Apfelernte 2021 im Landkreis Neustadt/WN schwächelt

Leuchtenberg
02.09.2021 - 19:38 Uhr
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Da ist der Wurm drin: Die Apfelernte 2021 ist zwar besser als befürchtet, der Ertrag ist aber abhängig von den Wetterverhältnissen zum Zeitpunkt der Blütezeit. Manche Sorten gediehen prächtig, andere sind wurmig und faul.

Der Pomologe Michael Altmann aus Schwarzenbach bei der Arbeit. Die Apfelernte 2021fällt nicht sehr gut aus. Trotzdem findet man in seinem Garten Bäume mit prächtigem Behang.

"Besser als erwartet" lautet die diesjährige Ernte-Bilanz von Josef Bernhard von der gleichnamigen Mosterei in Steinach. "Es ist kein super Jahr, besonders die früheren Sorten wie Jakob-Fischer schwächeln durch die langen Regenphasen im Frühjahr. Aber bei den späteren Sorten wie Boskop oder Brettacher schaut es gar nicht schlecht aus." Über 40 Sorten baut Familie Bernhard auf ihren Streuobstwiesen an. Der heuer etwas stärkere Schorfbefall an den Bäumen hatte laut Bernhard auch Auswirkungen auf die Äpfel. Weil sein Betrieb aber die Früchte hauptsächlich zu Saft und Obstbrand verarbeitet, spiele dies bei ihm keine große Rolle. "Für das Trockenobst sortieren wir die schönen Äpfel aus."

Eine besondere Frucht schlage heuer alle Rekorde: "Eine Bombenernte habe wir heuer bei den Aroniabeeren. So etwas werden wir auch wohl in nächster Zukunft nicht mehr haben", schwärmt Bernhard. Die "Schwarze Apfelbeere" blüht recht spät und nutzte diesen Vorteil gegenüber vielen Apfelsorten aus. Die Mosterei in Steinach hat sich als einziger Betrieb in der Region vor drei Jahren eine Aronia-Erntemaschine aus Polen zugelegt. Auf einem rund 1,2 Hektar großen Feld bei Steinach startete am Mittwoch die Ernte. Bernhard schätzt den Ertrag auf satte drei Tonnen. Maria Bernhard friert die Beeren ein, bevor sie sie zu Saft, Gelee, Marmelade oder Brand weiterverarbeitet. Aroniapflanzen sind relativ robust, genügsam und widerstandfähig gegenüber Krankheiten. Sie haben einen fein-herben und säuerlichen Geschmack. Besonders auffällig ist die intensive, dunkel-violette Farbe.

Maria Ott: Fallobst aufsammeln

Maria Ott von der Obstmosterei in Speinshart meint, dass die Apfelernte heuer durch die Kältephasen im Frühjahr rund 14 Tage später dran ist. Allein in Speinshart hat sie rund 50 Apfelbäume. Viele Früchte seien faul und wurmig, etliche würden früh abfallen, erklärt die 62-Jährige. In der Gegend rund um Weiden sei die Bilanz etwas besser. "Wenn sich der Trend aber so fortsetzt mit dem Regen, sind die Äpfel durch das viele Wasser größer und weniger lagerungsfähig." Auch der Pilzbefall der Bäume sei durch die Feuchte heuer schlimmer. "Verfaultes Obst kann man nicht mehr mosten." Um die Wurmstichigkeit zumindest bei Winteräpfeln zu vermindern, sollte das Fallobst zügig aufgeklaubt werden. "Sonst bildet sich eine zweite Generation der Apfelwickler, die dann die Winteräpfel befallen."

Maria Ott gibt den Rat, für die Verwertung des Fallobstes den örtlichen Jäger zu kontaktieren. "Die Jäger verfüttern es dann an das Wild." Die 62-Jährige findet es "erschreckend", dass das Wissen über die verschiedenen Apfelsorten langsam aber sicher verlorengehe: "Die meisten Leute kennen doch kaum mehr den Unterschied zwischen einen Frühjahrs- und einen Winterapfel. Die bringen ihre Äpfel zum mosten und wundern sich, wenn der Saft von einem Boskop Ende August sauer schmeckt. Der Winterapfel braucht nun mal bis Ende Oktober bis er ausgereift ist und gut schmeckt." Die Expertin kann den gängigen Sorten, die ganzjährig in den Supermärkten angeboten werden, nichts abgewinnen. Sie greift natürlich lieber zur Marke Eigenbau.

Pomologe mit Obstbaum-Paradies

Ein wahres Obstbaum-Paradies hat Michael Altmann auf seinem großen Grundstück bei Schwarzenbach geschaffen. Der 76-Jährige ist seit Jahren als Mitglied der Gesellschaft für Pomologie und Obstsortenerhaltung Bayern (GPO) weit über die Oberpfalz hinaus als Experte der Obstsortenbestimmung gefragt. Bei großen Obstausstellungen, unter anderem im Freilandmuseum Neusath-Perschen, zeigte er bereits seine aus mehreren Ländern zusammengetragenen Sorten. Dies sei wichtig, nachdem alte, ursprüngliche Sorten immer seltener werden. Sein Ziel: Diese historischen Sorten wieder in den Fokus rücken, da diese nicht so hochgezüchtet seien und somit mehr Menschen vertragen würden.

