Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Rededuell mit dem amerikanischen Vizepräsidenten Mike Pence bei der Sicherheitskonferenz in München klar gewonnen. Ihre Ansprache wird den Sicherheitspolitikern noch lange in Erinnerung bleiben. Ihre Argumentation überzeugt, weil sie schlüssig ist, und wird doch verhallen.
Die Welt verändert sich schneller als vielen lieb ist. In dieser neuen Welt werden Argumente immer weniger gehört, geschweige denn, dass sie zählen. China verfolgt eine von seinen ökonomischen Interessen getriebene knallharte Machtpolitik. Russland strebt danach seine Stellung als Großmacht wiederherzustellen. Beide nutzen jedes Mittel, um Europa zu spalten. Damit ließe sich zurechtkommen. Doch im Weißen Haus sitzt mit Donald Trump ein selbsternannter "Deal-Maker", der seinerseits die Brüche in Europa vergrößert, um daraus Vorteile zu ziehen. Dazu dienen auch irrationale Angriffe auf die deutsche Industrie.
Merkel hat zwar die besseren Argumente auf ihrer Seite, aber ihr fehlt der machtpolitische Rückhalt. Ihr Koalitionspartner, die Sozialdemokraten, stellt merklich den verteidigungspolitischen Kurs infrage, auf den sich Union und SPD erst vor einem Jahr geeinigt hatten. Dabei war es ein SPD-Verteidigungsminister, der schon vor knapp 20 Jahren dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato zugestimmt hatte. In Europa ist der Zusammenhalt zunehmend gefährdet, seit Rechtspopulisten in immer mehr Regierungen einziehen. Vor diesem Hintergrund ist es fahrlässig, dass der französische Präsident Emmanuel Macron nicht mit Merkel gemeinsam die Sicherheitskonferenz eröffnet hat.
Das transatlantische Verhältnis ist in seiner tiefsten Krise seit Jahren. Pence hat dies in München selbst deutlich gemacht, als er forderte die Welt zu sehen, wie sie ist und nicht, wie wir sie uns wünschen. In anderen Worten: Fügt euch. Es ist zweifelhaft, ob der Allianz tatsächlich die Zeit bleibt abzuwarten, bis sich das Versprechen des ehemaligen demokratischen US-Vizepräsidenten Joe Biden erfüllt, wonach auch die Amtszeit Trumps vorbeigehen werde.
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