Ein Bauantrag in der Stadtratssitzung am Montagabend ließ zunächst kein Diskussionspotenzial vermuten: Dabei ging es um die Überdachung von Ladebrücken im Anschluss an das Zentrallager auf dem Gelände der Schott AG. Heribert Hegen (Wählergemeinschaft Zukunft Stadt Mitterteich) brachte allerdings eine längere Debatte ins Rollen, als er kritisierte, dass dieses Bauwerk schon seit Jahren stehe und nun erst der Bauantrag vorgelegt worden sei.
Hegen beklagte, dass auf den Planunterlagen für die Stadträte das Datum 6. Mai 2014 offenbar mit Tipp-Ex ausgebessert und daneben der 21. Januar 2021 vermerkt worden sei. Er habe deshalb Erkundigungen eingeholt und erfahren, dass der Antrag wegen eines Todesfalls in der zuständigen Abteilung jahrelang liegen geblieben sei.
„Das ist auch tragisch, was da passiert ist,“ bekannte Hegen zum Hintergrund. „Aber ich kann doch nicht einen Bauantrag für etwas stellen, das schon seit Jahren vorhanden ist“, so Hegen. „Für meine Begriffe ist das ein Schwarzbau.“ Aus seiner Sicht sei nicht nachvollziehbar, dass es bei Schott nur einen Verantwortlichen für das Projekt gegeben haben soll.
"Ich kann doch nicht einen Bauantrag für etwas stellen, das schon seit Jahren vorhanden ist."
Man müsse natürlich froh sein, dass man Schott in der Stadt habe, so Hegen. "Ich werde diesem Bauantrag aber nicht zustimmen." Denn er wolle nicht das falsche Signal aussenden, dass man noch Jahre nach einem Bau einfach etwas genehmigen lassen kann. Und andere Bauherren, die sich nicht an Vorgaben gehalten haben und belangt wurden, könnten sich dadurch benachteiligt fühlen. So habe ein Hauseigentümer in Mitterteich vor Jahren graue Dachziegel wieder vom fast gedeckten Dach abreißen müssen, weil in dem Gebiet nur die Farbe Rot zulässig gewesen sei.
Keine Steine in Weg legen
Bürgermeister Stefan Grillmeier berichtete, dass sich Schott bei ihm gemeldet und den Sachverhalt erklärt habe. „Der Antrag ist wohl wirklich untergegangen.“ So etwas sollte nicht mehr vorkommen und da müsse künftig besser aufgepasst werden. Aber man dürfe jetzt nicht übertrieben reagieren. „Einem Unternehmen, das zurzeit Höchstleistung bringt, sollte man keine Steine in den Weg legen“, meinte Grillmeier und erinnerte an die Glasproduktion für Impfstoffröhrchen. Man könne stolz sein auf eine Firma, die so viele Leute beschäftige und für den Erhalt der Kaufkraft sorge.
"Nicht nur eine Baustelle"
Gerhard Greim (SPD), der im Schott-Betriebsrat tätig ist, bestätigte, dass der Antrag nach dem Tod des verantwortlichen Mitarbeiters liegen geblieben sei. „Es ist ja nicht so, dass Schott nur eine Baustelle hat“, betonte Greim. Es werde ständig etwas gebaut. Damals habe in der Abteilung wegen des Todesfalls enorme Hektik geherrscht. Greim machte auch deutlich, dass es sich bei dem Bauwerk lediglich um eine schlichte Überdachung handele. „Was anderes wäre es, wenn wir den Antrag für ein Produktionsgebäude vergessen würden.“
Stefan Grillmeier wandte sich nochmals an Heribert Hegen und wollte wissen, was dessen Ablehnung des Antrags konkret bedeutet: „Soll die Überdachung deiner Meinung nach zurückgebaut werden?“ Das wäre die logische Konsequenz, mutmaßte Grillmeier. Hegen reagierte erbost und fiel Grillmeier ins Wort: „Ich lasse mir das nicht unterstellen!“ Grillmeier erhöhte daraufhin ebenfalls die Lautstärke und schoss in Richtung Hegen: „Ich rede jetzt aus und bis dahin bist du still!“ Hegen verteidigte sich vehement und betonte, dass er keineswegs den Rückbau fordere, sondern lediglich den Antrag nicht billige.
