Vor allem der erfahrene Albert Deß, der zur Europawahl nicht mehr antritt, nahm dabei kein Blatt vor dem Mund und widersprach auch dem ein oder anderem Zuhörer im Saal. Er ging bei einem kurzen Eingangsstatement auf die Vorteile eines friedlichen Europas ein. Die Erfolgsgeschichte des Freistaates Bayern genießt innerhalb der EU nach wie vor großes Ansehen, egal wo ich hinkomme, bekräftigte Albert Deß seine Aussagen eingangs. Auch anhand von einfachen praktischen Beispielen, wie das Ende der unangenehm riechenden Ostwinde, die frühers aus den tschechischen Braunkohlewerke kamen und in die dank EU-Förderungen bessere Filter eingebaut wurden, zeigte der EU-Abgeordnete einfache Auswirkungen der EU auf. Auch viele Arbeitskräfte kommen mittlerweile von den europäischen Nachbarn zu uns, merkte Deß an. Er stellte dabei die Frage, wie angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels in Deutschland die wirtschaftliche Situation ohne diese Menschen wäre.
Mittlerweile stammen 6,5 Prozent der Beschäftigten im Landkreis Tirschenreuth aus Tschechien, pflichtete ihm der designierte CSU-Landratskandidat Roland Grillmeier bei. Er sieht eine Riesenchance auch wegen europäischer Förderungen wie das EFRE-Programm hier weiterhin länderübergreifende Kooperationen nachhaltig auf den Weg zu bringen. Wir müssen hier hellwach bleiben und unsere Kontakte zu den Ministerien noch besser nutzen, so Grillmeier. Er zeigte bei der Diskussion auf, wie gut er sich mit den jeweiligen Förderprogrammen auskennt und forderte unter anderem auch ein Nachbessern beim Euregio-Egrensis-Programm. Die Verwendung der Gelder, die aus Brüssel zur Verfügung gestellt werden, sollte aber nicht zu sehr reglementiert werden, fordert er. Die Förderungen sollten sich stärker an die Regionen orientieren und den Verantwortlichen vor Ort sollte mehr Kompetenz bei der Verwendung zugetraut werden.
Das Subsidaritätsprinzip wie es in Bayern vorgelebt wird, ist ein gutes Beispiel für Europa. Auch eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich der Hochschulen wie mit der OTH in Weiden, forderte Grillmeier diesbezüglich ein. Albert Deß, der auch agrarpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion ist, ging auf die Agrarreform ein. Diese habe kleineren landwirtschaftlichen Betrieben geholfen, da vor allem diese dadurch unterstützt wurden. So kamen viele Fördergelder nicht den Betrieben in den östlichen Bundesländern zu Gute, sondern landeten im Freistaat Bayern, erinnerte Deß. Diese Reform muss auch in der kommenden Periode fortgeführt werden, warb er zum Thema Nachhaltigkeit. Mit einigen Sorgenfalten blickt Albert Deß auf die von EU-Agrarkommissar Phil Hogan vorgelegten Reformvorschläge zur Agrarpolitik, da man sich damit zu sehr von der Gemeinsamkeit der Agrarpolitik entferne.
Angesprochen auf die Nachhaltigkeit in der Agrarpolitik nahm der Redner aber hier kein Blatt vor dem Mund. Wir haben in Deutschland eine irrsinnige Diskussion beim Thema Pflanzenschutz. Hier melden sich Leute zu Wort, die keine Ahnung haben von dem was sie reden. Ich möchte mal wissen, was passiert, wenn wir auf jeglichen Pflanzenschutz verzichten und woher die fehlenden eigenen notwenigen Lebensmittel dann herkommen sollen, stellte Deß die provokative Frage. Auch zum Darstellungsbild des Landes Ungarn in der Presse widersprach der Redner einem Zuhörer. Es ist schlichtweg falsch, dass die Pressefreiheit dort verboten ist, so Deß. Das Land hat zudem mehr Flüchtlinge aufgenommen wie Deutschland, worüber aber keiner redet, hinterfrägt der Redner dieses Vorgehen in der Presse.
Albert Deß machte auch darauf aufmerksam, dass durch den Brexit rund 12 Milliarden Euro an Beitragseinnahmen wegfallen und somit weniger verteilt werden können. Insgesamt sieht er Deutschland in der EU aber als größten Gewinner, da wir alleine einen größeren Export-Überschuss haben als alle anderen 27 Staaten zusammen. Angesprochen auf die finanziellen Probleme in Italien, erwiderte Deß, dass ihm persönlich die Franzosen viel mehr Sorge bereiten. Die Italiener haben noch einen kleinen Export-Überschuss, die Franzosen machen hingegen mittlerweile ein jährliches Defizit von über 64 Milliarden Euro. Der dortige Staatspräsident Macron hat nach wie vor nichts verändert, so Deß. Die Gewerkschaften sind nach wie vor viel zu stark und haben dafür gesorgt, dass Reformen zurück genommen wurden. Frankreich ist somit nicht mehr konkurrenzfähig in Europa. Angesprochen auf das Thema Crystal Speed, das aus tschechischen Giftküchen stammt, merkte Tobias Reiß an, dass sich hier bei der bayerischen Grenzpolizei auch aufgrund der Koalitionsgesprächen mit den Freien Wählern weiterhin etwas tun wird.
Christian Doleschal sah mit Manfred Weber den idealen Spitzenkandidaten als EU-Kommissionspräsident. Er sei froh, dass innerhalb der CSU vor allem auch die Jungen die Vorteile eines einheitlichen Europas erkannt haben und erinnerte dabei auch an Zeiten von EU-Kritikern wie Peter Gauweiler. Auch Albert Deß stieß in das gleiche Horn. Er kenne Manfred Weber seit er im europäischen Parlament ist. Er hat ein sehr großes Ansehen nicht nur innerhalb der EVP-Fraktion und unterstützt diesen gerne wo immer er kann. „EU-Präsident kann Weber aber nur werden, wenn die CSU ein starkes Ergebnis bei der Europawahl einfährt“, gab ein Albert Deß zu Bedenken im Hinblick auch auf manchen Gegenwind, dem der CSU von manch Politikern aus Berlin oftmals entgegenbläst.
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