Krummennaab
22.11.2019 - 14:29 Uhr

Wenn zu wenig Rente in die Altersarmut führt

Kaum mehr als 100 Euro hat Maria Meyer für sich selbst im Monat zur Verfügung. Sie gehört zu den 1,2 bis 1,5 Millionen Rentnern in Deutschland, die eine zu geringe Rente erhalten. Sie erzählt Oberpfalz-Medien von ihrer Situation.

Maria Meyer aus Krummennaab bei Erbendorf erzählt von ihrer Situation als Rentnerin. Bild: lue
Maria Meyer aus Krummennaab bei Erbendorf erzählt von ihrer Situation als Rentnerin.

Maria Meyer (Name von der Redaktion geändert) geht seit fast acht Jahren regelmäßig zur Tafel. Die Lebensmittelspenden erhält sie, weil sie zu wenig Rente bekommt. Sie erzählt, dass sie monatlich 625 Euro zur Verfügung hat. Davon werden Miete, Krankenversicherung und der Beitrag für die Mitgliedschaft beim VdK abgezogen. Unterm Strich bleiben ihr weniger als 100 Euro.

In ihrer Jugend lernte die heute 77-Jährige Schneiderin, viele Jahre bediente sie und ging putzen. "Ich habe mehr als 35 Jahre Beiträge für die Rentenversicherung gezahlt." Mit 58 Jahren beantragte sie die Rente. "Ich ging damals zum Arzt. Er meinte, so wie ich beieinander bin, gibt er mir die Rente sofort." Anfangs erhielt sie nicht mehr als 127 Euro. Ihr Fehler: "Als ich heiratete, habe ich mir bereits einmal einen Teil meiner Rente ausbezahlen lassen." Bevor sie mit dem Thema Rente konfrontiert wurde, hat sie sich wenig damit auseinandergesetzt. Ihr Mann war Trinker: "Er hat unser Geld versoffen." Der fehlende Betrag wird ihr heute angerechnet.

Grundrente zu spät

Die Grundrente, wie sie vor kurzem von der Großen Koalition beschlossen wurde, kommt für Meyer zu spät. Sie hätte sich schon lange mehr Unterstützung durch den Staat gewünscht. Die Frau weiß, dass sie zu den vielen Menschen in Deutschland gehört, die unter Altersarmut leiden. Ob ihr die Einführung 2021 etwas bringen wird, kann sie nicht sagen. "Wer weiß, ob ich dann noch da bin."

Geld reicht nicht für Miete

Mit der Rente, die sie anfangs bekam, konnte sie nicht leben. "Also ging ich auf Stundenbasis noch zehn Jahre Putzen." Ihr Mann starb vor 20 Jahren. "Dann habe ich ein paar Pfennig mehr bekommen." Damals wohnte sie noch in Weiden, das Geld reichte nicht für die Miete. Zusätzlich wurde ihr mehr Krankenversicherung abgezogen. "Je höher das Einkommen ist, desto mehr muss man zahlen."

Es folgten mehrere Umzüge. Als ihre Tochter und ihr Schwiegersohn schließlich ein günstiges Haus in Krummennaab kauften, zog sie dort mit ein. Ihre Familie versucht die 77-Jährige, so gut wie es geht zu unterstützten. In dem Haus zahlt Meyer 430 Euro Miete monatlich. Weitere Unterstützung vom Staat erhält sie nicht. Grundsicherung oder Wohngeld wurden von den Behörden abgelehnt.

"Meine Wohnung ist für eine Alleinstehende zu groß. Ich dürfte nur 48 Quadratmeter haben, habe aber 80 zur Verfügung." Um zur Ausgabestelle der Tafel nach Erbendorf oder zum Arzt zu kommen, braucht sie einen Fahrer. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihr Auto hergeben.

"Ich hatte vor drei Jahren fünf Schlaganfälle innerhalb kurzer Zeit und einen Herzinfarkt." Sie war oft im Krankenhaus, heute ist sie schlecht zu Fuß unterwegs. "Ich gehe mit Krücke oder Rollator." Jeden Tag schluckt sie 25 Tabletten. "Das ist fürs Herz, den Blutdruck und gegen die Schmerzen."

Hohe Hilfsbereitschaft am Land

Nachbarn, Familie oder Bekannte fahren sie mit dem Auto, wenn sie Termine hat. Die Hilfsbereitschaft sei am Land wesentlich höher als in der Stadt, findet sie. Doch wenn keiner Zeit hat, bleibt Maria Meyer zu Hause. "Ein Taxi kann ich mir nicht leisten." Als langjähriges Mitglied des VdK wurde sie vor kurzem geehrt: "Das habe ich verpasst, weil ich nicht hinfahren konnte." Eine Dame vom BRK hilft ihr beim Putzen ihrer Wohnung. Sie kommt einmal in der Woche für eine Stunde. "Ich kann nicht mehr staubsaugen oder mich bücken." Meyer gönnt sich keinen großen Luxus und kämpft sich durchs Leben. Kleidung besorgt sie günstig beim Discounter. "Meine Hose habe ich für 7,70 Euro gekauft." Wenn sie tatsächlich mal in einen Supermarkt geht, schaut sie immer auf Angebote. Über Bekannte bekommt sie ab und zu Obst und Gemüse aus Gärten. "Ich gehe auch mit der Krücke in den Wald und sammle Pilze." Sonst komme sie auch mit Nudeln oder Kartoffeln lange zurecht.

Kein gesellschaftliches Leben

Vor zwei Jahren hat sie zu Weihnachten einen Zwergpinscher bekommen. "Der braucht nicht viel", sagt sie. Meyer ist Raucherin. "Ich rauche sechs Zigaretten am Tag." Wenn sie es schafft ein paar Cent zu sparen, geht sie mal Essen oder kauft sich Wurst vom Metzger.

Auf einem Weihnachtsmarkt oder ein Fest geht sie schon lange nicht mehr. "Das ist zu teuer. Was will ich da, wenn ich mir dort nichts kaufen kann." Jedoch freut sie sich auf die VdK-Weihnachtsfeier. "Meine Cousine fährt mich und bringt mich wieder nach Hause. Vom VdK gibt es immer einen 5-Euro-Gutschein. Davon kann ich mir ein kleines Wasser und Essen leisten."

Altersarmut in der Rente:

Wer heute weniger als 917 Euro im Monat zur Verfügung hat, gilt in Deutschland als arm. Betroffen sind auch viele Rentner. Nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind 15,6 Prozent der Rentner von Altersarmut betroffen. Vor allem Frauen und Witwen gehören zu der gefährdeten Gruppe, da sie häufig schlecht abgesichert sind. Auch lange Erziehungspausen machen sich in den Zahlen bemerkbar. (Quelle: www.daserste.de)

Hier geht's zur Serie "Armut in Weiden und im Landkreis Neustadt hat viele Gesichter"

 
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