Kirchenthumbach
05.09.2019 - 10:49 Uhr

Eine Handvoll Glück

Sein Lebenselixier hält Josef Fronhöfer seit Jahrzehnten in der linken Hand. Es besteht aus sechs Blatt und entscheidet über Gewinn und Verlust. Seit Jahrzehnten ist er auf Achse, um einen Schafkopf zu dreschen.

Sechs Karten entscheiden beim Schafkopfen die über Sieg oder Niederlage. Der erfahrener Kartler Josef "Sepp" Fronhöfer weiß aber, dass es nicht nur auf das Blatt in der Hand ankommt: "Mitdenken musst du schon, sonst gewinnst nix." Bild: ü
Sechs Karten entscheiden beim Schafkopfen die über Sieg oder Niederlage. Der erfahrener Kartler Josef "Sepp" Fronhöfer weiß aber, dass es nicht nur auf das Blatt in der Hand ankommt: "Mitdenken musst du schon, sonst gewinnst nix."

Im Vordergrund steht beim Schafkopf, der bayerischen Mutter aller Kartenspiele, stets die Geselligkeit, Freude am Spiel und die Hoffnung auf den Gewinn. In den Schafkopf-Arenen, Sälen, Bierzelten und Wirtshäusern der Region ist Josef Fronhöfer – auch Sepp genannt – als ruhiger, fairer, beliebter und exzellenter Schafkopfspieler eine Größe. Der heute 92-jährige Landwirt im Ruhestand denkt nicht daran, in Schafkopf-Rente zu gehen. Er weiß, dass das Kartenspiel geistig fit hält und die bayerische Gemütlichkeit fördert – vorausgesetzt, man beherrscht die Sprache des Schafkopfs. "Mitdenken musst du schon, sonst gewinnst nix", betont Fronhöfer. "Reich werden kannst du mit dem Schafkopfen net. Es ist halt a gute Unterhaltung."

Geboren wurde Josef Fronhöfer 1927 im beschaulichen Ortsteil Asbach, das damals noch zur politischen Gemeinde Treinreuth gehörte. Schon als Bub hatte er den Alten, den Roten, die Schellnsau und den Buben in der Hand. Damals wurde noch mit acht Blatt gespielt. Ab den 60er Jahren wurde dann auf die "Siebener" und "Achter" verzichtet und nur noch mit sechs Karten gespielt. Anfangs waren es Reichspfennige, dann D-Mark-Pfennige, die in den "Geldschüsserln" lagen – bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Mit "Fünferln" und Zehnerln" wurde aber auch "schärfer" gespielt. Da kam es schon mal vor, dass auch größere Geldbeträge den Besitzer wechselten.

Früher, so erinnert sich Fronhöfer, als es am Sonntag noch eine Frühmesse gab, blieb mehr Zeit für ein Schafkopfspiel als heute. Es war Brauch, dass sonntags Knödel und Schweinebraten schon um 11 Uhr aufgetischt wurden. Richtige Schafkopfer-Klopfer erzogen ihre Frauen aber dazu, das Essen erst um 12 Uhr zu servieren – es wurden Prioritäten gesetzt. Bekam man genug Spieler zusammen, mischten sie auch am Abend nach dem Füttern und Abstallen die Karten. Und wenn es die Arbeit in der Landwirtschaft und im Wald zuließ, wurde auch mal unter der Woche gekartelt.

Gerne denkt Josef Fronhöfer, mit Hausnamen "Boarl", an hunderte von Schafkopf-Turnieren zurück, an denen er teilgenommen hat. Der "Sepp" hat immer noch einen Namen in der Schafkopf-Szene. Stets besonnen und Ruhe ausstrahlend spielt er die zweimal 30 Pflichtspiele bei den Schafkopf-Rennen runter. Vor ihm steht immer ein Spezi – Bier war noch nie sein Ding, und wenn, dann nur ein Seidl. Was nie fehlen darf, ist der Schnupftabak. Sein Favorit ist die "Gletscherprise".

