Der „Südseitenwein“ aus Kühried: Traubenlese beim Altbürgermeister

Kühried bei Teunz
03.11.2021 - 16:49 Uhr
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Nach Günther Jauch stieg im Vorjahr auch Thomas Gottschalk ins Weingeschäft ein. Den Traum vom eigenen Hauswein hat sich der Teunzer Altbürgermeister Josef Klier schon vor 15 Jahren erfüllt. Chefin an der Presse ist aber Gattin Anni.

Wer im Herbst beim Teunzer Altbürgermeister vorbeifährt, fühlt sich wie in einem fränkischen Winzerdorf. Denn im Anwesen Kühried 8 ist im Oktober die Weinlese in vollem Gange. Ab Mitte November gibt es dann die erste Kostprobe des neuen Hausweins in Form des roten Federweißen. Wann sich Süße, Alkohol und Fruchtsäure des teilweise gegorenen Traubenmostes in einer guten Balance befinden, das bestimmt Gattin Anni.

"Ja, es ist eigentlich mein Hobby", meint diese lachend beim Besuch der Oberpfalz-Medien-Redaktion, "aber wir helfen zusammen". Seit 15 Jahren experimentieren die beiden mit der Herstellung von Rotwein und sind auch bei diesem Hobby ein eingespieltes Team. "Mittlerweile haben wir Erfahrung, aber die ersten Male wurde es ein saurer Wein, der fast nicht genießbar war", erinnert sich Anni Klier lachend an die Anfänge zurück.

Zehn Jahrgänge im Keller

In guten Jahren reichen die Trauben an Haus und Garage für bis zu 100 Liter Rotwein, die nach der Gärung in Fässern im Keller lagern. Flaschen werden nur für die Gäste in der Ferienwohnung oder zum Verschenken in Flaschen abgefüllt und mit einem selbst entworfenem Etikett versehen. Für den Eigenbedarf wird frisch vom Fass im Krug serviert. Von jedem Jahrgang werden aber einige Flaschen eingelagert. Die letzte Charge war der "Südseitenwein 2019 - gereift am Hause von Anni und Josef Klier." Dass 2020 im Regal fehlt, hat nichts mit Corona zu tun. "Im Vorjahr hatten wir einen Totalausfall", berichtet Anni Klier, "nachdem die Blüten erfroren sind, gab es keine einzige Traube."

"Heuer schaut es ganz gut aus", meint Josef Klier, der 24 Jahre lang als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde Teunz leitete. Er hält die Leiter, während Gattin Anni und Tochter Carola am Kirchweihmontag die Trauben pflücken. Grundlage des Hobby-Weinbaus bildet ein alter Rebstock, der "als Erbstück der Schwiegermutter lange unbeachtet blieb", so Anni Klier. Mittlerweile zieren dessen Reben nicht nur den kompletten Giebel der Doppelgarage, sondern auch den 13 Meter langen Balkon bis hinauf zum Carport. Die Rebsorte ist nicht bekannt, doch die dunkelblauen Früchte ergeben per Maischegärung einen samtig roten Wein. Im Gegensatz zur Saftgärung wird hier das komplette Obst verwendet, was zu einer intensiveren Färbung führt, da in der Gärung alle Substanzen und Farben aus den Feststoffen gezogen werden.

Mit dem Holzstampfer

Josef Klier wartet in der Garagenzufahrt auf die Trauben, die er im Kübel sofort mit einem Stampfer aus Hartholz bearbeitet. Gut gestampft landet die "rote Suppe" im Maische-Fass. "Dort bleibt das Ganze zwei bis drei Wochen", erklärt Anni Klier, die sich während dieser Zeit um das Umrühren kümmert. Danach steht das Pressen mittels einer kleinen Handpresse auf dem Plan. Der Dicksaft wird auf Plastikfässer verteilt. Diese lagern für den Gärprozess auf einer Bank im mäßig warmen Heizungsraum.

Umfüllen und genießen

"Ich geb nur Zucker dazu, sonst nichts", verrät die Hobbywinzerin. Zucker ist für die Gärung unerlässlich. Sie hat auch schon mit dem Zusetzen von Hefe und Schwefel experimentiert, "doch das Ergebnis überzeugte nicht". Mit einer Spindel von Weinanbaufreunden aus der ungarischen Partnergemeinde Großmanok stellt sie den Oechslegrad, also den Zuckergehalt im Most, fest: "Ich hab eine Liste, anhand welcher ich sehe, ob die Menge reicht."

Nun braucht es Geduld und etliche Probiervorgänge, die der Altbürgermeister höchstpersönlich übernimmt. Kurz vor Weihnachten ist der Reifeprozess abgeschlossen und der neue Wein fertig: "Wenn er nicht mehr so stark blubbert und sich die Maische, also das Fruchtfleisch unten abgesetzt hat." Anni Klier erklärt auch, wie sie den klaren Wein mit einem Schlauch in ein neues Fass umfüllt. Für dieses Jahr rechnet das Ehepaar mit etwa 80 bis 90 Liter. "Das können wir alleine nicht trinken", stellt Josef Klier mit einem Augenzwinkern fest. Doch da er und seine Frau für ihre Gastfreundschaft bekannt sind, werden wohl auch diese Fässer wieder leer werden. Unterstützung gibt es sicher im Februar 2022, wenn zum 81. Geburtstag des Altbürgermeisters die Gratulanten in Kühried vorbeischauen. Schließlich war die Feier des 80. im Corona-Lockdown nicht möglich. Das Ehepaar Klier hat auch für die Zukunft vorgesorgt: Damit der Hauswein weiter sprudelt, haben sie zur Sicherheit einen zweiten Weinstock oben am Carport gepflanzt.

Deutschland & Welt18.07.2020
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Kühried bei Teunz04.02.2021

"Mittlerweile haben wir Erfahrung. Aber die ersten Male wurde es ein saurer Wein, der fast nicht genießbar war."

Anni Klier

 
 

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