Als der Zweite Weltkrieg seinem Ende entgegenging und amerikanische Truppen vor Königstein standen, weigerten sich der Ortsgruppenleiter der Nazis und einige SS-Angehörige, die weiße Fahne als Zeichen der Kapitulation an den Kirchturm zu hängen. Die Folge davon war, dass die US-Artillerie das Feuer eröffnete. Eine Phosphorgranate schlug am Marktplatz ein und setzte drei Anwesen in Brand.
Auch das Haus der Familie Ölmann fing sofort Feuer. Das alte Fachwerk bot den Flammen reichlich Nahrung. Nur das untere Geschoss mit dem steinernen Gewölbe hielt noch stand. Dort stand im Flur der Backtrog, den die Familie dringend fürs Kneten des Brotteigs brauchte. Kurzentschlossen zog ihn Leonhard Ölmann aus dem lichterloh brennenden Haus und rettete ihn vor den Flammen.
Der Backtrog wurde dann auf einen Wagen geladen und am Ortsausgang abgestellt, um ihn und andere gerettete Habseligkeiten im Stadel der Familie Wiesend unterzubringen. Darunter befanden sich auch einige Backkörbchen, im Volksmund Kretzln genannt.
Zur gleichen Zeit rollten die Amerikaner mit ihren Panzern und Jeeps durch Königstein. Da sah ein amerikanischer Soldat von seinem Panzer aus die Backkörbchen. Sie stachen ihm offensichtlich derart ins Auge, dass er aus seinem Panzer sprang, um ein Kretzl mitzunehmen. Leonhard Ölmann war aber keineswegs gewillt, nach dem Brand des Hauses, der ihn schon um einen Großteil seines Eigentums gebracht hatte, auch noch das Backkörbchen herzugeben. Wild entschlossen entriss er es dem amerikanischen Soldaten. Der griff voller Wut nach einem Gewehr und legte auf Leonhard Ölmann an. Zum Glück sah der Vorgesetzte des Panzerfahrers das dramatische Geschehen und schritt ein. Er befahl dem Soldaten, die Waffe abzusetzen und wieder in den Panzer zu steigen. So konnte Leonhard Ölmann sein Backkretzl behalten, das er mit so viel Einsatz verteidigt hatte. Heute noch befindet es sich im Besitz der Ölmanns.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.