eingebunden, beklagte Roth auch zu späten Informationsfluss in die Fraktionen. Dass wenige Tage nach dem Treffen des Haushalts-Konsolidierungsausschusses ein völlig neues Finanzierungskonzept kam, verärgerte den SPD-Sprecher ebenso wie die Ablehnung einer Sondersitzung vor dem Abgabetermin des Förderantrags.

"Das kostet es eben"

Die aufkommende Schärfe in der Debatte bedauerte Matthias Grundler (Zukunftsliste) angesichts der Einigkeit in der Sache: "Wir stellen heute nicht den Haushalt auf." Zur Ehrlichkeit gehöre, dass man nicht zwei Jahre lang 35 Millionen Euro in die Öffentlichkeit posaunen hätte dürfen. Ebenso wie Uli Roth dankte er der Stadt Kemnath, deren gute Haushaltslage überhaupt eine schnelle Abfinanzierung des Projekts ermögliche. "Im Vergleich zur bedingungslosen Finanzierungszusage zur Rettung der Kliniken ist das heute top vorbereitet", sagte Grundler zum grundsätzlichen Vorgehen.

"Wir wollen alle eine zukunftstaugliche Schule und haben gelernt, das kostet es eben", sagte Heidrun Schelzke-Deubzer (Grüne). Sie sah sich jedoch überfordert damit, nach den "zwei extremen Möglichkeiten" der Realschulbau-Finanzierung vor weniger als 24 Stunden noch eine dritte Variante vorgelegt zu bekommen. Für den kurzfristig eingebrachten Beschlussvorschlag nahm Roland Grillmeier die Kritik an, verteidigte das neue Finanzierungskonzept jedoch: "Es lässt den Landkreis und die Kommunen atmen." Er hätte sich ein einstimmigeres Votum gewünscht, kommentierte der Landrat die Ablehnung von Freien Wählern, Grünen und SPD.

Die Jahre der Realschule am alten Standort sind gezählt. Darüber war sich der Kreistag einig und genehmigte den 63 Millionen teuren Neubau. Bild: stg
Die Jahre der Realschule am alten Standort sind gezählt. Darüber war sich der Kreistag einig und genehmigte den 63 Millionen teuren Neubau.
An dieser Stelle soll die Realschule "Tor zur Oberpfalz" gebaut werden. Bild: stg
An dieser Stelle soll die Realschule "Tor zur Oberpfalz" gebaut werden.
 
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