Lintach bei Freudenberg
19.06.2023 - 11:17 Uhr

Wie eine Zeitkapsel: Gruft in der Lintacher Kirche erstmals wieder geöffnet

Man wusste von ihr nur vom Hörensagen, jetzt aber durften sie Interessierte bestaunen: In Lintach wurde die Familiengruft der Adeligen Lochner von Hüttenbach geöffnet. Jahrhundertealte Geschichte ist plötzlich sichtbar.

Dort, wo normalerweise die Stufen zum Altarraum beginnen, tut sich jetzt die Erde auf. Die Grabplatte am Kirchenboden ist entfernt, ein schmaler Gang führt über ein paar Treppen nach unten. "Lange Zeit war hier schon niemand mehr drin", sagt Kirchenpfleger Franz Weiß. "Wir wussten, dass es die Gruft gibt, aber geöffnet hat sie noch keiner gesehen."

Mit einer LED-Lampe der Feuerwehr leuchtet der Kirchenpfleger den etwa fünf auf drei Meter großen Raum aus. Die Kammer ist mit Ziegeln ausgemauert, ein Rundgewölbe bildet die Decke. Wände und Boden sind sauber. "Als ob jemand frisch gekehrt hätte", meint der Kirchenpfleger. Der Ort war viele, viele Jahre unberührt.

Noch Nischen frei

An der Stirnseite und an der rechten Wand gibt es etwa 16 Nischen für die Leichname der Verstorbenen, 12 sind zugemauert, verputzt und teilweise beschriftet. "Hir ruet die hochwohgepone, Freillen Susanna von Lochner, gestorpen den 5. Septemper 1801, ihres Alters 76 Jahr", heißt es an einem dieser Gräber. Auch wenn noch Nischen frei sind: Bestattet wird hier niemand mehr, erklärt Kirchenpfleger Weiß.

Die Familie Lochner von Hüttenbach war fast 300 Jahre lang Patronatsfamilie der Pfarrkirche und Herrscher am Lintacher Adelssitz. Von dieser Zeit zeugen die beiden noch gut erhaltenen Schlösser in Lintach. Das Adelsgeschlecht der Lochner stammt aus Franken, zu den Besitzungen seiner verschiedenen Linien gehörte neben Lintach auch das Hammerherrenschloss in Theuern. Die Gruft des Lintacher Zweigs der Familie wird demnächst wieder verschlossen, damit die Innenrenovierung des 1735 errichteten Gotteshauses weitergehen kann.

Renovierung kostet eine Million Euro

Seit Februar 2023 ist die Kirche eine Baustelle. Die Raumschale soll gereinigt und restauriert werden, erklärt Kirchenpfleger Weiß. Außerdem sollen die Voraussetzungen für ein besseres Raumklima geschaffen werden, damit die Innenausstattung künftig besser vor Verschmutzung und Verfall geschützt ist. Das Laiengestühl und die Orgel wurden bereits ausgebaut, die Seitenaltäre sind abmontiert.

Die Lintacher Kirche zeichnet sich besonders durch ihre Stuckarbeiten aus der Rokoko-Zeit aus. Der Wessobrunner Stuckateur Anton Landes hat sich dabei mit einem filigran komponierten Pflanzenwerk aus Blütengirlanden, Gittermotiven, Rautenmuster mit Goldröschen, Putten und Engelsköpfen auf Wolken verewigt. Die Kosten für die Renovierung schätzt Weiß auf etwa eine Million Euro. Die Diözese übernimmt etwa die Hälfte. Die Gemeinde Freudenberg und das Landesamt für Denkmalpflege haben jeweils einen Zuschuss von fünf Prozent der Kosten (also 50.000 Euro) zugesagt. Den Rest – ungefähr 400.000 Euro – muss die Pfarrei Lintach selbst aufbringen. Die Gottesdienste finden übergangsweise im Pfarrheim statt.

Hintergrund:

Innenrenovierung der Lintacher Kirche

  • Pfarrkirche Lintach, gebaut ab 1735, geweiht der heiligen Walburga. Turm noch von der Vorgängerkirche um 1500.
  • Beginn der Renovierungsarbeiten im Februar 2023.
  • Ziele sind die Reinigung und Restaurierung der Raumschale sowie die Verbesserung des Raumklimas.
  • Die Kosten belaufen sich auf etwa eine Million Euro. Die Hälfte davon übernimmt die Diözese Regensburg.
  • Spenden sind auf das Konto der Kirchenverwaltung möglich. Betreff: Kirchenrenovierung Lintach, Iban: DE73 7525 0000 0021 2851 50.
 
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