In seinem riesigen Garten wimmelt es nur so von Bäumen und Sträuchern. Neben Kirsch-, Zwetschgen- und Birnbäumen sind unzählige Apfelbäume zu bewundern, die insgesamt etwa 500 verschiedene Sorten tragen. Altmann kennt sie alle: "Siebenschläfer", "Gustav's Dauerapfel", "Geheimrat Dr. Oldenburg", "Früher Victoria", "'Salzburger Rosmarin" oder "Kleiner Herrenapfel". Während sich heuer manche Bäume unter der Last von vielen, großen, rotbackigen Früchten biegen, haben andere nur wenige, winzige "Bamberln" an ihren Zweigen. Insgesamt bezeichnet der Schwarzenbacher die diesjährige Ernte als "nicht sehr gut". War das Wetter in der Blütezeit der Bäume schön, könne man noch auf gute Erträge hoffen. Altmann präsentiert ein wunderschönes Exemplar: Der "Rote Ziegler" könne sich heuer sehen lassen. Gleich daneben entdeckt er einen Boskop in jämmerlichem Zustand. Meist sind hungrige Wespen die Übeltäter: "Sie stechen den Apfel an, es kommen Bakterien rein, und die Frucht fault."

"Man lernt an der Frucht", erklärt der erfahrene Pomologe, dessen Frau das viele Obst hauptsächlich einweckt oder zu Mus verarbeitet. "Gottseidank sind nicht alle Veredelungsversuche erfolgreich", meint der Senior mit einem Augenzwinkern. Fehlschläge und Misserfolge sind natürlichen Feinden wie der Wühlmaus geschuldet. Altmann setzt trotzdem immer und vehement auf die Natur: "Gespritzt wird bei mir nicht." Stattdessen hat er im Zentrum seiner kleinen Obstbaumplantage ein Ziegelhäuschen gebaut, in dem sich allerhand Insekten tummeln. Die Nützlinge nehmen fleißig den Kampf auf gegen die Widersacher der Obstbäume wie den Apfelwickler. Ganz ausrotten lasse sich die Obstmade jedoch leider nicht. Auch wenn Altmann nicht mehr regelmäßige Kurse gibt, bleibt er ein wichtiger Ansprechpartner für Hobbygärtner in Sachen Obstbaumschnitt und Veredelung.

Albert Nickl: unterdurchschnittliche Ernte

Die Bilanz von Albert Nickl, Vorsitzender des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege Neustadt/WN: "Die Apfelernte fällt heuer sehr unterschiedlich aus. Manche habe wirklich gute Erträge, andere haben gar nichts." Er spricht von einem "insgesamt schlechten Obstjahr". "Das Frühjahr war zu feucht und zu kalt. Es flogen weniger Bienen, und es gab vermehrt Pilzkrankheiten. Deswegen wird es eher eine unterdurchschnittliche Ernte", meint der Stellvertretende Landrat. Grundsätzlich habe das Wetter heuer wohl mehr dem Wald genutzt als dem Obst.

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Steinach bei Leuchtenberg04.10.2020
Josef, Maria und Monika Bernhard (von links) freuen sich über eine ergiebige Aroniabeeren-Ernte auf einem Feld bei Steinach.
Der Familienbetrieb Bernhard in Steinach hat sich vor drei Jahren eine Erntemaschine für Aroniabeeren zugelegt. Damit sind die Sträucher auf dem 1,2 Hektar großen Feld zügig abgezupft.
Die Apfelernte 2021 wird keine Rekorde brechen. Pomologe Michael Altmann aus Schwarzenbach ist aber mit der Qualität einiger historischer Sorten sehr zufrieden.
Ein wahres Obstbaum-Paradies hat sich der 76-jährige Michael Altmann auf seinem Grundstück bei Schwarzenbach geschaffen.
Faul und wurmstichig - so sehen heuer viele Äpfel aus.
Michael Altmann ist ein Experte, wenn es um Äpfel geht.
Die Apfelernte 2021 fällt im Landkreis Neustadt/WN im besten Fall durchschnittlich aus.
Auch im Obstlehrpfad Tännesberg lässt die Qualität der Äpfel heuer zu wünschen übrig. Das erklärt Biodiversitäts-Projektleiter Johannes Weinberger auf Anfrage von Oberpfalz-Medien.
Hintergrund:

Apfelernte 2021 in Deutschland

  • Äpfel bleiben das mit Abstand am meisten geerntete Baumobst in Deutschland.
  • Die Baumobsterzeuger erwarten im Jahr 2021 eine Apfelernte von rund 937.000 Tonnen und eine Pflaumen-/Zwetschenernte von 34.000 Tonnen.
  • Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) nach einer Schätzung vom Juli 2021 mitteilt, fällt die Apfelernte gegenüber dem Vorjahr um knapp 87.000 Tonnen und damit 8,5 Prozent niedriger aus. Gegenüber dem zehnjährigen Durchschnitt werden in diesem Jahr voraussichtlich 24 000 Tonnen und damit etwa 2 Prozent weniger Äpfel geerntet.
  • Apfelbäume werden bundesweit auf einer Fläche von knapp 34 000 Hektar angebaut. Die wichtigsten Anbaugebiete liegen in Baden-Württemberg (Bodenseeregion), Niedersachsen (Altes Land) und in Sachsen. Dort werden voraussichtlich mehr als zwei Drittel (72 Prozent) aller Äpfel geerntet.
 
 

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