"Viel Geld ist bei den Preisschafkopf-Turnieren nicht verdient", stellt er fest. Die Veranstalter geben die Regularien sowie das Startgeld vor, unter Schafkopfern auch "Einsatz" genannt. Zu gewinnen gab und gibt es Geld- und Sachpreise. "Ein paar hundert Mark oder Euro sind schon drin, wenn du den Ersten machst." Fronhöfer erinnert sich auch noch an die vielen Schweinehälften (halbe Sau), die die Gewinner nach Hause schleppten, oder an die Rehböcke. Nicht selten musste der örtliche Metzger die halbe Sau spendieren und der Jagdpächter den Rehbock. Das tat er auch gerne, vor allem dann, wenn eine Pachtverlängerung anstand. Zu gewinnen gab es aber auch Torten, Elektrogeräte wie Föhn und Bohrmaschine, Werkzeuge, kanisterweise Motorenöl, einen prall gefüllten Sausack (Presssack), Stangen an Rohwürsten, Brennholz, Fresskörbe aller Größen, Weine aus allen Anbaugebieten der Welt, Gutscheine und Biere in kleinen Fässern oder Kisten. Der Trostpreis war meistens eine Kiste Bier.

Dazu berichtete der 92-Jährige von einem Vorfall bei einem Preisschafkopf in Thurndorf: Es gab unter sechs Torten zu gewinnen, eine schöner als die andere. "Sepp" Fronhöfer hatte so viele Punkte gesammelt, so dass er sich eines der Konditormeisterwerke aussuchen konnte. Er entschied sich für die Torte, die ganz nach seinem Geschmack war und ließ sie im kühlen Regal stehen. Nach dem Turnier wollte er seine Torte abholen und mit nach Hause nehmen, aber das Sahnegebäck war weg. "Die hat sich ein anderer unter den Nagel gerissen." Dem Veranstalter war dies peinlich und entschädigte den "Boarl Sepp" mit 20 Euro. "Mir als leidenschaftlichen Tortenesser wäre die Torte aber lieber gewesen."

Wenn auch Gehör und Augenlicht nachlassen, das Schafkopfspielen lässt Josef Fronhöfer noch lange nicht bleiben. Zu "Auswärtsspielen" kann er aber nicht mehr selbst fahren. "Das nimmt mi scho wer mit. Neili wor i bei der Kuni in Naslitz, schöi wors", schwärmt der "Boarl-Sepp" von dieser geselligen Runde an diesem Samstagabend. Jetzt hofft der passionierte Schafkopfer, dass er noch lange die Karten in der Hand strategisch aufstellen kann und beim Zusammenrechnen der Augen auf die Zahl 61 kommt. Dann nämlich ist das Glück, wie so oft in den zurückliegenden 85 Jahren, auf seiner Seite.

Schafkopf und Schnupftabak gehören zusammen - zumindest für Josef Fronhöfer. Während andere Spieler ein kühles Bier zum Kartenspielen brauchen, genehmigt er sich lieber eine Nase voll "Gletscherprise". Bild: ü
Schafkopf und Schnupftabak gehören zusammen - zumindest für Josef Fronhöfer. Während andere Spieler ein kühles Bier zum Kartenspielen brauchen, genehmigt er sich lieber eine Nase voll "Gletscherprise".
Schafkopf und Schnupftabak gehören zusammen - zumindest für Josef Fronhöfer. Während andere Spieler ein kühles Bier zum Kartenspielen brauchen, genehmigt er sich lieber eine Nase voll "Gletscherprise". Bild: ü
Schafkopf und Schnupftabak gehören zusammen - zumindest für Josef Fronhöfer. Während andere Spieler ein kühles Bier zum Kartenspielen brauchen, genehmigt er sich lieber eine Nase voll "Gletscherprise".
Sechs Karten entscheiden beim Schafkopfen die über Sieg oder Niederlage. Der erfahrener Kartler Josef "Sepp" Fronhöfer weiß aber, dass es nicht nur auf das Blatt in der Hand ankommt: "Mitdenken musst du schon, sonst gewinnst nix." Bild: ü
Sechs Karten entscheiden beim Schafkopfen die über Sieg oder Niederlage. Der erfahrener Kartler Josef "Sepp" Fronhöfer weiß aber, dass es nicht nur auf das Blatt in der Hand ankommt: "Mitdenken musst du schon, sonst gewinnst nix."
 
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