Firma mit Vorbildfunktion
Wolfgang Karbstein (WG Zukunft) warf ein, dass die Angaben von Schott glaubhaft seien. Allerdings habe das Unternehmen auch eine Vorbildfunktion und er verwies auf einen möglichen Nachahmereffekt. Daher dürfe so etwas nicht mehr passieren. Karbstein machte auch deutlich, dass er aus den Worten von Heribert Hegen keinen Rückbau-Wunsch herausgehört habe. Josef Schwägerl (CSU) war anderer Ansicht: „Das hätte man schon so verstehen können.“ Schließlich habe Hegen das Beispiel mit den falschen Dachziegeln genannt. Wobei es hier damals einen Verstoß gegen den Bebauungsplan gegeben habe – also etwas völlig anderes.
Johann Brandl (SPD) ergänzte, dass Schott sicher nicht versucht habe, etwas zu vertuschen. Denn in den Unterlagen sei auch das ursprüngliche Datum noch unverändert zu lesen. Brandl erinnerte daran, dass Schott über Jahrzehnte hinweg Bauvorhaben stets vorbildlich beantragt und zuverlässig ausgeführt habe. Im aktuellen Fall liege zwar eine Ordnungswidrigkeit vor, aber das rechtfertige nicht eine Diskussion in dieser Heftigkeit. „Es ehrt doch Schott, wenn etwas gleich vorgelegt wird, das im Nachhinein festgestellt wurde.“
Heribert Hegen merkte am Ende noch an, dass man den Unterlagen eine Notiz mit einer Erklärung des Sachverhalts hätte beilegen können – dann hätte jeder sofort gewusst, was dahinter steckt. „Das ist angekommen“, erwiderte Stefan Grillmeier. Angesichts der Aufklärung der Angelegenheit zeigte sich Heribert Hegen bereit, dem Antrag zuzustimmen. Und so wurde die nachträgliche Genehmigung doch noch einhellig gewährt.
Alle Gutachten vorhanden
"Ein Vordach am Logistikzentrum, das Lkws im Trockenen stehen lässt, wenn sie Glasrohr von Schott laden - darum geht es in der ganzen Diskussion", erklärte Ludwig Bundscherer, Manager Communications bei Schott, am Dienstag gegenüber Oberpfalz-Medien. "Der Bau lag in der Verantwortung eines geschätzten Kollegen, der 2014 sehr plötzlich verstorben ist", so Bundscherer. "Die für die praktische Bauumsetzung relevanten Gutachten, zum Beispiel bezüglich der Statik, lagen alle vor. Leider hat damals niemand bemerkt, dass auf der bürokratischen Seite ein bereits ausgefüllter und abgelegter Bauantrag für dieses Vordach nie eingereicht wurde. Das ist ein Versäumnis von Schott und natürlich bedauern wir das", betonte Bundscherer. Bei der Durchsicht alter Unterlagen sei dieser Fehler jetzt entdeckt und umgehend offensiv angegangen worden. Schott habe sich sofort mit der Stadt in Verbindung gesetzt.
"Die für die praktische Bauumsetzung relevanten Gutachten, zum Beispiel bezüglich der Statik, lagen alle vor. Leider hat damals niemand bemerkt, dass auf der bürokratischen Seite ein bereits ausgefüllter und abgelegter Bauantrag für dieses Vordach nie eingereicht wurde. Das ist ein Versäumnis von Schott und natürlich bedauern wir das."
"Eine Täuschungsabsicht zu vermuten ist schon deshalb unrealistisch, weil Schott quasi ständig bauliche Veränderungen vornimmt und entsprechend ständig mit korrekten und fristgerechten Anträgen im Stadtrat bzw. Bauausschuss vorstellig wird. Auch in diesem konkreten, nachträglichen Fall wurde der verspätete Bauantrag einstimmig angenommen."
Abschließend weist Bundscherer darauf hin, dass Schott allein in den vergangenen sechs Jahren 150 Millionen Euro in den Standort Mitterteich investiert und das Personal auf 1300 Mitarbeiter aufgestockt habe.
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