Brauerei Hösl in Zeiten von Corona: Mit neuen Ideen und Zuversicht durch die Krise

Mitterteich
04.02.2021 - 15:00 Uhr
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Gegen die Riesen in der Bier-Branche zu bestehen, ist seit langem eine Herausforderung – und dann kam auch noch Corona. Die Brauerei Hösl in Mitterteich setzt trotz aller Schwierigkeiten auf neue Ideen und zeigt dabei auch noch Herz.

Brauerei-Geschäftsführer Michael Hösl (links) und Jens Tschinkl (Leiter Abfüllung) testen bei einer Zwicklprobe eine kleine Menge der neuen Sorte „Mein Helles“.

Geschlossene Gaststätten, keine Feste und auch keine Privatfeiern: Schwer getroffen haben die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch die Brauerei Hösl. Michael Hösl, Geschäftsführer der Hösl & Co. Brauhaus GmbH, und Vertriebsleiterin Martina Bleistein geben im Gespräch mit Oberpfalz-Medien Einblicke die aktuelle Lage des Unternehmens und kündigen auch einige Neuerungen an.

Durch den ersten Lockdown im Frühjahr 2020 musste die Brauerei einen Umsatzrückgang von rund 35 Prozent verkraften. „Es hat sich dann über den Sommer wieder ganz gut entwickelt“, berichtet Michael Hösl, der den Betrieb in dritter Generation führt. Im Oktober habe man sogar bessere Zahlen verzeichnet als im gleichen Monat 2019. „Wir waren sehr zuversichtlich, dass wir uns bis zum Jahresende wieder fangen“, betont Hösl. Doch mit den neuerlichen Maßnahmen ab November ging es wieder bergab. Am Ende fiel der Gesamtumsatz 2020 um etwa ein Viertel niedriger aus als im Vorjahr. Gebraut wurden rund 40 000 Hektoliter, fast 10 000 weniger als sonst üblich.

Komplettausfall beim Export

Zumindest der Wegfall von großen Festen habe sich weniger stark ausgewirkt als bei anderen Brauereien, denn der Hauptabsatz laufe über Getränkemarkt-Ketten und mehrere Großhändler, informiert der Geschäftsführer. Erhältlich sei Hösl-Bier daher im ganzen nordbayerischen Raum. Einen Beitrag leisten immer wieder zeitlich begrenzte Aktionen eines Discounters – abgenommen wird ein bestimmtes Kontingent, meist Saison- und Spezialbier, das in Filialen in ganz Bayern verteilt wird. „Das tut in der jetzigen Zeit schon gut“, bemerkt Martina Bleistein zu diesem Zusatzgeschäft. Auf Null gesunken ist coronabedingt aber der Export ins Ausland, bedauert Michael Hösl. Lieferungen nach Italien und Polen hätten bisher zwischen 5 bis 10 Prozent vom Umsatz ausgemacht.

Druck durch Konzerne

Nicht nachgelassen habe der Wettbewerbsdruck durch die großen Brauerei-Konzerne. Marktbeherrschend in der Region ist laut Michael Hösl die Kulmbacher-Gruppe. Während des ersten Lockdowns seien Günstig-Angebote der Marktriesen verstärkt aufgefallen, erinnert sich Martina Bleistein.

Deutschland und die Welt01.02.2021

„Aber wir merken, dass die Nachfrage nach regionalen Produkten steigt“, verweist Michael Hösl auf einen Trend, der hoffen lasse. Eine große Rolle spiele übrigens der Direktverkauf. Viele Kunden aus Mitterteich und der Umgebung kämen regelmäßig auf dem Brauerei-Hof vorbei, um sich ihr Bier hier auszusuchen und direkt in den Kofferraum laden zu lassen. Dadurch lerne man die Kunden und ihre Wünsche besser kennen, weiß Michael Hösl und bestätigt auf Nachfrage, dass sich das auch finanziell für die Firma lohne: „Die Spanne ist besser.“

