Kohlberg
28.12.2018 - 11:02 Uhr

Wintergeschichten aus alter Zeit

Der ehemalige Gemeindeschreiber Johann Magerl hat vor knapp 50 Jahren Ereignisse und Bräuche in ein Schulheft notiert. Die zittrige Schrift des 89-Jährigen hat nun Karl Prösl aufbereitet und so manch Überraschendes entdeckt.

Nur wenige Kohlberger erinnern sich an diese Personen. Von links: Wagnermeister Josef Bäumler mit Ehefrau Katharina, Feuerwehr-Ehrenkommandant Johann Gäbelein, Georg Krügelstein und der ehemalige Gemeindeschreiber Johann Magerl. Er hat Aufzeichnungen über Kohlberger Ereignisse, den Verschönerungsverein, Sitten und Gebräuche verfasst. Das Bild entstand laut Angaben von Karl Prösl am 20. Oktober 1962 im Schnellinger-Saal (heute das Bösl-Anwesen). Bild: jml
Nur wenige Kohlberger erinnern sich an diese Personen. Von links: Wagnermeister Josef Bäumler mit Ehefrau Katharina, Feuerwehr-Ehrenkommandant Johann Gäbelein, Georg Krügelstein und der ehemalige Gemeindeschreiber Johann Magerl. Er hat Aufzeichnungen über Kohlberger Ereignisse, den Verschönerungsverein, Sitten und Gebräuche verfasst. Das Bild entstand laut Angaben von Karl Prösl am 20. Oktober 1962 im Schnellinger-Saal (heute das Bösl-Anwesen).

Manchmal ist Geschichte wirklich faszinierend. Da ist zuerst das tatsächliche Geschehen, das sich aber jemand merken muss und es, vielleicht erst viel später, auf Papier für die Nachwelt erhält.

Dieses Glück haben die Kohlberger. Denn der ehemalige Gemeindeschreiber Johann Magerl hat mit seinen damals 89 Jahren so um 1970 herum etliche Geschichten und Bräuche in ein kleines Schulheft mit blauem Einband geschrieben. Das Heftchen lag nach Magerl's Tod jahrzehntelang bei den Unterlagen von OWV-Vorsitzenden Hans Bock, bis es Bernd Bauer dort fand. Karl Prösl, der ehemalige Bürgermeister, beherrscht noch die Kunst, alte Schriften zu lesen. Er konnte Magerls Dokument bis auf wenige, unleserliche Textstellen entziffern und auf Schreibmaschinenpapier getippt dem Waldverein wieder zur Verfügung stellen. Magerl schrieb damals in seinen Wintergeschichten: „Auch möchte ich der Nachwelt aufzeichnen, wie … Gebräuche und Sitten …" - dann bricht der Text ab. Etwas später steht, dass in der Winterzeit in vielen Häusern noch Kienleuchten benutzt wurden. Die größeren Kinder mussten die Kienspäne in den Hutzerstuben nachlegen. Dort kamen die Nachbarn zusammen und „heckten die Begebenheiten des Tages durch“, wie Magerl vermerkt. „Die Frauen, damals noch Weiber, saßen im Kreis herum mit ihren Spinnrädern, die Männer mit ihren Tabakspfeifen“, notierte der Chronist. Und: „So nach und nach kam die Petroleumfunzel, bis dann 1923 die elektrische Leitung gebaut wurde.“

„Eine Belustigung war für die Kinder das Schlittenfahren bis zum Rammentaler Weiher (an der heutigen Eichelbachbrücke), dann den Fuhrweg hinunter (die Röthenbacher Straße) und den (steilen) Pfarranger hinab“ (in die Froschau), so Magerl. Damals gab es oft noch viel Schnee, so dass man Steige zum Laufen räumte, bis sich die weiße Pracht zu den Fensterbrettern hinauf türmte. Auf festgefahrenem Schnee war so eine Schlittenfahrt oft ein heißer Ritt. Vor allem, wenn mehrere Kinder auf einem Gefährt saßen und es dadurch schwerer zu lenken war. Der Gemeindeschreiber: „Da ist es einmal vorgekommen, dass drei Racker auf dem Schlitten mitsamt dem Fensterkreuz in die Stube vom Schreinergirgl-Haus reingekracht sind. Drinnen saß die alte Frau auf der Ofenbank, aß ihr Vesperbrot und hatte das Milchhaferl zwischen den Knien. Das ging dabei natürlich kaputt“, notierte er. „Die Missetäter rappelten sich eiligst auf und verschwanden samt dem Schlitten hinunter zum Mühlweiher“, beendete Magerl die Episode. Es gibt noch etliche Geschichten von ihm in dem kleinen blauen Heft.

 
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