Eher durch Zufall hatte die Interessengemeinschaft (IG) "Leben statt Asphalt" davon erfahren, dass die Tennet AG, Betreiber des überregionalen Stromnetzes, plant, 220-KV-Leitungen über dem Gemeindegebiet Kümmersbruck zu ertüchtigen. Die IG hat daraufhin Tennet-Pressesprecher Andreas Schieder zu einem Ortstermin eingeladen.
Gehört hatte die IG nach eigener Pressemitteilung, dass Tennet im Zuge des Netzausbaus die 220-KV-Leitungen, die von Schwandorf über Kümmersbruck nach Ludersheim bei Nürnberg führen, auf 380 KV aufrüsten will. In der Dimension entspreche dies "den Leitungen des Ostbayernringes bei Schwandorf". Genaueres wollte "Leben statt Asphalt" nun bei einem Gespräch mit einem Tennet-Vertreter erfahren und traf sich dazu mit Pressesprecher Andreas Schieder am Vilsanger in Kümmersbruck. Neben der IG waren auch Vertreter des Bundes Naturschutz, des Bayerischen Bauernverbandes, des Kreisverbandes der Grünen und Anwohner dort. "Leider war trotz Einladung kein Vertreter der Gemeindeverwaltung Kümmersbruck bei diesem wichtigen Anlass dabei", merkt die IG an.
Eingriff in die Natur
Susanne Knoll wollte wissen, wo die neue Leitung hinkommen soll: Dazu erfuhren die Anwesenden, dass diese mindestens in einem Abstand von 70 Metern von der bisherigen aus verschiedenen Schutzgründen verlegt werden müsse. Solange die neue gebaut werde, müsse die alte Leitung für die Versorgung erhalten bleiben. "Diese Vorgehensweise hat aber tragische Konsequenzen in Bezug auf die Westumfahrung von Kümmersbruck", stellte Veronika Frenzel fest: Diese sei ja, um die Eingriffe in die Naturlandschaft möglichst gering zu halten, entlang der alten 220-KV-Leitung konzipiert worden. Diese Trassenführung sei nun ad absurdum geführt, da die neue 380-KV-Leitung in einem größeren Abstand von der ursprünglichen Trasse verlaufen werde.
Laut Markus Mahal bedeutet dies, dass neben den ohnehin schmerzhaften, schon bisher erfolgten Einschnitten in den Naturhaushalt zusätzliche schwerwiegende Eingriffe notwendig sein werden. Eine weitere Hiobsbotschaft erschreckte die Teilnehmer laut IG: Sie erfuhren, dass im „Suchraum Amberg“ ein neues Umspannwerk als Anschluss an das Bayernwerk-Verteilnetz errichtet werden soll. Dazu reiche das alte Umspannwerk an der Bayernwerkstraße mit seinen zwei Hektar Fläche bei weitem nicht aus. Der Flächenbedarf werde mit mindestens 20 Hektar kalkuliert.
Lokale Stromnetze ein Engpass
Die Dimension des Ausbaus im Übertragungsnetz stellte Michael Ströhl infrage. Für die Einbindung der erneuerbaren Energien seien vielmehr die lokalen Verteilnetze ein Engpass. Über die Netzentgelte müssten die Stromkunden letztlich die Kosten tragen, während der Strom im europäischen Handel nur quer durch Deutschland durchgeleitet werde. Verbrauchssteuerung und Speichertechnologien könnten die Netze ebenfalls entlasten.
Nach Auskunft Schieders soll der "Netzentwicklungsplan Strom 2037/45", der diese Maßnahmen enthält, noch dieses Jahr im Bundestag als Gesetz beschlossen werden. Das Planfeststellungsverfahren könnte dann 2025 beginnen. Die Anwesenden waren sich einig, dass bei diesem komplexen Thema weiterer Informationsbedarf besteht. Sie wollen das Thema weiterverfolgen, teilt die IG mit.
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