Kirchenreinbach bei Etzelwang
15.11.2019 - 10:34 Uhr

Erinnerung an gefallenen Vater: Zerfetzt beim Brief-Schreiben

Volkstrauertag in der Region: Gedenkfeiern allerorten. Doch hinter den routinierten Kranzniederlegungen stecken grausame, persönliche Schicksale. Sie belasten viele Familien – auch heute noch.

Das Feldgesangbuch, ein Büchlein zehn Zentimeter hoch und sieben breit. Bild: upl
Das Feldgesangbuch, ein Büchlein zehn Zentimeter hoch und sieben breit.
Pionier Michael Luber aus Neukirchen. Repro: ds
Pionier Michael Luber aus Neukirchen.

Der Volkstrauertag soll die Erinnerung an das unsägliche Leid vieler Familien, das ihnen durch die beiden Weltkriege und ihre Folgen auferlegt wurde, wachhalten und als Mahnung für den Frieden dienen. Viele Familien, denen ein hartes Schicksal im Krieg beschieden war, bewahren Dokumente auf zum Gedenken an den Tod des Vaters, des Sohnes oder des Bruders – so wie Lydia Lehnerer aus Kirchenreinbach. Sie denkt in diesen Tagen an ihren Vater Michael Luber.

An vorderster Front

Die schwierige Aufgabe, die Todesnachricht an die Hinterbliebenen zu überbringen, oblag den Ortsgruppenleitern der NSDAP. Vom 8. September bis zum 28. Oktober 1944 – vor nunmehr also 75 Jahren – tobten besonders verlustreiche Kämpfe der Wehrmacht gegen die Rote Armee um den Dukla-Pass in den Karpaten an der Grenze zur Slowakei. Mit an diesem Einsatz war die Kompanie beteiligt, zu der Pionier Michael Luber aus Neukirchen zählte.

Bei der Verteidigung dieses Passes, einen alten Handelsweg, verlor Michael Luber sein Leben. Über seinen Tod liegt ein Kondolenzschreiben des Kompaniechefs an die Witwe vor. Der Oberleutnant schrieb: „Ich habe heute die traurige Pflicht, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Mann, der Pionier Michael Luber, geboren am 23. Februar 1901 zu Kauerhof, am 16. Oktober 1944 etwa gegen 10 Uhr auf der Höhe 800 bei Michow durch einen Granatvolltreffer gefallen ist. Ihr Mann war zur Verteidigung einer wichtigen Höhe eingesetzt und musste dabei sein Leben für des Reiches Zukunft lassen“. Und weiter heißt es in dem Schreiben: „Ihr Mann ist in den Soldatenfriedhof etwa zwei Kilometer südwestlich von Bulnica, 800 Meter westlich der Höhe 729 in einem Einzelgrab beigesetzt worden.“ Ironie des Schicksals: Nach Darstellung des Kompaniechefs zählte es nicht zu den Aufgaben dieser Kompanie, mit der Waffe in der Hand in vorderster Linie eingesetzt zu werden. Jedoch hätten die bereits erlittenen hohen Verluste bei der Verteidigung des Dukla-Passes den Einsatz eines jeden Mannes erfordert.

Hinter einem Busch

Eine Anfrage an die Kompanie durch die Familie Luber beantwortete der Kompanieführer und schilderte die näheren Umstände, die zum Tod von Michael Luber geführt haben. Demnach befand sich der Rest der Kompanie auf dem Kamm der Wald-Karpaten in Stellung: „Der Pionier Luber hatte eine kurze Freizeit. Hinter einem Busch sitzend schrieb er an einem Brief für seine Angehörigen, als plötzlich drei Granaten in der Stellung einschlugen. Michael Luber wurde „von einer Menge Granatsplitter getroffen. Er war auf der Stelle tot. Wir Kameraden beerdigten Pionier Luber sofort, da er wegen seiner vielen Wunden schlecht transportiert werden konnte.“

Unter den zurückgegebenen persönlichen Sachen befand sich ein kleines evangelisches Feldgesangbuch, das auf 95 Seiten überwiegend Texte geistlicher Lieder und Gebete, aber auch nationalsozialistische Dichtungen für Führer, Volk und Vaterland enthielt. Lydia Lehnerer bewahrt das Büchlein bis heute auf.

 
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