„Für mich gilt, die Reformationsimpulse werden heute vor allem durch die ökumenische Bewegung ausgelöst und weitergetragen. Dabei verstehe ich nicht nur gemeinsame Gottesdienste und Trauungen, sondern Menschen aus allen Kirchen und Religionen, die sich um gemeinsames Reden und Handeln bei Problemen dieser Welt kümmern. Schlagworte sind Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Ökumene, so kann man sagen, ist der neue Name für Reformation“, sagte Pfarrer Martin Schlenk in seiner Predigt zum Reformationstag am Donnerstagabend in der Christuskirche. Der Kirchen- und Posaunenchor umrahmte den Gottesdienst musikalisch.
Gleich zu Beginn machte Pfarrer Schlenk deutlich: „Am Reformationstag ehren wir Jesus Christus, er ist unsere Hoffnung und Zuversicht.“ Unter den Gottesdienstbesuchern waren auch Zweiter Bürgermeister Stefan Grillmeier (Mitterteich), Bürgermeister Franz Stahl (Tirschenreuth), Bürgermeister Wolfgang Braun (Fuchsmühl) sowie Stadtpfarrer Anton Witt. Zu Beginn seiner Predigt erinnerte der Geistliche an die Reformation vom 31. Oktober 1517, als Martin Luther seine 95 Thesen ans Portal der Schlosskirche von Wittenberg schlug. „Aber erst viel später wurden diese Thesen für den Beginn der Reformation gehalten.“ Luther selbst schien sich damals keinesfalls als Reformer gefühlt zu haben, denn schon ein Jahr zuvor habe er den Ablasshandel gepredigt. Pfarrer Schlenk betonte: „Für uns Christen gibt es nur einen Reformator, Gott in Jesus Christus.“ Für Martin Luther habe Reformation ein Handeln Gottes in die Welt hinein bedeutet. „Nach Martin Luthers Sicht liegt die Reformation nicht hinter uns, sondern sie ist vor uns. Wann sie beginnt - wer weiß? Christen sind Menschen, die von Gott eine neue Zukunft erwarten.“ Freilich, der normale Bundesbürger erwarte keine Veränderungen, viele hofften, dass es so bleibt wie bisher. Veränderungen bedeuteten oft auch Angst, dass es schlechter werden könnte. „Gerade deshalb sollten wir erst recht unsere Zuversicht auf Gottes Handeln und Gottes Zukunft setzen. Durch ihn gewinnen wir mehr als wir verlieren können.“ Pfarrer Schlenk erinnerte an Luther, vielen seiner damaligen Zeitgenossen sei er zu zögerlich gewesen. Luther habe es damals abgelehnt, mit Gewalt bestehende Ungerechtigkeiten zu verändern, und sich gegen die aufständigen Bauern von damals ausgesprochen. Gleichwohl zeigt sich Pfarrer Schlenk sicher, „dass wir nicht ewig auf der Reformation sitzen bleiben können. Reformation ist ein Werk Gottes, ein Geschehen, das bis heute noch nicht abgeschlossen ist“. Der Geistliche sah in den Gläubigen beider Konfessionen Menschen, die die Ökumene täglich leben. „Diese Menschen praktizieren Gemeinschaft, während sich die Theologen streiten. Die einfachen Menschen sind es, die ökumenische Gesinnung und Zusammenarbeit von unten her erzwingen, gegen die Routine der Kirchenleitungen. Im Wissen um die kirchliche Tradition sich seiner eigenen Kirche erinnern und mit Hilfe der Gläubigen beider Konfessionen und Religionen Möglichkeiten der Gemeinschaft zu suchen und zu finden. Dass dies geschieht, ist ein Zeichen der Hoffnung, an deren Ende mehr Himmel und eine neue Erde stehen soll, in denen Gerechtigkeit wohnt.“
Beim anschließenden Stehempfang im Gemeindehaus nannte es Bürgermeister Roland Grillmeier einen guten Brauch, dass das zentrale Reformationsfest immer an einem anderen Ort der drei Stiftlandgemeinden stattfindet. Er bedauerte, dass das Reformationsfest kein Feiertag ist, „ich bin der Meinung, das Reformationsfest sollte ein Feiertag sein“. Der Bürgermeister nannte es gut, „dass wir alle zusammenkommen. Wichtig ist doch das Miteinander, das ist heute leider nicht mehr selbstverständlich“ und bedauerte, dass der Ungeist immer mehr Einzug halte. „Wir müssen wieder mehr Verständnis füreinander wecken. Der Glaube hat doch mit dazu beigetragen, dass vor 30 Jahren die Mauer fiel, als damals Christen auf die Straße gingen.“ Zum Abschluss kamen noch ein paar nachdenkliche Worte des scheidenden Bürgermeisters. „Ich habe in meiner Amtszeit drei evangelische Pfarrer erlebt. Es war immer ein schönes Miteinander. Wenn ich auch künftig eingeladen werde, in welcher Position auch immer, werde ich kommen“, kündigte Grillmeier abschließend an.
Ausführlich meldete sich Stadtpfarrer Anton Witt zu Wort, der die Grüße der katholischen Seite auch namens des verhinderten Regionaldekans Georg Flierl und Dekans Thomas Vogl überbrachte. Auf die Ökumene eingehend, sagte Pfarrer Witt: „Nicht oberflächliche Gleichheit kann das Ziel sein, sondern Partnerschaft ist da, wo man sich auf Augenhöhe begegnet und mit eigenen Glaubenserfahrungen bereichert.“ Gerade an Allerheiligen gehe es nicht um die bekannten Heiligen, sondern um die Aber-Millionen unbekannter Heiliger, in deren Leben Gott Großartiges gewirkt hat. „Es geht an Allerheiligen weniger um die Taten der Menschen, vielmehr um das Wirken Gottes in der Welt und bei den Menschen.“ Als größte Gefahr für den Frieden der Welt im 21. Jahrhundert nannte der Stadtpfarrer den Populismus. „Das kann der rechte Populismus sein, dass man da den Leuten nach dem Mund redet. Es kann aber auch der grüne Populismus sein, der mit der Wissenschaft gar nicht mehr übereinstimmt und die Leute nur aufhetzt und vielen Menschen Angst einjagt. Nicht nur den Bauern, auch den sozial Schwachen, den Arbeitern, allen, die ein Auto brauchen. Im Sinne Gottes ist es sicher nicht, wenn man angeblich das Klima rettet, aber gleichzeitig viele Menschen kaputt macht.“ Im Anschluss gab es lockere Gespräche, dem sich auch die zahlreich vertretenen Bürgermeister stellten.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.