21.11.2019 - 15:12 Uhr

Massel Tov: "Nimm die Fidel, spiel dei Liedel"

Schabbat-Abend in der alten Synagoge. Wo einst gläubige Juden gebetet haben, kommen die Besucher heute, um die Gruppe „Massel Tov“ zu hören mit jiddischem Klezmer und Gipsyklängen des Balkans.

Ein besonderes Klangerlebnis bot die Gruppe Massel Tov in der alten Synagoge (von links): Harald Starken, Tatjana Mischenko, Zarko Mrdjanov, Steffen Müller und Florian Ewald. Bild: hka
Ein besonderes Klangerlebnis bot die Gruppe Massel Tov in der alten Synagoge (von links): Harald Starken, Tatjana Mischenko, Zarko Mrdjanov, Steffen Müller und Florian Ewald.

Sie sind zu fünft, kommen aus drei Nationen und musizieren seit Jahren zusammen. Senior ist der gebürtige Serbe Zarko Mrdjanov. Er spielt Gitarre und verbindet die einzelnen Lieder und Stücke mit netten kleinen Geschichten. An seiner Seite Florian Ewald mit seiner Bassklarinette und dem Altsaxofon, der Bassist Steffen Müller und der Schlagzeuger Harald Starken. Tatjana Mischenko, Gründungsmitglied von Massel Tov im Jahr 1994, ist Flötistin und Sängerin und die akustische und optische Augenweide der Formation.

Hauptberuflich arbeiten sie als Musiklehrer und treten einzeln oder zusammen auch in anderen Formationen auf. "Etwa zehnmal im Jahr als Massel Tov , erzählt Ewald, "davon sind auch Tonträger entstanden".

Ihre Musik ist die der Juden in aller Welt: Lieder und Tänze aus Israel und Osteuropa, das jiddische Liedgut der Ashkenasim, spanische Stücke der sephardischen Juden, eine bunte Mischung voll Gefühl, Temperament, Feuer und Melancholie. Mit ihrer Vielfalt gehen sie über die traditionellen Spielweisen reiner Klezmer-Bands hinaus, bringen phantasievolle Arrangements bis hin zum Jazz und begeistern mit ihrer Virtuosität das Publikum in der Synagoge.

Star des Quintetts ist Tatjana Mischenko. Mit ihrer Querflöte bringt sie virtuos Gefühl und Leidenschaft zum Ausdruck, singt, stampft und springt mit vollem Körpereinsatz, ganz "Turbo aus Russland", wie Zarko Mrdjanov sie bezeichnet. Florian Ewald begeistert mit spritzigen Klarinetten- und Saxofonläufen, mit Eigenkompositionen und musikalischem Dialog mit Tatjanas Querflöte. Alle, auch der Bassist und der Schlagzeuger sind Meister ihrer Instrumente und alle können singen.

"Klezmer fröhlach" in Jiddisch ist im Repertoire und andere Stücke, "nach Jahren aus Dachböden geholt", erklärt der Moderator. Er spricht von der Musik der Sinti und Roma, nennt "Mama Mama" ein "Zigeunerstück", gefunden in Russland. Die Geschichte vom Geschmack und der Farbe der Liebe erzählt Mrdjanov in jiddischer Sprache, "die hat mehr Saft", sagt er. "Schön wie Mondschein" heißt das Lied, das sanft beginnt und rasant endet, "Der Abend kommt" wird vom Saxofon stimmungsvoll begleitet, "Nimm die Fidel, spiel dei Liedel" - viele der Musikstücke und Lieder erzählen von vergangenem jüdischen Leben in verschiedenen Ländern der Welt.

So auch der fulminante Schluss, in dem die Musik das Schicksal des jüdischen Volkes zum Ausdruck bringt. Klagend beschreibt die Klarinette das Leid, im Duett mit der Flöte aber auch den Lebenswillen, die Kraft und die Freude, dieser Menschen. Da liegt die Auswahl der Zugabe nahe: "Those were the days my friend", das zeitlose russische Volkslied, lässt die Musiker und Tatjana Mischenko nochmal zur Hochform auflaufen.

Das Publikum klatscht und jubelt: "Russian Dreams" in der alten Synagoge. Für ihren Weg ist der Gruppe "massel tov" zu wünschen - viel Glück!

 
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