Die Last mit den Rädern in Marktredwitz

Marktredwitz
01.06.2023 - 10:52 Uhr
OnetzPlus

Was vor einem Jahr in Marktredwitz als Vorzeige-Projekt begann, hat mittlerweile einen etwas faden Beigeschmack. Die Lastenräder, die jeder in der Stadt nutzen kann, werden häufig zweckentfremdet – und beschädigt.

Von rücksichtslosem Gebrauch zeugt dieses Lastenrad an der Station bei der Post in Marktredwitz. Die Bevölkerung wird gebeten, ein Auge auf die Fahrräder und ihre Nutzer zu haben.

Von Michael Meier

Wie heißt es so treffend? "Keine Sache kann so gut sein, dass es nicht auch Menschen gibt, die das Ganze ins Schlechte umdrehen." Und genau das kann man aktuell beim Lastenrad-Konzept der Stadt Marktredwitz beobachten.

Exakt vor einem Jahr hat es begonnen, das viel gelobte Lastenrad-Modellprojekt des Freistaates, bei dem die Große Kreisstadt als einer von sieben Standorten ausgewählt wurde. Die Idee war ebenso einfach wie genial: An fünf Ladestationen können die Bürger die elektrischen Räder via App jederzeit ausleihen und nach der Nutzung wieder abgeben. Eine Stunde schlägt dabei mit einem Euro zu Buche, und das Ganze basiert rein auf der Vernunft und dem Verantwortungsbewusstsein der Nutzer, mit den teuren Rädern ordentlich umzugehen. Es gibt nämlich keine direkte Kontrolle, in welchem Zustand die Räder wieder in die Station gestellt werden.

Nur noch zwei Räder in Betrieb

Leider war wohl genau das der Fehler im System: Ein Jahr ist nun vergangen, und von zehn Allzweck-Rädern, die die Bürger per App an den fünf Standorten in der Stadt mieten können, sind nur noch zwei in Betrieb. Die anderen acht mussten vorübergehend aus dem Verkehr gezogen werden, weil sie mehr oder weniger mutwillig beschädigt und unsachgemäß behandelt wurden.

Den Großteil der Schäden kann man dabei einem groben Umgang von Einzelnen zuschreiben, die die E-Bikes als persönliche Bespaßungsgegenstände missbrauchen. Gerade junge Männer stechen hier heraus. Spricht man mit Bürgern, dann hört man immer das Gleiche: "Ich habe drei Rabauken mit einem Rad durch die Fußgängerzone rasen sehen", "Am Skaterpark sind sie damit sogar durch den Parcours gefahren", und so mancher Passant konnte gerade noch auf die Seite springen, um nicht von ihnen angefahren zu werden.

"Dass die Räder von so vielen Menschen aller sozialen Schichten und Altersgruppen für so verschiedene Zwecke genutzt werden und es sich bei ihnen als selbstverständliche Alternative zum Auto einprägt, ist ein großes Ziel des Projektes", lobt Klimaschutzmanager Christopher Thieser. Dass das Rad aber nur 100 Kilogramm Zuladung zusätzlich zum Fahrer tragen kann, erst ab 18 Jahren ausgeliehen werden darf, und eine Nutzung zum Personentransport eigentlich nur eingeschränkt möglich ist, das scheinen die Rowdys dabei entweder nicht zu wissen oder geflissentlich zu ignorieren.

Eltern sind gefragt

Noch fataler ist die Tatsache, dass die Leihbedingungen eindeutig besagen: "Die Nutzung des Lastenrades erfolgt auf eigenes Risiko des Nutzers. Für von ihm verursachte Schäden haftet der Nutzer. Haftpflichtschäden hat der Nutzer eigenverantwortlich abzusichern." Das bedeutet: Kommt ein Passant oder der Fahrer durch den Missbrauch des Rades zu Schaden und es besteht keine private Haftpflichtversicherungsdeckung, bleibt der Nutzer auf dem Schaden sitzen. Auch die Kosten für die Allgemeinheit steigen durch den eigentlich unnötig intensiv gewordenen Instandhaltungsbedarf. Und: Der große Nutzen für alle bleibt auf der Strecke. Hier sind auch die Eltern gefragt, die des Öfteren auch mal überprüfen sollten, ob ihr minderjähriges Kind sich illegal ein Rad ausleiht.

Dass das Lastenrad-Konzept auch sehr gute Seiten hat, steht außer Frage. Klimaschutzmanager Thieser hat hierzu einmal Bilanz gezogen, und die spricht für sich: "Wir hatten im Jahr 2022 insgesamt 270 Neuanmeldungen, es gab 1257 Ausleihen, die Räder waren insgesamt 3469,81 Stunden verliehen. Damit wurden etwa 9713,6 Kilometer gefahren, und es wurden rund 1233,63 Kilogramm CO2 eingespart."

Im Zeitraum von März bis April gab es 29 Neuanmeldungen und 250 Ausleihen. Die Räder waren insgesamt 523,38 Stunden entliehen, es wurden etwa 1994,45 Kilometer gefahren und rund 253,30 Kilo CO2 eingespart. "Es gibt sehr viele Bürger, die die Bikes zu schätzen wissen. Sie werden zum Einkaufen, zum Transport der Kinder auf den eingebauten Sitzen oder einfach für Ausflüge genutzt, und das gibt mir Hoffnung für das Projekt."

Appell an die Bevölkerung

Ohne Frage beschäftigt es ihn aber auch sehr, dass die eigentlich gute Sache durch eine kleine Minderheit so sehr in Verruf gerät. "Hier wird sich künftig die Polizei stärker einbinden und wenn nötig Strafen für vorsätzlichen Missbrauch aussprechen. Da ein Teil der Nutzer einen Migrationshintergrund hat, sind sie sich wahrscheinlich der Konsequenzen oder der Nutzungsbedingen nicht voll bewusst. Daher wird nun im Austausch mit dem Sozialpädagogen Walied Youssef vom örtlichen Integrationsbüro diese Information unter die Leute gebracht. Die Nutzer müssen verstehen, in welche Gefahr sie sich und andere bringen, wenn sie rüpelhaft und rücksichtslos im Straßenverkehr auftreten. Und sie dazu noch mögliche Folgekosten selbst tragen müssen", mahnt der Klimaschutzmanager.

Weiterhin bekämen die Räder künftig große Wimpel mit Zahlen, damit sie zum einen im Verkehr besser zu sehen und zu hören sind und zum anderen auch jeder erkennen kann, um welches Rad es sich gerade handelt. Das ermöglicht eine gewisse Nachverfolgung von auffälligem Nutzerverhalten, mit dem Effekt einer Selbstdisziplinierung der Fahrer. Die Stadt Marktredwitz appelliert hier auch an die Bevölkerung, auf die Fahrräder aufzupassen und entsprechende Wahrnehmungen bei der Stadtverwaltung unter der E-Mail (Lastenrad[at]Marktredwitz[dot]de) oder bei der Polizei zu melden.

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Marktredwitz01.06.2023
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