Vorwürfe und Anfeindungen

Was im Betrieb ebenfalls Spuren hinterlassen hat, sind die Ereignisse rund um das Starkbierfest des Burschenvereins im März 2020. Der Ausschank des „Süffikus“ dort war im Vorfeld auf der Facebook-Seite der Brauerei als „Schluckimpfung“ beworben worden. „Wir bedauern das im Nachhinein zutiefst“, versichert Martina Bleistein. Diesen Begriff hätten in der Vergangenheit schon viele andere Firmen oder Vereine genutzt - und zum damaligen Zeitpunkt sei nicht zu ahnen gewesen, welche Dramatik folgen würde. Infolge der Berichterstattung auswärtiger Medien seien „auf allen Kanälen“ Vorwürfe, Anfeindungen und sogar Verwünschungen eingegangen, beklagt Bleistein. Einige hätten die Brauerei auch fälschlicherweise für den Festveranstalter gehalten, ergänzt Michael Hösl. Auswirkungen auf den Absatz habe seiner Ansicht nach aber nicht der Werbespruch, sondern eher die Ausgangssperre im damaligen Hotspot Mitterteich gehabt. Im fränkischen Raum seien Abnehmer abgesprungen und fehlten bis heute.

Kurzarbeit enorm wichtig

Ein enorm wichtiges Instrument in der Krise ist laut Hösl die Kurzarbeit: „Damit können wir unsere Lohnkosten bewältigen.“ Andere Kosten ließen sich aber nicht senken, ohne den Betrieb völlig herunterzufahren. Beim Brauen kleinerer Mengen werde fast die gleiche Energie benötigt wie ohne Reduktion. „Bisher haben wir noch niemanden entlassen müssen“, zeigt sich der Geschäftsführer erleichtert. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 18 Mitarbeiter, darunter einen Auszubildenden. „Wir schauen schon zuversichtlich in die Zukunft. Allerdings wird es nicht einfach werden.“ Völlig offen sei etwa das künftige Verbraucherverhalten, gerade in Bezug auf Gaststätten-Besuche. Der Fassbierabsatz hänge damit direkt zusammen.

„Wir schauen schon zuversichtlich in die Zukunft, aber einfach wird es nicht.“

Geschäftsführer Michael Hösl

Um der Gastronomie im Umkreis unter die Arme zu greifen, startete die Brauerei im November eine kleine Unterstützungsaktion. Sie stellt neun Gaststätten, die Hösl-Bier ausschenken, Flaschen bestimmter Sorten als Gratiszugaben zur Verfügung, die an die Abholer von Essen weitergereicht werden. „Mit dieser kleinen Geste können viele Leute nebenbei unsere Spezialitäten kennenlernen“, erklärt Hösl.

Neuer Markenauftritt

Demnächst wird das Unternehmen auch hiesige Vereine fördern, die besonders unter der Pandemie leiden. Die Aktion unter dem Motto „Hösl hilft“ geht einher mit der Einführung eines neuen Markenauftritts. Mitte Februar präsentiert die Brauerei die neue Sorte „Mein Helles“, basierend auf einer alten Rezeptur aus der Gründungszeit. Auf dem Etikett im neuen, schlichteren Design ist auch ein Porträt von Brauerei-Gründer Michael Hösl zu sehen (Großvater des gleichnamigen heutigen Geschäftsführers). Und unter dem ursprünglichen Namen „Hösl-Bräu“ dominiert das Hösl-Logo, die Lederhose. Natürlich werden auch Kronkorken und Kisten im neuen Design erscheinen. Geplant ist die schrittweise Umstellung des ganzen Biersortiments, das bei dieser Gelegenheit auch etwas gestrafft werden soll.

Zurückbesinnung auf alte Zeiten

Über zwei Jahre hinweg sei der neue Auftritt in Kooperation mit einem Marketingexperten entwickelt worden, berichtet Marina Bleistein und verweist auf viele Videokonferenzen und schlaflose Nächte. „Wir haben uns gefragt: Wer sind wir? Woher kommen wir?“, beschreibt Bleistein die Überlegungen. Betont werden sollte noch stärker die Verwurzelung in der Region. Und man habe sich zurückbesonnen auf die alten Zeiten. Großformatige historische Fotos prägen daher nun die Brauerei-Homepage, die in weiten Teilen schon auf das neue Design umgestellt ist. Dort stehen zudem pfiffige Texte, die den bekannten Spruch „s’Hösl passt“ aufgreifen, der sich sowohl auf die Hose als auch auf das Bier selbst bezieht.

Auf der Internetseite sind auch Details zur Aktion „Hösl hilft“ nachzulesen. Jeden Monat soll ein Teilbetrag aus dem Verkauf der neuen Sorte „Mein Helles“ an einen Verein gehen, so dass ein Wunsch erfüllt werden kann. Zum Auftakt sollen Starter-Kits für die Jugendabteilung des EHC Stiftland finanziert werden. Als nächstes wird der Nachwuchs der Stadtkapelle Mitterteich bedacht. Michael Hösl stellt den hohen Wert der ehrenamtlichen Arbeit heraus und ermuntert weitere Vereine dazu, sich zu bewerben.

Veganer Leim

Mit dem neuen Markenauftritt verstärkt das Unternehmen nicht zuletzt die Anstrengungen im Bereich Nachhaltigkeit. Auf Rohstoffe aus ökologischem Anbau in Bayern setze man schon seit längerem, wie Michael Hösl versichert. Für die neuen Etiketten kommt nun Naturpapier zum Einsatz – und sogar ein veganer Leim. „Wir wollten eigentlich ein veganes Bier auf den Markt bringen“, verrät Martina Bleistein. Denn die Kriterien würden bereits erfüllt. Allerdings wäre dafür eine kostenaufwändige offizielle Zertifizierung notwendig, was keine Option sei – zumindest im Moment.

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Tirschenreuth06.05.2020
Vertriebsleiterin und „Weißbier-Resi“ Martina Bleistein zeigt eine Flasche der neuen Sorte „Mein Helles“, mit deren Einführung der neue Markenauftritt der Brauerei Hösl Premiere feiert. Verbunden ist damit auch der Start der Aktion „Hösl hilft“.
Brauer- und Mälzer-Azubi Vladislav Zakharchenko nimmt im Sudhaus der Brauerei Hösl eine Würzeprobe.
Brauerei-Geschäftsführer Michael Hösl (links) und Jens Tschinkl (Leiter Abfüllung) am Leitstand der modernen Abfüllanlage.
Hintergrund:

Blick in die Geschichte der Brauerei Hösl

Die Geschichte der Brauerei Hösl reicht inzwischen 115 Jahre zurück. Hier ein Auszug aus der Chronik, die auf der Firmen-Homepage zu finden ist:

  • Nach der Übernahme der früheren „Gambrinusbrauerei“ durch Michael und Margarete Hösl, die Großeltern des heutigen Geschäftsführers Michael Hösl, wird ab 1. Februar 1906 Bier gebraut. Die Umbenennung in „Hösl-Bräu“ erfolgt erst 1930, nach einem Streit mit der gleichnamigen Brauerei in Weiden.
  • Ein Großbrand in der Bahnhofstraße zerstört 1954 große Teile des Brauereigebäudes und das Wohnhaus der Familie Hösl.
  • Wegen der starken Expansion der Bierproduktion wird die im Jahr 1910 eröffnete und seither selbst bewirtschaftete Brauereigaststätte 1960 erstmals verpachtet.
  • Zur Sicherung der Brauwasserversorgung wird der Brunnen auf dem Gelände 1965 bis auf eine Tiefe von 100 Metern gebohrt. Noch heute liefert er mehr Wasser als benötigt wird.
  • Im einstigen Bärensaal veranstaltet der Burschenverein „Concordia“ 1979 das 1. Mitterteicher Starkbierfest, das eigens dafür eingebraute Bier erhält den Namen „Süffikus“.
  • Nach dem Fall der innerdeutschen Grenze gehen 1990 erste Bierlieferungen nach Zwickau, in den Jahren bis 1993 werden große Investitionen durchgeführt.
  • Hohe Forderungsausfälle bringen das Unternehmen 1993 in Schieflage und führen in den Konkurs, der Betrieb wird danach in neuer Gesellschaftsform weitergeführt. In den Folgejahren steht die Optimierung der technischen Anlagen an, ein Hauptaugenmerk liegt auf energiesparenden Maßnahmen.
  • 2005 lässt das Unternehmen im Vorgriff auf das Jubiläumsjahr 2006 die Gebäude sanieren. Zwischen 2011 und 2016 wird erneut kräftig investiert, unter anderem wird die Flaschenabfüllung auf den neuesten Stand gebracht.
 
 

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